Finanzen

KI-Fonds: Lohnt sich ein Investment?

Lesezeit: 4 min
10.07.2023 10:57  Aktualisiert: 10.07.2023 10:57
Künstliche Intelligenz ist aktuell ein gehyptes Thema an den Börsen. Entsprechende Aktien und Fonds haben hohe Zugewinne erzielt. Macht ein Einstieg Sinn?
KI-Fonds: Lohnt sich ein Investment?
Seit der Lancierung von ChatGPT ist ein regelrechter Hype um das Thema Künstliche Intelligenz entbrannt. (Foto: iStock.com/AndreyPopov)
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KI-Aktien und -Fonds sind derzeit gefragt. Etwa stieg das Fondsvermögen des größten in Deutschland zugelassenen KI-ETFs um rund 75 Prozent seit Jahresanfang. Insgesamt beliefen sich die Zuflüsse auf über 370 Millionen Euro (ISIN: IE00BGV5VN51).

Die Kurse von KI-Wertpapieren sind denn auch seit dem ersten Januar kräftig gestiegen. Etwa rentierten die drei KI-ETFs, die in Deutschland für Privatanleger verfügbar sind, zwischen 30 und 40 Prozent. Der Börsenwert des Tech-Giganten Nvidia hat sich sogar nahezu verdreifacht.

Experten warnen vor Performance-Chasing

Finanzexperten mahnen indes zur Vorsicht. Etwa sieht der Finanzwissenschaftler Olaf Stotz keinen Sinn darin, in gehypte Themen wie KI zu investieren. „Hier kauft der Anleger zu teuer“, erklärt der Professor der Frankfurt School of Finance & Economics gegenüber DWN.

Auch der Honorar-Finanzanlagenberater Kevin Kronauer rät davon ab. „An der Börse wird die Zukunft gehandelt, dementsprechend sind die aktuell hohen Erwartungen an KI sehr wahrscheinlich schon in den Kursen eingepreist“, erklärt er auf DWN-Anfrage. Würden die Erwartungen an KI nicht erfüllt, könne es zu starken Kurseinbrüchen kommen.

Eine Investmentstrategie, die immer auf die aktuell heißen Trends setze, sei in der Vergangenheit „selten erfolgreich“ gewesen, fährt Kronauer fort. Das könne man an den nach Anlagevolumen gewichteten Renditen von verschiedenen Trend-Fonds und -ETFs nachvollziehen.

Kritische Vermögensberater warnen denn auch vor sogenanntem Performance-Chasing – also dem Kaufen von Fonds, die in der Vergangenheit besonders gut gelaufen sind. Solches Verhalten sei renditeschädlich. Langfristig würden sich die Aktienmarktrenditen dem historischen Mittelwert annähern. Nach guten Börsenjahren kämen eher wieder schlechte.

Forscher der italienischen Universität der Schweiz und der Ohio State University berichten denn auch, dass sich Themen-ETFs in den ersten fünf Jahren nach Auflage schlechter entwickelt hätten als der breite Markt. Demnach verloren die Fonds etwa vier Prozent ihres Wertes pro Jahr. Die Studie aus dem Jahr 2021 untersuchte die Performance von 1086 ETFs zwischen 1993 und 2019, wovon 473 Themen-ETFs waren.

Finanzbranche setzt gezielt auf gehypte Aktien

Laut den Autoren baut die Finanzbranche Themen-ETFs gezielt um heiße Aktien, die besonders viel und positive Medienaufmerksamkeit erfahren hätten. „Diese spezialisierten ETFs werden häufig als ‚nächstes großes Ding‘ für Anleger beworben, die von der Wertentwicklung der einzelnen Aktien in der Vergangenheit beeindruckt sind“, erklärte der Mitautor Byungwook Kim laut einer Mitteilung.

Die Wertpapiere seien bei der Lancierung des Fonds aber oft überbewertet. Lege sich der mediale Hype, folge der Absturz. Laut der Studie sind es denn auch fast ausschließlich Privatanleger, die Themen-ETFs im ersten Jahr nach der Auflage kaufen – im Gegensatz zu kapitalisierungsgewichteten ETFs, wo etwa die Hälfte der Anteile von institutionellen Anlegern erworben wird.

Kronauer und Stotz raten daher zu einem global gestreuten und kapitalisierungsgewichteten Aktienportfolio. „Sofern man ein globales Aktien-ETF-Portfolio besitzt, ist man bereits in viele der aktuell in KI-Fonds enthaltenen Unternehmen investiert“, erklärt Kronauer.

