Unternehmen

VW-Chef verteidigt Sparkurs - 'Buh'-Rufe bei Betriebsversammlung

Auf der VW-Betriebsversammlung machten Mitarbeiter ihrem Unmut Luft. Konzernchef Blume verteidigte den Sparkurs - und wurde dafür ausgebuht. Arbeitsminister Hubertus Heil und Betriebsratschefin Daniela Cavallo bekamen dagegen Applaus.
04.12.2024 17:20
Aktualisiert: 04.12.2024 17:20
Lesezeit: 3 min
VW-Chef verteidigt Sparkurs - 'Buh'-Rufe bei Betriebsversammlung
VW-Mitarbeiter versammeln sich zu einer konzernweiten Besprechung am Hauptsitz des Unternehmens in Wolfsburg. (Foto: dpa) Foto: RONNY HARTMANN

Applaus für Arbeitsminister Heil und die Betriebsratschefin Cavallo, "Buh"-Rufe für Konzernchef Blume: Auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg machten mehr als 20.000 ihrem Unmut über den Sparkurs bei Volkswagen Luft. Während Oliver Blume die geplanten Einschnitte verteidigte, forderte Daniela Cavallo den Vorstand auf, von seinen Maximalforderungen abzurücken. Sonst könne es keinen Kompromiss geben.

Arbeitsminister Hubertus Heil, der auf Einladung Cavallos als Gastredner sprach, äußerte klare Erwartungen, wie es in dem Streit um Lohnkürzungen, Werkschließungen und Entlassungen weitergehen sollte: „Es muss gemeinsam gelingen, die VW -Standorte in Deutschland zu sichern“, sagte der aus der Region stammende SPD-Politiker laut Teilnehmern. Und: „Es darf keine betriebsbedingten Kündigungen geben“, so Heil. „Das ist ganz klar.“ Heil hat seinen Wahlkreis direkt neben Wolfsburg, dem Hauptsitz von VW.

Europas größter Autobauer fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns zehn Prozent Lohnkürzung. Zudem stehen Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Die Beschäftigungssicherung wurde aufgekündigt. IG Metall und Betriebsrat fordern ein Zukunftskonzept für alle Standorte - ohne Werkschließungen und Massenentlassungen.

Blume verteidigt Sparkurs

Blume verteidigt bei dem nicht öffentlichen Belegschaftstreffen den harten Sparkurs: „Die aktuelle Situation ist ernst“, sagte er laut Mitteilung. „Deshalb braucht es dringend Maßnahmen, um die Zukunft von Volkswagen abzusichern.“ Die Produkte der Marke seien gut, doch die Kosten zu hoch. Das müsse sich ändern. „Wir können die besten Autos der Welt bauen“, so Blume. „Das spielt aber keine Rolle, wenn wir damit kein Geld verdienen.“

Von den Beschäftigten war Blume bereits beim Betreten der überfüllten Werkshalle ausgebuht worden, berichten Teilnehmer. Auch während seiner Rede wurde er immer wieder von lautem Unmut der Mitarbeiter unterbrochen. In Sprechchören skandierten die Mitarbeiter immer wieder: „Streikbereit! Bundesweit!"



"Wir erwarten Antworten!"

Auf Transparenten gingen die Mitarbeiter das Management direkt an. „Wann spart der Vorstand?“, war auf einem zu lesen. „Alle Werke müssen bleiben!“ wurde auf einem Flugblatt gefordert, das direkt unter dem Namen des Konzernchefs am Podium angebracht war.

In großen Lettern machten die Mitarbeiter im Saal klar, was sie sich vom Auftritt des Konzernchefs erhofften: „Wir erwarten Antworten!“ Doch wirklich Neues zu den Plänen des Konzerns habe man dann nicht erfahren, berichteten Teilnehmer. Am Ende sei Blume regelrecht niedergebuht worden, berichteten Teilnehmer.

