Kosten sind bei der Geldanlage entscheidend. So sagte etwa der US-Nobelpreisträger William Sharpe einmal, die Kosten seien „das einzige, was mit einiger Zuverlässigkeit vorhersagt, welche Investmentfonds in der Zukunft am besten abschneiden werden“.
Kosten sind ein sicherer Verlust für Anleger: Je höher sie ausfallen, desto besser muss ein Fonds rentieren, um sie wieder wettzumachen. Der Finanzprofessor Hartmut Walz denkt daher, dass Verbraucher bei Anlageentscheidungen einen „starken Fokus auf Kosten“ bewahren sollten.
Um die Kosten zwischen Fonds zu vergleichen, orientieren sich Anleger vor allem an der TER (total expense ratio, zu deutsch Gesamtkostenquote). Diese gibt das Verhältnis von den laufenden Fondskosten zu dem durchschnittlichen Fondsvermögen in einem Geschäftsjahr an. Kapitalverwaltungsgesellschaften müssen die TER nach einer festen Methodik berechnen und in den vorgeschriebenen Informationsunterlagen veröffentlichen.
Mehrere Kostenblöcke sind nicht enthalten
Experten sehen die TER indes kritisch. „Die TER liefert brauchbare Indikation für einen groben Kostenvergleich, liefert aber kein vollständiges Bild“, erklärt etwa Andreas Ritter vom Institut für Vermögensaufbau gegenüber DWN. Sowohl Transaktionskosten wie auch performanceabhängige Gebühren würden fehlen. Bei ETFs seien etwaige Erträge aus der Wertpapierleihe und im Falle von swapbasierten ETFs Swap-Gebühren nicht enthalten.
Der Finanzökonom Gösta Jamin verweist gegenüber DWN außerdem auf den einmaligen Ausgabeaufschlag, Zinsen aus Kreditaufwendungen, Kosten für Sicherungsgeschäfte und sonstige Aufwendungen, die nicht in der TER enthalten seien. Die Kostenquote eigne sich daher lediglich für „eine erste Einschätzung der Kosten von Fonds“, erklärt der Professor der Hochschule Ludwigshafen.
Laut Ritter und Jamin unterschätzt die TER insbesondere die Kosten von aktiven Fonds im Vergleich zu ETFs. ETFs auf kapitalisierungsgewichtete Indizes wie den MSCI World handeln kaum und haben daher geringe Kosten beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren. Bei aktiven Fonds belaufen sich die Transaktionskosten hingegen auf bis zu mehrere Prozent pro Jahr – abhängig davon, wie aktiv ein Fondsmanager umschichtet und ob er in liquide Wertpapiere investiert.
Außerdem gibt es bei ETFs keine performanceabhängigen Gebühren. „Bei passiv gemanagten Fonds ist nicht nur die TER günstiger, sondern auch die nicht in der TER berücksichtigten laufenden Kosten sind geringer“, erklärt daher Jamin.
Jamin hat im Jahr 2021 eine Masterarbeit betreut, die die wahren Kosten von Investmentfonds untersucht hat. Der Autor Alexander Romanski berechnete die reale TER von 50 der größten aktiven und passiven Fonds aus Deutschland für den Zeitraum von 2015 bis 2020. Die reale TER umfasst neben den Kosten, die in der TER enthalten sind, auch Performancevergütungen, Transaktionskosten, Zinsen auf Kreditaufwendungen und sonstige Aufwendungen des Fonds.
Demnach waren die wahren Kosten deutlich höher als über die TER angezeigt, wie Jamin und Romanski in einem Artikel auf der Fachseite Fondsprofessionell ausführen. Der Unterschied zwischen der realen TER und der TER betrug über alle Fonds 0,15 Prozentpunkte (15 Basispunkte). Dabei schwankte der Unterschied je nach Fonds zwischen 0 und 2,62 Prozentpunkten. Der teuerste Fonds erreichte in einem Jahr sogar eine reale TER von 5,08 Prozent.
Versteckte Kosten sind bei aktiven Fonds viel höher
Die versteckten Kosten waren bei aktiven Fonds siebenmal so hoch wie bei den passiven ETFs (0,20 Prozentpunkte versus 0,03 Prozentpunkte). Die Ursachen sind demnach unter anderem Performancevergütungen, die bei ETFs entfallen, Zinsen auf Kreditaufwendungen und höhere Transaktionskosten.
Die Aussagekraft der TER ist denn auch begrenzt. Laut dem Institut für Vermögensaufbau lässt sich über die TER nicht auf die Gesamtkosten und die Performance von ETFs schließen. „In Deutschland ist in einem Drittel der Fälle sogar ein gegenläufiger Zusammenhang zwischen TER und Gesamtkosten festzustellen“, heißt es in einer Untersuchung vom Dezember 2017.
Die Münchner Forscher berechneten die „Total Cost of Ownership“ von 195 ETFs aus Deutschland und der Schweiz. Die TCO umfasst nicht bloß wie die reale TER alle fondsinternen Kosten, sondern auch Kosten, die beim Anleger anfallen – also Ordergebühren, Steuern und den Unterschied zwischen dem An- und Verkaufspreis von Fondsanteilen (Spread). Die Untersuchung ließ allerdings Steuern und Ordergebühren außen vor (außer die Stempelsteuer in der Schweiz).