Wer dennoch nicht die Finger von KI lassen könne und sich intensiver mit Finanzmärkten beschäftige, sollte laut dem Portfoliomanager Andreas Beck Einzeltitel einem globalen ETF-Portfolio beimischen. Themen-ETFs könnten eine Anregung sein, um Einzelaktien zu finden, erklärt er in einem Interview.

Kevin Kronauer hält eine Core-Satellite-Strategie ebenfalls für gangbar. Anleger sollten besonders auf Diversifikation und auf geringe Kosten achten. Kronauer sieht daher einen KI-ETF gegenüber Einzelaktien oder einem aktiv gemanagten Fonds im Vorteil. „Bei den KI-ETFs sollte man darauf achten, dass der ETF auch wirklich in eine möglichst hohe Anzahl von Unternehmen investiert und nicht wenige große Positionen den Großteil der Gesamtgewichtung ausmachen.“

Welche KI-ETFs gibt es in Deutschland?

In Deutschland sind nach DWN-Recherchen drei physische KI-ETFs zugelassen, die ein Fondsvermögen über 100 Millionen Euro aufweisen. Die ETFs sind Thesaurierer und halten alle Aktien des jeweiligen Index (vollständige physische Replikation).

Die Kosten sind verglichen mit anderen Themen-ETFs eher moderat und liegen zwischen 0,35 und 0,49 Prozent pro Jahr. Enthalten sind vor allem US-Firmen (Gewichtung zwischen 60 und 85 Prozent) und Titel der Technologie-Branche (Gewichtung zwischen 60 und 90 Prozent).

Der größte ETF von xtrackers läuft auf den Index „Nasdaq Yewno Global Artificial Intelligence and Big Data“. Dieser enthält 80 Unternehmen weltweit aus den Bereichen Künstliche Intelligenz, Datenverarbeitung und Datensicherheit und filtert die Unternehmen nach ESG-Kriterien (TER: 0,35 Prozent, 872 Mio. Euro Fondsvermögen, ISIN: IE00BGV5VN51).

Allerdings haben die 10 größten Positionen ein Gewicht von knapp 50 Prozent und darunter sind sehr viele Tech-Giganten. Allein Microsoft, Apple, Meta, Amazon und Nvidia stehen für knapp 30 Prozent. „Das sind Unternehmen, die man auch in globalen Aktien-ETFs wie dem Vanguard FTSE All-World innerhalb der Top-10-Holdings findet“, erklärt Kevin Kronauer. „Durch eine zusätzliche Investition in einen KI-Fonds steigt aktuell meist nur das branchen- und länderspezifische Risiko.“

Daneben gibt es einen ETF von L&G auf den Index „Robo Global Artificial Intelligence Index“. Dieser beinhaltet Firmen, die einen bestimmten Prozentanteil des Umsatzes mit KI erzielen. Insgesamt sind 68 Titel enthalten und die Top 10 haben ein deutlich geringeres Gewicht von knapp 20 Prozent.

Die Top 4 sind ebenfalls Tech-Giganten mit einem Gewicht von insgesamt 8 Prozent (Microsoft, Alphabet, Nvidia und Amazon). Die laufenden Kosten pro Jahr liegen allerdings höher als beim xtrackers-ETF (TER: 0,49 Prozent, 377 Mio. Euro Fondsvermögen, ISIN: IE00BK5BCD43).

Zuletzt führt Wisdom Tree einen ETF auf den Index „Nasdaq CTA Artificial Intelligence“. Dieser beinhaltet eher relativ kleine und unbekannte Unternehmen. Unter den Top 10 ist mit Nvidia bloß ein einziger Tech-Gigant. Enthalten sind KI-Firmen, die von der US-amerikanischen Consumer Technology Association als Enabler, Engager oder Enhancer klassifizert werden (Ermöglicher, Entwickler und Erweiterer).

Dabei orientiert sich der Index an dem AI Intensity Rating der CTA, das den Grad der Engagiertheit eines Unternehmens im Bereich KI misst. Der Index enthält die Top 15 der jeweiligen Kategorie Enabler, Engager und Enhancer. Insgesamt wird die Entwicklung von 62 Aktien abgebildet, wobei die Top 10 ein Gewicht von knapp 30 Prozent haben (TER: 0,40 Prozent, 509 Mio. Euro Fondsvermögen, ISIN: IE00BDVPNG13).

Derweil sollten es KI-Fans laut Kevin Kronauer nicht übertreiben. „Mehr als 1 bis 5 Prozent des Gesamtportfolios sollte das KI-Investment nicht ausmachen“, erklärt der Heppenheimer.

***

Elias Huber arbeitet als freier Journalist in Frankfurt am Main und schreibt vor allem über Konjunktur, Edelmetalle und ETFs sowie die ökonomische Lehre der Österreichischen Schule. 

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

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