Cavallo fordert Kompromiss ein

Cavallo dagegen forderte den Konzernchef zu Zugeständnissen auf. „Ohne, dass sich beide Seiten aufeinander zubewegen, wird es kein Verhandlungsergebnis geben“, sagte sie laut Redemanuskript. Die IG Metall sei mit ihren eigenen Sparvorschlägen einen Schritt auf das Unternehmen zugegangen. Jetzt erwarte sie dies auch vom Unternehmen. „Sonst ist es ja kein Kompromiss.“

Zugleich betonte Cavallo: Werksschließungen, Massenentlassungen und Einschnitte ins monatliche Entgelt kämen für die Arbeitnehmerseite weiterhin nicht infrage. Die IG Metall hatte angeboten, eine mögliche Lohnerhöhung vorerst nicht auszuzahlen, sondern in einen Zukunftsfonds einzubringen. Im Gegenzug sollte VW auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichten.

VW weist IG-Metall-Vorschlag zurück

VW hatte das als unzureichend zurückgewiesen. Blume sprach nun zumindest von einem "Startpunkt", der aber bei Weitem nicht ausreiche. „Deshalb müssen wir weiter verhandeln und gemeinsam an messbaren und vor allem nachhaltigen Lösungen arbeiten.“

Fast 100.000 nahmen an Warnstreik teil

Erst am Montag hatten Zehntausende vor dem Vorstandshochhaus gegen die harten Sparpläne des Konzerns protestiert, 47.000 traten allein in Wolfsburg für zwei Stunden in den Warnstreik. An allen neun betroffenen Standorten zusammen waren es laut Gewerkschaft sogar fast 100.000.



Am kommenden Montag treffen beide Seiten zur vierten Verhandlungsrunde zusammen. Cavallo erwartet dann eine Weichenstellung: „Entweder raufen wir uns zusammen und fangen an, ernsthaft Kompromisse in Angriff zu nehmen. Und zwar auf beiden Seiten,“ sagte sie. „Oder aber der Vorstand beharrt auf seinem Standpunkt, und es eskaliert.“

Ihr Ziel sei weiter eine Einigung bis Weihnachten. Doch die Zeit werde knapp. „Es ist am Vorstand, wie es hier weitergeht vor Weihnachten“, sagte sie in Richtung des Konzernchefs. „Der Ball liegt in Ihrer Hälfte!“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...

DWN
Politik
Politik Härtefallfonds für bedürftige Ostrentner schliesst: 425 Millionen Euro ungenutzt
20.12.2025

Aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner aus der ehemaligen DDR und Osteuropa fließen zu Jahresende mehrere Hundert Millionen Euro...

DWN
Panorama
Panorama Grüne Stadt der Zukunft: Wie realistisch CO2-neutrale Metropolen bis 2040 sind
20.12.2025

Städte sollen Europas Klima-Rettungsanker werden – doch zwischen Vision und Wirklichkeit klafft eine Lücke. EU-Ziele, Modellstädte und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chefin der Wirtschaftsvereinigung Stahl warnt: Die Deindustrialisierung ist real
20.12.2025

Kerstin Maria Rippel ist Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Im DWN-Interview sagt sie, dass Berlin nach dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenkapitalbildung: Immobilienkauf laut IfW-Studie für Millennials schwerer
20.12.2025

Eigenkapitalbildung wird für viele Kaufwillige zur größten Hürde: Eine neue Studie vergleicht, wie stark sich die Anforderungen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-CO2-Zoll wird ausgeweitet: Kommt die nächste Stufe für Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte?
20.12.2025

Der EU-CO2-Zoll steht vor der nächsten Ausbaustufe: Brüssel will ihn auf Haushaltsgeräte und weitere Industrieprodukte ausdehnen. Ab...

DWN
Politik
Politik Neues Ranking: Wer jetzt über Europas Zukunft entscheidet
20.12.2025

Donald Trumps Aufstieg an die Spitze des aktuellen Politico-Rankings zeigt, wie stark externe Kräfte Europas Politik inzwischen bestimmen....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Rallye mehrerer Technologieunternehmen treibt US-Aktien an
19.12.2025

Die US-Aktien unterbrachen ihre jüngste Verlustserie und stiegen am Freitag, da Anzeichen einer abkühlenden Inflation und nachlassende...