Der weltgrößte Graphit-Produzent China führt Exportkontrollen für den unter anderem für Elektroautobatterien unerlässlichen Rohstoff ein. Ab dem 1. Dezember müssen heimische Exporteure eine Ausfuhrgenehmigung für mehrere Graphitprodukte einholen, wie das Handelsministerium in Peking am Freitag ankündigte. Begründet wird der Schritt mit der „Gewährleistung von Sicherheit und Stabilität der globalen Liefer- und Industriekette“. Auch von einem „besseren Schutz der nationalen Sicherheit und Interessen“ war die Rede. Die Maßnahme richte sich nicht gegen ein bestimmtes Land.
China ist der weltweit größte Graphitproduzent und -exporteur. Das Land verarbeitet außerdem mehr als 90 Prozent der weltweiten Graphitmenge zu Material, das in praktisch allen Elektroautobatterien verwendet wird. Zu den wichtigsten Abnehmern des Rohstoffs aus der Volksrepublik gehören Japan, die USA, Indien und Südkorea, wie aus chinesischen Zolldaten hervorgeht. Die neuen Beschränkungen ähneln denen, die seit dem 1. August die Metalle Gallium und Germanium gelten, die wichtig für die Herstellung von Halbleitern sind. Diese führten dazu, dass die Exporte dieser Metalle stark eingeschränkt wurden und die Preise außerhalb des Landes in die Höhe trieben. Experten sehen in den Exportkontrollen eine Reaktion auf die US-Sanktionen im Technologiesektor. Zudem kritisiert China, dass die EU-Kommission die europäische Autobranche durch billige E-Autos aus China in Gefahr sieht und deshalb eine Erhebung von Anti-Dumping-Zöllen prüft.
Die deutsche Wirtschaft blickt besorgt auf die Entwicklung. „Für die international eng vernetzte deutsche Wirtschaft ist es unerlässlich, dass der freie Warenaustausch gerade von kritischen Rohstoffen weltweit gesichert ist“, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. „Die deutschen Unternehmen sehen daher zunehmenden Protektionismus wie neue Exportbeschränkungen mit großer Sorge.“ Bundesregierung und EU sollten die Unternehmen mit Hochdruck dabei unterstützen, ihre Lieferketten gerade bei strategischen Abhängigkeiten stärker zu diversifizieren. „Hierfür sind neben neuen Handels- und Rohstoffabkommen mit wichtigen Handelspartnern, wie im Indopazifik und in Lateinamerika, auch neue Instrumente wie ein Rohstofffonds denkbar“, sagte Treier.
Preise niedriger als zu Jahresbeginn
Analysten zufolge ist nicht klar, wie stark sich die neuen Maßnahmen für Graphit kurzfristig auswirken werden. „Diese Kontrollen sind kein vollständiges Verbot“, sagte Analyst Ivan Lam von Counterpoint Research. Die Preise für natürlichen Flockengraphit lagen in dieser Woche bei 3950 Yuan (509 Euro) pro Tonne und damit ein Viertel niedriger als zu Beginn dieses Jahres. Dies führen Experten auf die sinkende Nachfrage aus der Branche der E-Autobauer zurück.
Chinesische Exporteure müssen künftig eine Genehmigung für den Versand von zwei Arten von Graphit beantragen – darunter synthetisches Grafitmaterial mit hohem Reinheitsgrad und Härtegrad. Drei Arten von „hochsensiblen“ Graphitartikeln unterliegen bereits vorübergehenden Kontrollen und sind auch in der neuen Liste aufgeführt. Zugleich wurden die Kontrollen für fünf weniger empfindliche Graphitprodukte, die etwa in der Stahl-, Metall- und Chemieindustrie verwendet werden, aufgehoben.
Die Aktienkurse chinesischer E-Autobauer und Batteriehersteller stiegen nach der Ankündigung. Im Ausland sorgte der Schritt für Kritik. Japan will nach den Worten von Regierungssprecher Hirokazu Matsuno, „geeignete Schritte“ unternehmen, falls die Maßnahmen gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) verstoßen sollten.
China hat in den vergangenen Jahren den Abbau von natürlichem Graphit reduziert, da dieser die Umwelt stark belastet. Stattdessen wird seit 2021 die Produktion von synthetischem Graphit hochgefahren. Nach Angaben des Beratungsunternehmens Mysteel macht die synthetische Form mittlerweile 70 Prozent der chinesischen Produktion aus. (reuters)