Ob Elektroautos, Smartphones und Adapter, LEDs oder Halbleiter; Gallium und Germanium sind zwei unverzichtbare Mineralien für den Bau hochtechnologischer Geräte. Die Volksrepublik China besitzt derzeit rund zwei Drittel dieser Rohstoffe und versteht es, seine Kunden von sich abhängig zu machen. Können die europäischen Kunden sich von Chinas Einfluss befreien oder ist es für eine Lieferkettendiversifizierung schon zu spät?
Die Rache für Ausfuhrbeschränkungen des Westens?
Die Nachricht traf Europa und die USA mit voller Wucht: China will den Export essenzieller Mineralien für den Bau von Raketensystemen, Elektroautos, Solarpanels und weiterer Technologien ab August massiv beschränken. Damit rächt sich China gewissermaßen an den USA und anderen westlichen Handelspartnern, die Exporte in die Volksrepublik ebenfalls eingeschränkt hatten. Hintergründig geht es wohl auch darum, den Westen noch abhängiger von China zu machen, das derzeit einen Weltmarktanteil von über zwei Drittel aller seltener Erden besitzt.
Einerseits ist die Exportbeschränkung Pekings eine klare Antwort auf westliche Beschränkungen, so etwa die der Ausfuhren von Halbleiter-Equipment aus den Niederlanden, insbesondere der riesigen Tech-Firma ASML. Auch Japan und Italien und die USA haben Exportbeschränkungen nach China verhängt, berichtet CNN. So erscheint ein Handelskrieg nicht mehr nur zwischen China und den USA, sondern zwischen dem westlichen Kulturkreis und einem eurasischen Machtblock mit den Zentren Peking-Moskau-Teheran stattzufinden.
Chinas Exporte sinken überraschend stark
Das Reich der Mitte profilierte sich durch seine wirtschaftliche Öffnung unter Mao Zedongs Nachfolger Deng Xiaoping als flexible und beinahe schon liberale Handelsmacht, eine, die das Plussummenspiel perfekt beherrschte. Doch seit der Wirtschaftskrise von 2008 schraubt China zunehmend seine offenen Handelspraktiken zurück und strebt in Richtung Autarkie bei gleichzeitig hoher Dominanz über seine Partner. Dieses Konzept geht aber nur bedingt auf, sodass die Werkbank der Welt im zweiten Quartal dieses Jahres nur ein Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent verzeichnen konnte und jetzt auf der Suche nach ausländischen Investoren ist.
Zwar wird der Einbruch der Exporte von mehr als 12 Prozent in China als Konsequenz einer schwächelnden Weltwirtschaft gewertet. Doch die Beschränkungen von Exporten dürften dem Land, das jahrelang von seinen westlichen Kunden profitiert hat, ebenso zusetzen. Diese Restriktionen sehen jedoch vor, aus Gründen der nationalen Sicherheit jedem chinesischen Händler, der die seltenen Mineralien ausführen möchte, eine spezielle Erlaubnis abzuverlangen.
Westliche Unternehmer werden unruhig
Germanium und Gallium sind unersetzliche Materialien für eine Vielzahl von Technologien, die in Deutschland nachgefragt, gefördert und gefordert werden. Ob effektive Smartphone-Adapter, Bestandteile von Solarpanels oder E-Autos, ohne diese und weitere Mineralien bleibt die Produktion oftmals auf der Strecke. Deutsche Unternehmer erwarten nun berechtigterweise schnelle Lösungen von Brüssel und Berlin, doch weder die unklare Position der Ampel zu China noch Brüssels unbeholfene Suche nach Handelspartnern außerhalb Pekings wecken große Hoffnungen für hiesige Geschäftsvorhaben.
Derweil boomen die Aktien chinesischer Hersteller der seltenen Mineralien, die Yunnan Lincang Xinyuan Germanium Industrial Aktie etwa schaffte einen Sprung von über 40 Prozent seit Juni, Yunnan Chihong Zinc Germanium wuchs im selben Zeitraum um sechs Prozent. Das Problem für westliche Kunden ist nicht die fehlende Möglichkeit, diese wichtigen Stoffe selbst herzustellen. So wurde bis 2016 Gallium auch in Deutschland produziert, da es als Nebenprodukt in der Aluminiumproduktion einfach gefertigt werden kann. Doch durch Dumpingpreise verdrängte China den heimischen Markt und erarbeitete sich eine Monopolstellung. Die Produktion liegt also in Ländern wie Deutschland still und es dürfte außerordentlich schwierig und teuer sein, sie erneut zu starten.
Der Westen auf dem Weg in die Selbstversorgung?
Es gibt allerdings noch europäische Werke, die die Voraussetzung erfüllen, Gallium und Germanium sofort zu produzieren. So bat die EU jüngst den griechischen Konzern Mytilineos Energy & Metal, zu prüfen, ob es Gallium als Nebenprodukt herstellen könnte. Doch Insider halten eine griechische Gallium-Produktion für den europäischen Markt eher für unwahrscheinlich.
Ohnehin sind es nicht nur die seltenen Metalle, die sich zu knapp 70 Prozent in chinesischer Hand befinden und ab August seltener ausgefahren werden: Peking will auch den Export produktionstechnischer Anlagen für Selteneerd-Metalle beschränken. Der größte Abnehmer von Gallium, die Freiberger Compound Materials, wird derzeit von Aufträgen überrollt, und die Geschäftsführung bemüht sich, die Lagerbestände noch vor August aufzufüllen.
Es dürfte schwierig für den Westen werden, sich dem Einfluss Chinas zu entziehen, wenn einzelne Komponenten und Produktionsmaschinen für seltene Erden nicht mehr aus dem Land importiert werden dürfen, das schon jetzt quasi eine Monopolstellung innehält. Unternehmer kämpfen hierzulande weiter mit einer angespannten Lage, erratisch auftretenden Exportbeschränkungen und einem unsteten Wachstum. Eine effektive Lieferkettendiversifizierung wird zwar vorgesehen, doch schafft es die EU nicht, in Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten und anderen potenziellen Lieferanten ihre Interessen einheitlich zu formulieren, um den Eigenbedarf der seltenen Mineralien zu decken. Insofern dürfte der Prozess Europas, sich Chinas Einfluss zu entziehen, weiter erschwert werden.