Nach dem Insolvenzantrag der bekannten Schuhhandelskette Reno muss nun auch die frühere Muttergesellschaft nachziehen. Beide Unternehmen hatten noch Verbindungen untereinander - und zuletzt weniger Umsatz.
Zwei Wochen nach dem Insolvenzantrag des Osnabrücker Schuhhändlers Reno ist auch dessen frühere Muttergesellschaft, die HR Group, zahlungsunfähig. Das Unternehmen habe beim Amtsgericht Osnabrück für neun deutsche Gesellschaften den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt, teilte ein Firmensprecher am Mittwoch mit. Bei sieben Tochterunternehmen sei es bereits eröffnet worden.
Laut dem Gericht wurde der Münchner Rechtsanwalt Christian Gerloff zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Zuvor hatte die «Wirtschaftswoche» darüber berichtet. Die HR Group hat auch einen Logistik-Standort im rheinland-pfälzischen Thaleischweiler-Fröschen.
Die Löhne und Gehälter der rund 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dem Unternehmen zufolge bis Ende Juni 2023 gesichert. Nicht direkt betroffen von den Insolvenzanträgen seien die Auslandsgesellschaften der Gruppe in Polen, Tschechien, der Slowakei, Rumänien und Ungarn.
Die HR Group hatte Reno mit dem gesamten Filialgeschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum 1. Oktober des vergangenen Jahres an einen Investor verkauft. Für das Systemgeschäft und den Logistik-Standort im rheinland-pfälzischen Thaleischweiler-Fröschen wurde ebenfalls ein Interessent gesucht.
Diese Suche kam nach Unternehmensangaben jedoch überraschend zum Erliegen. Das hänge auch mit dem Insolvenzantrag von Reno Ende März zusammen, weil die HR Group weiterhin umfangreiche IT- und Logistik-Dienstleistungen für Reno erbringe.
Außerdem werde die HR Group durch die Folgen der Corona-Pandemie sowie der Energiekrise, Preissteigerungen und Forderungsrückstände belastet. «Die anhaltende Kaufzurückhaltung der Verbraucher sowie die entsprechend geringere Nachfrage der Handelskunden wirkten sich unmittelbar negativ auf Umsatz und Liquidität aus», hieß es.
Beinahe der gesamte Schuhhandel sei derzeit in einer Krise, sagte Gerloff in einer ersten Stellungnahme. «Gleichwohl handelt es sich bei dem Systemgeschäft und der Logistik um bewährte Geschäftsmodelle, bei denen die HR Group über eine im Markt anerkannte und bewährte Kompetenz verfügt.» Er wolle den laufenden Betrieb stabilisieren und alle Optionen für eine tragfähige Zukunftslösung ausloten.
Große Teile des Schuhhandels stecken infolge der Corona-Pandemie und der durch den Ukraine-Krieg mitausgelösten Inflation in der Krise. Mehr als jedes zehnte Schuhgeschäft schloss nach Angaben des Handelsverbandes Textil Schuhe Lederwaren (BTE) im vergangenen Jahr. Insgesamt verringerte sich die Zahl der Schuhgeschäfte nach Berechnungen des Verbands binnen Jahresfrist um 1500 oder 13 Prozent auf rund 10 000. (dpa, Reuters)