Die Schufa Holding AG (vormals Schufa – „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“) ist ein Datenriese, ohne dem im alltäglichen Geschäftsleben in Deutschland fast gar nichts geht. Das Unternehmen verfügt über 943 Millionen Einzeldaten zu 67,9 Millionen Menschen und zu sechs Millionen Unternehmen. Die Schufa bearbeitet jährlich mehr als 165 Millionen. Anfragen zur Kreditwürdigkeit. Ein Kredit in Deutschland ist also praktisch ohne die Daten der Schufa kaum denkbar.
Schufa-Urteil betrifft Millionen Bürger
Doch ein Fall, den am Ende das Verwaltungsgericht in Wiesbaden zu entscheiden hatte, könnte vieles verändern. Ein Kläger hatte die Schufa verklagt, nachdem ihm ein Kredit verwehrt wurde. Er wollte von der Schufa wissen, auf welcher Grundlage sie seine Kreditwürdigkeit negativ einschätzt.
Die Schufa allerdings teilte ihm nur seinen automatisierten Score-Wert zu seiner Kreditwürdigkeit mit sowie einige allgemeine Informationen zu seiner Berechnung. Am Ende wollte das Verwaltungsgericht in Wiesbaden, das über diese Praxis zu entscheiden hatte, nicht allein darüber befinden und legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor, damit dieser klärt, inwieweit die Praxis der Schufa mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Einklang steht.
Der Generalanwalt des Gerichts fand das nicht – denn die DSGVO schreibt in ihrem Artikel 22 vor, dass Entscheidungen, die für Betroffene rechtliche Wirkung entfalten, nicht durch eine die automatisierte Verarbeitung von Daten getroffen werden können – Maschinen sollen, so der Gedanke – nicht über Menschen entscheiden.
Geschäftsmodell der Schufa steht auf der Kippe
In einer Analyse der Anwaltskanzlei WBS, die auf Fragen von IT-, Medien- und Internetrechts spezialisiert ist, kommen ihre Rechtsexperten zu dem Schluss, dass ein Kernstück der Geschäftstätigkeit der Schufa damit auf der Kippe stehen könnte. Zwar könnten letztlich Banken oder beispielsweise Mobilfunkanbieter immer selbst entscheiden, ob sie auf der Grundlage eine negativen Score-Wertes Verträge eingehen; letztlich führe aber ein negativer Score-Wert „jedoch immer“ zu negativen Konsequenzen.
Daher, so die Anwälte der Kanzlei WBS in ihrer Analyse, sei die Situation letztlich dieselbe wie bei einer vollständig automatisierten Entscheidung. Sollte dies das Gericht genauso sehen, so verstieße das bisherige Verfahren der Schufa gegen EU-Recht und müsste folglich grundlegend reformiert werden.
Zumindest würde dies bedeuten, dass jedermann ein entsprechendes Auskunftsrecht gegenüber der Schufa hätte. Gäbe dann die Schufa die Daten nicht in hinreichendem Maße preis, verstieße das gegen die DSGVO und könnte Schadenersatz-Forderungen nach sich ziehen, so die rechtliche Einschätzung einer anderen Kanzlei. Dies liefe dann letztlich auf eine deutliche Stärkung der Rechte des Einzelnen hinaus, der dann von der Schufa nicht nur deutlich mehr und präzisere Informationen verlangen könnte, sondern diese auch rechenschaftspflichtig wäre.
Doch sieht die Sprecherin der Schufa, Tanja Panhans, den Spruch des EuGH mit Gelassenheit entgegen. Im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) weist sie darauf hin, dass das automatische Scoring der Schufa, erst dann laut DSGVO zu einem Problem werde, wenn diese „maßgeblich“ für die Entscheidung eines Kreditgebers war. Panhans erklärt, dass der Generalanwalt nicht das Scoring der Schufa selbst, sondern die mögliche Verwendung durch Banken oder andere Kreditgeber beanstandet hatte.
Dabei gehe es dem Generalanwalt, so Panhans, um die Frage, ob der Kreditgeber die Scores der Schufa „in maßgeblicher Weise“ seiner Entscheidung über die Gewährung eines Kredites zugrunde lege. Der Standpunkt der Schufa sei es, dass die Schufa selbst keine Entscheidung über die Gewährung eines Kredits treffe, sie lediglich die angeschlossenen Unternehmen mit ihren Auskünften bei der Entscheidung unterstütze.
Mit einer Entscheidung des EuGH in dieser Frage wird noch in diesem Sommer oder kurz nach der Sommerpause gerechnet. Jedoch ist dann davon auszugehen, dass die Anpassung des deutschen Rechts, die dann nach dem Spruch der Luxemburger Richter möglicherweise erforderlich werden, noch einige Zeit in Anspruch nehmen würde.
Wie der Datenriese Schufa entstand
Die Schufa ist die größte Auskunftei in Deutschland und ob der Datenmenge und ihrer Tradition das mit Abstand bekannteste Unternehmen seiner Art. Gegründet wurde die Schufa im Jahre 1927 in Berlin. Die Berliner Städtische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft verkaufte damals neben dem Hauptprodukt Strom auch auf Raten finanzierte Haushaltsgeräte. Die Ratenzahlungen wurden damals zusammen mit der Stromrechnung beglichen, und nur regelmäßig zahlende Kunden wurden mit Elektrogeräten versorgt.
So entstand ein System zur Beurteilung des Zahlungsverhaltens. Aufgrund der so gesammelten Erfahrungen gründeten leitende BEWAG-Mitarbeiter im Jahr 1927 die Schutzgemeinschaft für Absatzfinanzierung in Berlin. In der Folge entstanden 13 weitere regionale Schufa-Gesellschaften in ganz Deutschland. 1952 wurde die Bundes-Schufa e. V. von den 13 nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland wiedererstandenen Regionalgesellschaften gegründet.
Die Schufa mit ihren mehr als 900 Mitarbeitern ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Wiesbaden. Sie befindet sich im Besitz von Genossenschaftsbanken (14,1 Prozent), Sparkassen (27,8 Prozent), Kreditbanken 29,8 (Prozent) sowie Handelsunternehmen.