Am günstigsten waren demnach ETFs auf kapitalisierungsgewichtete Indizes wie den DAX, den S&P 500, den MSCI Europe oder den MSCI World. Hier lagen die Kosten bei 0,4 bis 1,0 Prozent (40 bis 100 Basispunkte). Dabei waren die Kosten selbst bei einer kleinen Order nur unwesentlich höher als bei einer Order in Höhe von einer Million Euro.
Teurer waren Faktor-ETFs (95 bis 120 Basispunkte) und Rohstoff-ETFs (bis zu 190 Basispunkte). Bei Anleihen-ETFs lag die TCO zwischen 25 und 40 Basispunkten. Bei diesen drei ETF-Typen waren kleine Ordern allerdings aufgrund höherer Spreads deutlich teurer.
Wie finden Anleger die wahren Kosten heraus?
Andreas Ritter rät denn auch davon ab, sich bloß auf die TER zu verlassen. „Ein realistischeres Bild vermittelt die ex-ante-Kosteninformation, welche von der Depotbank vor der Durchführung einer Order bereitgestellt werden muss“, erklärt der promovierte Finanz-Ökonometriker.
Diese weise die sogenannten Produktkosten aus, die in der Regel die erwarteten Transaktionskosten des Fonds und die Performancegebühren einschließe. Außerdem beziffere die Kosteninformation die Kosten, die durch den Kauf, während der Haltedauer und beim späteren Verkauf aufseiten der Depotbank zu erwarten seien.
Informationen über versteckte Kosten finden sich laut Gösta Jamin in den Geschäftsberichten der Fonds. Diese würden erfolgsabhängige Vergütungen, sonstige Aufwendungen, Zinsen aus Kreditaufnahmen und Transaktionskosten jeweils zusätzlich zur TER ausweisen. Allerdings handle es sich um Vergangenheitsdaten. Die Kosten könnten im Zeitablauf schwanken, „so dass vergangene Werte nicht notwendigerweise eine Vorhersage der Zukunft ermöglichen“.
Bei ETFs liefert die Tracking-Differenz laut Andreas Ritter „zumindest ex post das aussagekräftigste Bild bezüglich der tatsächlich angefallenen Kosten“. Die Tracking-Differenz beziffert den Renditeunterschied zwischen der ETF-Performance und der Index-Performance (ETF-Performance minus Index-Performance).
Rentiert etwa ein ETF mit 7,9 Prozent und ein Index mit 8 Prozent innerhalb eines Jahres, würde die Tracking-Differenz bei -0,1 Prozentpunkten liegen (-10 Basispunkte). Eine relativ geringe Abweichung vom Index legt dabei nahe, dass die Kosten des ETFs niedriger sind. ETFs können sich sogar besser als der zugrunde liegende Index entwickeln, sodass die Tracking-Differenz positiv ist. Ursache können zum Beispiel Erträge aus der Wertpapierleihe sein.
Die Tracking-Differenz von ETFs lässt sich auf der Internetseite trackingdifferences.com vergleichen. Dort wird allerdings die Tracking-Differenz andersherum berechnet (Index-Performance minus ETF-Performance).
Bereits kleine Unterschiede bei den Kosten von Fonds machen langfristig viel aus. Wer etwa jeden Monat 500 Euro in einen Aktienfonds einzahlt, der verfügt nach 30 Jahren über circa 428.000 Euro nach Steuern und Kosten. Annahme ist hierbei, dass Kosten von 0,15 Prozent pro Jahr auf Fondsebene anfallen (6 Prozent Wertzuwachs pro Jahr, keine Kirchensteuer, 30 Prozent Teilfreistellungsquote). Bei Kosten von 0,4 Prozent sind es 18.100 Euro weniger (rund 410.000 Euro).
Laut Gösta Jamin sparen Anleger erhebliche Kosten, wenn weder Ausgabeaufschläge noch Performancegebühren anfallen. Ausgabeaufschläge würden meist bis zu 5 Prozent der angelegten Summe betragen und an die Vertriebspartner der Fondsgesellschaften fließen. „Es empfiehlt sich in jedem Fall, diese direkt zu Beginn der Investition anfallenden immensen Kosten zu vermeiden.“
Anleger können Ausgabeaufschläge umgehen, indem sie Anteile an aktiven Fonds über die Börse kaufen. Dazu müssen sie die ISIN des Fonds im Onlinedepot in das Wertpapiersuchfeld eingeben.
Performancegebühren können laut Jamin „erheblich“ sein. Bei einer Performancegebühr von 10 Prozent und einer durchschnittlichen Wertentwicklung von 8 Prozent pro Jahr würden Kosten von 0,8 Prozent pro Jahr anfallen. „Hinzu kommt, dass diese erfolgsabhängigen Zusatzvergütungen oft nur ein ungerechtfertigtes Abschöpfen von ,Windfallprofits’ aus der Volatilität der Börsen darstellen“, erklärt Jamin. Die Performanceprämien könnten zudem Fondsmanager dazu verleiten, höhere Anlagerisiken einzugehen.