Immobilien

Aggressive Zinserhöhung: Schwedens Immobilienkrise verschärft sich

Schwedens Immobilienkrise ist auf vier Hauptfaktoren zurückzuführen. Immobilienfirmen weltweit haben niedrige Zinsen und steigenden Preise genutzt, um sich zu verschulden. Doch schwedische Firmen haben noch etwas Auffälliges getan, was zur jetzigen Krise beiträgt.  
30.05.2023 21:11
Aktualisiert: 30.05.2023 21:11
Lesezeit: 2 min
Aggressive Zinserhöhung: Schwedens Immobilienkrise verschärft sich
Prognosen zufolge wird Schweden in diesem Jahr eine der am schlechtesten abschneidenden Volkswirtschaften in Europa sein. (Foto: dpa)

Der schwedische Immobilienvermieter Samhallsbyggnadsbolaget i Norden AB (SBB) könnte ein Opfer Schwedens schuldengeplagten Immobiliensektors werden. SBB teilte zum Start der Woche mit, dass es Optionen, wie den Verkauf der gesamten Gruppe oder Teilen davon, aber nicht eine Aktienausgabe erwäge, um den Konzern aufrechtzuerhalten.

Prognosen zufolge wird Schweden in diesem Jahr eine der am schlechtesten abschneidenden Volkswirtschaften in Europa sein. Nach Angaben der Financial Times ist dies auf sinkende Immobilienpreise und hohe Verschuldung (von privaten Haushalten sowie Unternehmen) zurückzuführen.

Immobilienkonzerne weltweit nutzten schon jahrelang niedrige Zinsen und steigende Preise, um sich zu verschulden, doch schwedischen Firmen fallen durch die Aufnahme kurzfristiger Kredite auf. Viele dieser Immobilien-Vermieter müssen diese Schulden jetzt - wo Zinssätze in die Höhe schießen - refinanzieren. Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins seit Mai letzten Jahres von null auf 3,5 Prozent angehoben. Wirtschaftsexperten erwarten, dass es noch weitere Erhöhungen geben könnte.

Auch sind Hauspreise in Schweden aktuell im Sinkflug nachdem sie in den letzten zehn Jahren stetig gestiegen sind, gestützt durch extrem niedrige Zinssätze - wie auch in vielen anderen Teilen der Welt.

SBB: Fokus auf mietkontrollierte Sozialwohnungen

SBB sagte es erwäge eine Auflösung nach dem Einbruch der Aktien der Firma und zunehmender Besorgnis über die Höhe der derzeitigen Verschuldung. „Der Verwaltungsrat ist der Ansicht, dass der innere Wert des Unternehmens deutlich höher ist als der aktuelle Marktwert der SBB“, so die Firma. Der Rat hätte sich entschieden, dass es im besten Interesse der Aktionäre sei, die Prüfung strategischer Optionen auszuweiten. JPMorgan und der schwedischen Kreditgeber SEB seien als Berater engagiert worden.

Die Firma wurde im Jahr 2016 von Ilija Batljan, einem in Montenegro geborenen ehemaligen sozialdemokratischen Politiker, gegründet und expandierte sich schnell durch den Kauf mietkontrollierten Sozialwohnungen in Schweden und in anderen nordischen Ländern. Der Financial Times zufolge umfasst das Portfolio 2.000 Immobilien und wurde am Ende des ersten Quartals 2023 mit 12 Milliarden US-Dollar bewertet. SBB ist jedoch mit acht Milliarden US-Dollar verschuldet. Davon muss 15 Prozent im nächsten Jahr refinanziert werden und eine weitere 22 Prozent wird im darauffolgenden Jahr fällig.

Der Immobilien-Vermieter hat über die Monate verschiedene Schritte unternommen um aktuelle Probleme einzudämmen, einschließlich die Einstellung der Dividendenausschüttung und der Verkauf einer Beteiligung an einem Bauunternehmen.

