Immobilien

Schwedens Immobilienkrise: Hat SBB gegen Vorschriften verstoßen?

Nachdem der schwedische Immobilien-Konzern vor einem Monat den möglichen Verkauf der gesamten Gruppe ankündigte, ermitteln Behörden jetzt wegen angeblichen Unregelmäßigkeiten in der Buchführung. Doch die Firma schlägt zurück.
04.07.2023 10:01
Aktualisiert: 04.07.2023 10:01
Lesezeit: 2 min
Schwedens Immobilienkrise: Hat SBB gegen Vorschriften verstoßen?
 Stockholm aus der Luft betrachtet. (Foto: iStock.com/ RudyBalasko) Foto: RudyBalasko

Nachdem das schwedische Immobilienunternehmen Samhallsbyggnadsbolaget i Norden AB (SBB) vor einem Monat mitteilte, dass es in Not geraten ist, untersuchen schwedische Finanzaufsichtsbehörde jetzt, ob die Firma im Jahresbericht 2021 gegen die Rechnungslegungsvorschriften verstoßen hat. Reuters zufolge sagte die schwedische Finanzaufsichtsbehörde letzte Woche, sie untersuche angebliche Unregelmäßigkeiten bei der SBB.

Die Firma teilte jedoch mit, dass sie sich an den Rat für die schwedische Finanzberichterstattungsaufsicht gewandt und festgestellt hätte, dass die Behandlung ihrer Transaktionen und Bewertungen korrekt sei. SBB fügte hinzu, sie hätte auch die schwedische Finanzaufsichtsbehörde kontaktiert. Laut Reuters sagte ein Sprecher von EY, die den Jahresbericht 2021 der SBB geprüft haben: „Wie gesetzlich vorgeschrieben, können wir uns nicht zu den Unternehmen, die wir prüfen, äußern“.

Nach Angaben der schwedischen Aufsichtsbehörde werden die Immobilien-Bewertungen einiger Portfolios, die Rechnungslegungsmethoden für den Erwerb von Vermögenswerten, die Offenlegung wesentlicher Annahmen und die Verwendung alternativer Rechnungslegungskennzahlen der Firma untersucht. Dies soll klären, ob die Finanzaufsichtsbehörde Maßnahmen gegen SBB ergreifen sollte oder nicht.

Schwedens angeschlagener Immobiliensektor

SBB hat seit November 2021 fast 94 Prozent ihres Börsenwerts verloren. Dies geschah vor dem Hintergrund einer sich schnell entwickelnden Immobilienkrise in Schweden: Immobilien-Konzerne, darunter auch die SBB, haben mit hohen Schulden, steigenden Zinsen und einer sich abschwächenden Konjunktur zu kämpfen.

Prognosen zufolge wird Schweden in diesem Jahr eine der am schlechtesten abschneidenden Volkswirtschaften in Europa sein. Nach Angaben der Financial Times ist dies, unter anderem, auf sinkende Immobilienpreise und eine hohe Verschuldung von privaten Haushalten sowie Unternehmen zurückzuführen.

Immobilienunternehmen weltweit nutzten schon jahrelang niedrige Zinsen und steigende Preise, um sich zu verschulden, doch schwedischen Firmen fallen durch die Aufnahme kurzfristiger Kredite auf. Viele dieser Immobilien-Vermieter müssen diese Schulden jetzt, wo Zinssätze in die Höhe schießen, refinanzieren. Die schwedische Zentralbank hat ihren Leitzins seit Mai letzten Jahres von null auf 3,5 Prozent angehoben. Wirtschaftsexperten erwarten, dass es noch weitere Erhöhungen geben könnte.

Ende des billigen Geldes führt zur massiver Belastung

SBB wurde im Jahr 2016 von Ilija Batljan, einem in Montenegro geborenen ehemaligen sozialdemokratischen Politiker, gegründet. Sie expandierte schnell durch den Kauf mietkontrollierter Sozialwohnungen in Schweden und in anderen nordischen Ländern. Der Financial Times zufolge umfasst das Portfolio 2.000 Immobilien und wurde am Ende des ersten Quartals 2023 mit 12 Milliarden US-Dollar bewertet. SBB ist jedoch mit acht Milliarden US-Dollar verschuldet. Davon muss 15 Prozent im nächsten Jahr refinanziert werden und eine weitere 22 Prozent wird im darauffolgenden Jahr fällig.

