Unternehmen

Chinas Exportbeschränkungen: Droht die völlige Abhängigkeit?

China rächt sich im Handelskrieg mit den USA, indem es den Export wertvoller Mineralien beschränkt. Können die europäischen Kunden sich von Chinas Einfluss befreien oder ist es für eine Lieferkettendiversifizierung schon zu spät?
17.07.2023 14:58
Aktualisiert: 17.07.2023 14:58
Lesezeit: 3 min
Chinas Exportbeschränkungen: Droht die völlige Abhängigkeit?
Eisige Stimmung: Antony Blinken, Außenminister der USA, gibt Wang Yi, Außenminister von China, während ihres bilateralen Treffens am Rande des Außenministertreffens des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) Mitte Juli die Hand. Zum zweiten Mal innerhalb eines Monats ist US-Außenminister Blinken mit dem chinesischen Spitzendiplomaten Wang Yi zusammengekommen. (Foto: dpa) Foto: Dita Alangkara

Ob Elektroautos, Smartphones und Adapter, LEDs oder Halbleiter; Gallium und Germanium sind zwei unverzichtbare Mineralien für den Bau hochtechnologischer Geräte. Die Volksrepublik China besitzt derzeit rund zwei Drittel dieser Rohstoffe und versteht es, seine Kunden von sich abhängig zu machen. Können die europäischen Kunden sich von Chinas Einfluss befreien oder ist es für eine Lieferkettendiversifizierung schon zu spät?

Die Rache für Ausfuhrbeschränkungen des Westens?

Die Nachricht traf Europa und die USA mit voller Wucht: China will den Export essenzieller Mineralien für den Bau von Raketensystemen, Elektroautos, Solarpanels und weiterer Technologien ab August massiv beschränken. Damit rächt sich China gewissermaßen an den USA und anderen westlichen Handelspartnern, die Exporte in die Volksrepublik ebenfalls eingeschränkt hatten. Hintergründig geht es wohl auch darum, den Westen noch abhängiger von China zu machen, das derzeit einen Weltmarktanteil von über zwei Drittel aller seltener Erden besitzt.

Einerseits ist die Exportbeschränkung Pekings eine klare Antwort auf westliche Beschränkungen, so etwa die der Ausfuhren von Halbleiter-Equipment aus den Niederlanden, insbesondere der riesigen Tech-Firma ASML. Auch Japan und Italien und die USA haben Exportbeschränkungen nach China verhängt, berichtet CNN. So erscheint ein Handelskrieg nicht mehr nur zwischen China und den USA, sondern zwischen dem westlichen Kulturkreis und einem eurasischen Machtblock mit den Zentren Peking-Moskau-Teheran stattzufinden.

Chinas Exporte sinken überraschend stark

Das Reich der Mitte profilierte sich durch seine wirtschaftliche Öffnung unter Mao Zedongs Nachfolger Deng Xiaoping als flexible und beinahe schon liberale Handelsmacht, eine, die das Plussummenspiel perfekt beherrschte. Doch seit der Wirtschaftskrise von 2008 schraubt China zunehmend seine offenen Handelspraktiken zurück und strebt in Richtung Autarkie bei gleichzeitig hoher Dominanz über seine Partner. Dieses Konzept geht aber nur bedingt auf, sodass die Werkbank der Welt im zweiten Quartal dieses Jahres nur ein Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent verzeichnen konnte und jetzt auf der Suche nach ausländischen Investoren ist.

Zwar wird der Einbruch der Exporte von mehr als 12 Prozent in China als Konsequenz einer schwächelnden Weltwirtschaft gewertet. Doch die Beschränkungen von Exporten dürften dem Land, das jahrelang von seinen westlichen Kunden profitiert hat, ebenso zusetzen. Diese Restriktionen sehen jedoch vor, aus Gründen der nationalen Sicherheit jedem chinesischen Händler, der die seltenen Mineralien ausführen möchte, eine spezielle Erlaubnis abzuverlangen.

Westliche Unternehmer werden unruhig

Germanium und Gallium sind unersetzliche Materialien für eine Vielzahl von Technologien, die in Deutschland nachgefragt, gefördert und gefordert werden. Ob effektive Smartphone-Adapter, Bestandteile von Solarpanels oder E-Autos, ohne diese und weitere Mineralien bleibt die Produktion oftmals auf der Strecke. Deutsche Unternehmer erwarten nun berechtigterweise schnelle Lösungen von Brüssel und Berlin, doch weder die unklare Position der Ampel zu China noch Brüssels unbeholfene Suche nach Handelspartnern außerhalb Pekings wecken große Hoffnungen für hiesige Geschäftsvorhaben.