Weltweite Immobilienmisere

Bloomberg berichtete vor Kurzem, dass die Konkurse schwedischer Unternehmen auf den höchsten Stand seit Beginn der Pandemie gestiegen sind, zum Teil weil die schwedische Zentralbank Kreditkosten erhöht hat, um die Inflation einzudämmen.

Nach Angaben des schwedischen Kreditauskunftsbüro UC gingen im September letzten Jahres in der größten nordischen Nation 635 Unternehmen in Konkurs - der höchste Stand seit Mai 2020 - und damit 38 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Weltweit stehen Immobilienmärkte unter starkem Druck. Die Situation in dem US-Immobiliensektor spitzt sich aktuell massiv zu. US-Investmentmanager warnen vor wachsenden Problemen in dem 5,6 Milliarden US-Dollar Gewerbeimmobilien-Sektor nach den jüngsten Zusammenbrüchen regionaler Banken dort. Steigende Zinsen, sinkende Preise und eine schwache Nachfrage nach Büroflächen im Anschluss an die Pandemie machen der Branche dort zu schaffen.

In Deutschland ist das Neugeschäft mit Immobilienkrediten im ersten Quartal gegenüber einem sehr starken Vorjahres-Zeitraum eingebrochen und Nachfragen bleiben auf niedrigem Niveau - das jüngste Zeichen der größeren Krise auf dem Wohnmarkt. Dies, nachdem sich die ernste Situation im Wohnungsbau verschärft und die Zahl der Baugenehmigungen im März so stark einbrach wie seit 16 Jahren nicht mehr. Nur noch 24.500 Wohnungen wurden genehmigt und damit 29,6 Prozent oder 10.300 weniger als ein Jahr zuvor, laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gefahr für Trumps Zollpolitik: Klagen eingereicht – entscheidender Prozess hat begonnen
01.08.2025

Trumps Zollpolitik steht vor dem juristischen Kollaps: Fünf US-Firmen und zwölf Bundesstaaten klagen gegen die Sondervollmacht, auf deren...

DWN
Technologie
Technologie Huawei schockt die Konkurrenz: 3000-Kilometer-Batterie stellt alles Bisherige in den Schatten
01.08.2025

Huawei greift nach der Technologieführung im Batteriezeitalter: Mit 3000 Kilometern Reichweite und fünf Minuten Ladezeit droht der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zollroulette: Die Weltwirtschaft tanzt nach seiner Pfeife
01.08.2025

Donald Trump zündet die nächste Eskalationsstufe im globalen Wirtschaftskrieg – mit Zöllen, Chaos und Drohgebärden. Experten sprechen...

DWN
Politik
Politik Boomer-Soli: Rentensystem soll stabiler werden – und reiche Rentner sollen zahlen
01.08.2025

Reiche Rentner sollen künftig stärker zur Kasse gebeten werden – so die Idee eines "Boomer-Soli". Ein Vorschlag, der das Rentensystem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Industriestimmung hellt sich erneut auf
01.08.2025

Die Industrie der Eurozone sendet erste Hoffnungszeichen – doch es bleibt ein fragiles Bild. Während kleinere Länder überraschen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Urlaub trotz Selbstständigkeit: Wie Unternehmer richtig abschalten können – 7 konkrete Tipps
01.08.2025

Selbstständige genießen ihre Freiheit – doch sie hat ihren Preis. Gerade beim Thema Urlaub zeigt sich: Auszeiten zu nehmen fällt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wirtschaft dümpelt dahin – und Deutschland bremst alle aus
01.08.2025

Die Eurozone wächst kaum, Deutschland steckt in der Rezession, Italien schrumpft – nur Spanien überrascht. Europas Wirtschaft verliert...

DWN
Finanzen
Finanzen Mutares-Aktie stürzt ab: BaFin-Untersuchung besorgt Anleger
01.08.2025

Ein tiefer Kurssturz, kritische Fragen der Finanzaufsicht und Erinnerungen an frühere Skandale: Die Mutares-Aktie steht zum Ende der...