Finanzen

Trotz Bankenkrise: Fed setzt Straffung unerbittlich fort

Die Fed hat ihre Bilanz seit dem Höhepunkt der Bankenrettung wieder deutlich abgebaut. Sie setzt ihre geldpolitische Straffung trotz Bankenkrise unerbittlich fort.
Autor
29.04.2023 16:17
Aktualisiert: 29.04.2023 16:17
Lesezeit: 4 min
Trotz Bankenkrise: Fed setzt Straffung unerbittlich fort
Die Fed setzt die geldpolitische Straffung trotz Bankenkrise unerbittlich fort. (Foto: dpa) Foto: Liu Jie

Anfang März hatte die Federal Reserve ihre Bilanz innerhalb von nur einer Woche um 297 Milliarden Dollar erhöht. Denn in den USA waren zwei Banken kollabiert, und die US-Notenbank sah sich daher zum Eingreifen gezwungen. Damit machte sie vier Monate Bilanzabbau umgehend wieder rückgängig. Einige Analysten sahen darin bereits eine Abkehr der Fed vom Kurs der geldpolitischen Straffung, den sie seit Anfang 2022 unerbittlich führt.

Doch wir zogen damals ein anderes Fazit:

Die starke Ausweitung der Fed-Bilanz in der Woche bis Mittwoch ist auf die aktuelle Krise im US-Bankenmarkt zurückzuführen und voraussichtlich nur kurzfristiger Natur. Zugleich scheint die Fed die Straffung ihrer Geldpolitik weiter voranzutreiben. Investoren, die infolge der Bankenkrise ein Ende der straffen Geldpolitik erwarten (beziehungsweise erhoffen), könnten von der kommenden Entwicklung enttäuscht werden.

Sechs Wochen später hat sich dies nun offenbar bestätigt. Die Bilanz der Federal Reserve ist nun fünf Wochen in Folge um insgesamt 171 Milliarden Dollar zurückgegangen und liegt wieder bei 8,56 Billionen Dollar. Die Fed hat ihre quantitative Straffung (QT) im normalen Tempo fortgesetzt. Zugleich hat sie die Liquiditätsunterstützung für die Banken verlagert und abgebaut.

Bankenkrise erleichtert die Arbeit der Fed

Das neue Prinzip der Trennung von quantitativer Straffung und Liquiditätshilfe für Banken wurde von Fed-Chef Jerome Powell auf seiner letzten Pressekonferenz am 22. März dargelegt. Demnach kann die Zentralbank die quantitative Straffung im Hintergrund weiterlaufen lassen, während sie zugleich vorübergehend als Kreditgeber der letzten Instanz für eine Bank einspringt.

Trotz der Turbulenzen im Finanzsektor hatte die Fed am 22. März ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöht, er liegt nun in einer Spanne von 4,75 bis 5 Prozent. Es war bereits die neunte Zinsanhebung in Folge. Mit dem Schritt setzte die Fed ihren Kampf gegen die Inflation fort, nahm aber von einer aggressiveren Zinspolitik Abstand, um die Märkte wegen der Unruhe im Bankensektor nicht zu sehr zu verunsichern.

US-Notenbankchef Jerome Powell machte deutlich, dass die Fed die Zinsen falls nötig weiter anheben werde. Gleichzeitig erwarte man, dass die jüngsten Bankenausfälle die Nachfrage ausbremsen könnten und so einen ähnlichen Effekt wie Zinserhöhungen haben könnten. "Das bedeutet im Prinzip, dass die Geldpolitik weniger Arbeit zu erledigen hat", sagte Powell. Hoffnungen von Anlegern auf baldige Zinssenkungen erfüllte die Fed nicht.

Bilanzabbau im Einzelnen

Die Fed hat den Abbau ihrer hypothekenbesicherten Wertpapiere (Mortgage-backed securities, MBS) in den letzten Wochen weiter fortgesetzt. Seit ihrem Höchststand im letzten Jahr um 164 Milliarden Dollar auf nunmehr 2,58 Billionen Dollar abgebaut. Die Fed hält nur staatlich besicherte "Agency MBS", bei denen der Steuerzahler das Kreditrisiko trägt, nicht die Fed, wie Wolf Richter von Wolfstreet.com erklärt.

Hypothekenbesicherte Wertpapiere werden in erster Linie durch die Kapitalzahlungen aus der Bilanz herausgenommen, die die Inhaber erhalten, wenn die Hypotheken abbezahlt werden, zum Beispiel beim Verkauf von Häusern oder bei der Refinanzierung von Hypotheken, und wenn regelmäßige Hypothekenzahlungen geleistet werden. Allerdings sind Hausverkäufe und Refinanzierungen eingebrochen, sodass derzeit weniger Hypotheken abbezahlt werden.

Staatsanleihen werden aus der Bilanz entfernt, wenn sie fällig werden und die Fed den Nennwert ausbezahlt bekommt. Die Fälligkeitstermine fallen entweder auf die Monatsmitte oder auf das Monatsende. Die letzte Woche lag dazwischen, sodass keine Änderungen auftraten. Allerdings würde Abbau in den vergangenen Wochen unvermindert fortgesetzt, und in der nächsten Woche werden wieder über 40 Milliarden Dollar aus der Bilanz verschwinden.

Liquiditätshilfen für die Banken. Die Kredite der Fed an die Brückenbanken des US-Einlagensicherungsfonds FDIC sind in der vergangenen Woche leicht um 2 Milliarden Dollar auf 170 Milliarden Dollar zurückgegangen. Die FDIC-Brückenbanken sind weiterhin das größte Liquiditätshilfeprogramm der Fed für Banken. Diese Institute übernahmen die zusammengebrochenen Silicon Valley Bank und Signature Bank.