Derweil boomen die Aktien chinesischer Hersteller der seltenen Mineralien, die Yunnan Lincang Xinyuan Germanium Industrial Aktie etwa schaffte einen Sprung von über 40 Prozent seit Juni, Yunnan Chihong Zinc Germanium wuchs im selben Zeitraum um sechs Prozent. Das Problem für westliche Kunden ist nicht die fehlende Möglichkeit, diese wichtigen Stoffe selbst herzustellen. So wurde bis 2016 Gallium auch in Deutschland produziert, da es als Nebenprodukt in der Aluminiumproduktion einfach gefertigt werden kann. Doch durch Dumpingpreise verdrängte China den heimischen Markt und erarbeitete sich eine Monopolstellung. Die Produktion liegt also in Ländern wie Deutschland still und es dürfte außerordentlich schwierig und teuer sein, sie erneut zu starten.

Der Westen auf dem Weg in die Selbstversorgung?

Es gibt allerdings noch europäische Werke, die die Voraussetzung erfüllen, Gallium und Germanium sofort zu produzieren. So bat die EU jüngst den griechischen Konzern Mytilineos Energy & Metal, zu prüfen, ob es Gallium als Nebenprodukt herstellen könnte. Doch Insider halten eine griechische Gallium-Produktion für den europäischen Markt eher für unwahrscheinlich.

Ohnehin sind es nicht nur die seltenen Metalle, die sich zu knapp 70 Prozent in chinesischer Hand befinden und ab August seltener ausgefahren werden: Peking will auch den Export produktionstechnischer Anlagen für Selteneerd-Metalle beschränken. Der größte Abnehmer von Gallium, die Freiberger Compound Materials, wird derzeit von Aufträgen überrollt, und die Geschäftsführung bemüht sich, die Lagerbestände noch vor August aufzufüllen.

Es dürfte schwierig für den Westen werden, sich dem Einfluss Chinas zu entziehen, wenn einzelne Komponenten und Produktionsmaschinen für seltene Erden nicht mehr aus dem Land importiert werden dürfen, das schon jetzt quasi eine Monopolstellung innehält. Unternehmer kämpfen hierzulande weiter mit einer angespannten Lage, erratisch auftretenden Exportbeschränkungen und einem unsteten Wachstum. Eine effektive Lieferkettendiversifizierung wird zwar vorgesehen, doch schafft es die EU nicht, in Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten und anderen potenziellen Lieferanten ihre Interessen einheitlich zu formulieren, um den Eigenbedarf der seltenen Mineralien zu decken. Insofern dürfte der Prozess Europas, sich Chinas Einfluss zu entziehen, weiter erschwert werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie BradyPrinter i7500: Revolution im Hochpräzisionsdruck

Sie haben genug vom altmodischen Druck großer Etikettenmengen? Keine Kalibrierung, keine Formatierung, kein umständliches Hantieren mit...

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Virgil Zólyom

                                                                            ***

Virgil Zólyom, Jahrgang 1992, lebt in Meißen und arbeitet dort als freier Autor. Sein besonderes Interesse gilt geopolitischen Entwicklungen in Europa und Russland. Aber auch alltagsnahe Themen wie Existenzgründung, Sport und Weinbau fließen in seine Arbeit ein.

DWN
Politik
Politik Migration und Asylpolitik: Faesers Bilanz und die Kontroversen
01.04.2025

Nancy Faeser zieht Bilanz: Weniger Asylanträge, mehr Abschiebungen – die geschäftsführende Innenministerin ist zufrieden. Doch nicht...

DWN
Politik
Politik Handelskonflikt eskaliert: EU prüft bislang ungenutztes Instrument
01.04.2025

Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA stehen kurz vor einer Eskalation. US-Präsident Trump plant neue Zölle auf eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trumps Zölle - Warum Hyundai jetzt auf Milliarden-Investitionen in den USA setzt
01.04.2025

Geht sein Plan auf? Trumps Zollerhöhungen erzwingen bereits drastische Reaktionen. Hyundai investiert 21 Milliarden US-Dollar in die USA,...

DWN
Politik
Politik AfD holt in Umfrage auf: Union büßt nach Bundestagswahl stark ein
01.04.2025

Nach der Bundestagswahl verliert die Union in den Umfragen, während die AfD kräftig zulegt. Auch SPD und Grüne verzeichnen Rückgänge,...

DWN
Politik
Politik Bamf-Chef Sommer will radikale Asyl-Wende - Rücktritt gefordert
01.04.2025

Bamf-Chef Hans-Eckhard Sommer fordert eine radikale Wende in der deutschen Asylpolitik. Statt individueller Anträge plädiert er für eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-ETF-Vergleich: Wie Sie mit Europa-fokussierten ETFs Geld verdienen - und welche Europa-ETF sinnvoll sind
01.04.2025

Da die Trump-Administration die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt, protektionistische Zölle erlässt und sich von der...

DWN
Politik
Politik Reform Arbeitszeitgesetz: 8-Stunden-Tag nicht mehr zeitgemäß?
01.04.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Von der Wirtschaft gibt es Zuspruch, die...

DWN
Politik
Politik Stephan Weil: Niedersachsens Ministerpräsident (SPD) zieht sich aus Politik zurück
01.04.2025

Stephan Weil beendet nach mehr als zwölf Jahren als Ministerpräsident von Niedersachsen seine politische Karriere. Mit einem klaren Kurs...