Die Firma hat über die Monate verschiedene Schritte unternommen, um aktuelle Probleme einzudämmen, einschließlich der Einstellung der Dividendenausschüttung und der Verkauf einer Beteiligung an einem Bauunternehmen. Doch der Schuldenberg des Konzerns hat sich nach dem Ende der Ära des billigen Geldes zur massiven Belastung entwickelt. Der Vermieter wurde bereits auf Ramschniveau herabgestuft, was ihn veranlasste, eine geplante Bezugsrechtsemission aufzugeben, und der Markt rechnet damit, dass weitere folgen werden.

Auch in anderen Teilen der Welt stehen Immobilienmärkte weiter unter Druck: Laut einer Knight Frank-Umfrage unter leitenden Führungskräften, die in 350 Unternehmen weltweit für Immobilien zuständig sind, planen ungefähr die Hälfte der großen multinationalen Firmen in den nächsten drei Jahren ihre Büroflächen abzubauen. Dies sei ein wachsender, globaler Trend angesichts den zunehmenden Homeoffice-Arbeitsoptionen, die Firmen nach der Pandemie für ihre Mitarbeiter bereitgestellt haben, so Knight Frank.

Der US-Gewerbeimmobilienmarkt erlebt aktuell einen schmerzhaften Abschwung, der durch höhere Zinsen ausgelöst wurde. Investmentmanager warnten diesen Monat vor wachsenden Problemen in dem 5,6 Milliarden US-Dollar Gewerbeimmobilien-Sektor.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Politik
Politik Trump deutet historischen Kompromiss an: Russland will Ukraine nicht vollständig besetzen
25.04.2025

Moskau signalisiert Rückzugsbereitschaft – wenn der Westen zentrale Forderungen erfüllt.

DWN
Finanzen
Finanzen Sozialleistungen belasten Haushalt: Staatsquote steigt erneut
25.04.2025

Höhere Ausgaben des Staates für Sozialleistungen wie Renten, Pflege- und Bürgergeld haben den Anteil der Staatsausgaben im Verhältnis...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hat Trump mit seiner Einschätzung des deutschen Überschusses recht?
25.04.2025

Trumps Zollpolitik trifft auf deutsche Überschüsse – doch die wahren Ursachen für das Handelsungleichgewicht liegen tiefer.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Crash-Gefahr an den US-Börsen: Fondsmanager warnt vor historischem Einbruch von bis zu 50 Prozent
25.04.2025

Die Unsicherheit an den globalen Finanzmärkten nimmt spürbar zu. Ein renommierter Fondsmanager schlägt nun Alarm: Der US-Aktienmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lyft attackiert Uber: Neuer Mobilitäts-Gigant übernimmt FreeNow und greift Europa an
25.04.2025

Der Mobilitätskampf in Europa geht in eine neue Runde – und diesmal kommt die Herausforderung von der anderen Seite des Atlantiks: Lyft,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der offene Konflikt zwischen Big Tech und der EU eskaliert
24.04.2025

Meta hat den diplomatischen Kurs verlassen und mit scharfen Vorwürfen auf die jüngsten Strafen der EU-Kommission reagiert. Der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lego rüstet auf: Wie der Spielzeugriese mit Industrie 4.0 zum globalen Produktionsvorbild werden will
24.04.2025

Mit KI, Robotik und strategischer Fertigung wird Lego zum heimlichen Vorbild europäischer Industrie – und setzt neue Standards in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Drittes Jahr in Folge kein Wachstum – Habeck senkt Prognose
24.04.2025

Ein drittes Jahr ohne Wachstum, eine düstere Prognose und ein scheidender Minister, der den Stillstand verwaltet: Robert Habeck...