Die FDIC hat Vereinbarungen getroffen, um einen großen Teil der Vermögenswerte der zusammengebrochenen Banken zu verkaufen und die Einlagen auf andere Banken zu übertragen. Sie versteigert jetzt stückchenweise die MBS und die Staatsanleihen, welche die Brückenbanken noch besitzen. Wenn diese Geschäfte abgeschlossen sind, fließen die Mittel zurück an die Fed. Am Ende sollte der Saldo auf Null zurückgehen.

Die Fed bietet ausländischen Zentralbanken seit Jahren Rückkaufvereinbarungen (Repos) an, mit denen diese gegen Sicherheiten Zugang zu kurzfristiger Dollar-Liquidität erhalten. Die Repos sind letzte Woche von 20 Milliarden Dollar auf 0 zurückgegangen. Sie sind jetzt ausbezahlt. Hinter dem plötzlichen Anstieg im März steckte wahrscheinlich die Schweizerische Nationalbank, die Liquidität für die Übernahme der Credit Suisse durch UBS benötigte.

Nur wenn die Banken während eines Bank-Runs auf die Einlagen dringend Liquidität benötigen, aber ihre Vermögenswerte nicht schnell genug verkaufen können, ohne dabei eine Menge Geld zu verlieren, nehmen sie das sogenannte Diskontfenster ("Primary Credit") der Fed in Anspruch. Denn die Fed berechnet den Banken dafür 5 Prozent Zinsen.

Außerdem müssen die Banken Sicherheiten stellen, die zum "fairen Marktwert" bewertet werden. Das sind Strafkonditionen für Banken, die sich normalerweise für viel weniger Geld von Einlegern leihen können, ohne Sicherheiten stellen zu müssen. Jedenfalls stieg der "Primary Credit" letzte Woche leicht um 4 Milliarden Dollar auf 74 Milliarden Dollar. Das ist weniger als die Hälfte des Höchststandes während der akuten Bankenkrise im März von 153 Milliarden Dollar.

Das Bank Term Funding Program (BTFP), das am 13. März eingeführt wurde, ermöglicht den Banken die Aufnahme von Krediten mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr zu einem festen Zinssatz, der an den einjährigen Overnight-Index-Swapsatz plus 10 Basispunkte gekoppelt ist. Die Banken müssen Sicherheiten stellen, die jedoch "zum Nennwert" bewertet werden.

Für die Banken sind die BTFP-Bedingungen immer noch teuer, wenn auch weniger teuer als das Diskontfenster. Daher haben die Banken das Programm in den letzten Wochen immer stärker genutzt, während sie vom Diskontfenster weniger Gebrauch machten. Auch letzte Woche stieg die Nutzung des BTFP um 7 Milliarden Dollar auf 81 Milliarden Dollar.

Die erneuten Turbulenzen machen First Republic weiterhin zu schaffen. Die Bank hat erklärt, dass es sich in hohem Maße auf die Liquiditätsprogramme der Fed stützt, um den massiven Abfluss nicht versicherter Einlagen zu decken. Wolf Richter spricht daher diese Woche von einer Zombie-Bank. First Republic ist ein wesentlicher Teil der Kredite am Kiskontfenster und mit dem Bank Term Funding Program sehen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Wadephul in Kiew: Waffenhilfe für die Ukraine geht weiter
30.06.2025

Die Ukraine steht unter schwerem Beschuss – und Deutschland will helfen. Außenminister Wadephul reist nach Kiew und bekräftigt die...

DWN
Politik
Politik Kann Trump den Fed-Chef feuern? Das gefährliche Machtspiel beginnt
30.06.2025

Donald Trump legt sich erneut mit US-Notenbankchef Jerome Powell an. Doch darf der Präsident den Chef der mächtigsten Zentralbank der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliardäre wetten gegen Amerika – Kommt die große Europa-Rally?
30.06.2025

US-Aktien galten lange als die Könige der Rendite. Doch jetzt wittern Großanleger bessere Chancen in Europa. Ein gefährlicher Trend für...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darum müssen Unternehmen jetzt mit ESG starten: „In Zukunft wird es die Lizenz zum Wirtschaften sein“
30.06.2025

Nachhaltigkeit wird zum Muss: Bald dürfen nur noch Firmen mit starker ESG-Strategie am Markt bestehen. Eine Expertin erklärt, was jetzt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Babyboomer verlassen die Bühne: Jetzt kommt das große Chaos am Arbeitsmarkt
29.06.2025

Die Babyboomer verabschieden sich in Scharen – und mit ihnen verschwinden Loyalität, Erfahrung und Arbeitsdisziplin. Zurück bleibt ein...

DWN
Panorama
Panorama Ersatzpflege: Was sich für pflegende Angehörige ab dem 1. Juli ändert
29.06.2025

Pflegende Angehörige stemmen den Großteil der häuslichen Pflege in Deutschland – oft bis zur Erschöpfung. Doch was passiert, wenn sie...

DWN
Immobilien
Immobilien Heizkosten: Vergleich der Kosten für verschiedene Heizungslösungen - Tipps
29.06.2025

Heizöl, Pellets, Gasheizung oder Wärmepumpe: Wer 2025 neu heizt, muss weiterhin hohe Kosten einpreisen. Doch welche Heizungslösung ist...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Elon Musks X wird zur Bank: Der Angriff auf das Finanzsystem
29.06.2025

Elon Musks Plattform X will mehr sein als ein soziales Netzwerk. Mit eigenen Finanzdiensten und digitaler Geldbörse kündigt sich eine...