Der chinesische Renminbi („Yuan“) ist im Bereich der internationalen Handelsfinanzierung am Euro vorbeigezogen. Wie das Portal Bitcoin unter Verweis auf aktuelle Daten des SWIFT-Systems berichtet, wurden im September wertmäßig 5,8 Prozent aller über das Netzwerk transferierten Handelsfinanzierungen in Yuan abgewickelt.
Der Euro dagegen kam im September auf 5,43 Prozent, während der japanische Yen mit 1,4 Prozent den vierten Platz unter den wichtigsten Handelswährungen einnahm. Dahinter lag mit 0,56 Prozent der saudische Rial.
Zwischen August und September kam es zu bedeutenden Gewichtsverlagerungen zwischen Yuan und Euro: so stieg der Anteil des Yuan an der Handelsfinanzierung von 4,82 Prozent auf 5,8 Prozent um rund einen Prozentpunkt, während der Anteil des Euro in diesem Zeitraum von 6,43 Prozent auf 5,43 Prozent um exakt einen Prozentpunkt schrumpfte.
Unangefochten bleibt die Dominanz des US-amerikanischen Dollars im Welthandel. 84,15 Prozent aller grenzüberschreitenden Handelsgeschäfte wurden im September laut SWIFT mithilfe der amerikanischen Währung abgewickelt. Der Anteil des Dollar stieg in den vergangenen Monaten deutlich an, im August lag der Anteil bei 83,95 Prozent.
SWIFT ist mit weit mehr als 11.000 angeschlossenen Banken und Finanzinstituten das weltweit führende Netzwerk für die Finanzkommunikation und Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungsvorgängen.
König Dollar – vorerst unantastbar
Während der Euro im Bereich der Handelsfinanzierung den zweiten Platz im September an den Renminbi abgeben musste, gab es keine Veränderung bei den gesamten über das SWIFT-Netzwerk abgewickelten Transaktionen. Dabei handelt es sich um die Verschiebung von Reserven, um Zahlungsüberweisungen aller Art und um die Handelsfinanzierung.
Der Dollar rangiert auch hier mit rund 46,6 Prozent aller Transaktionen auf dem ersten Platz, gefolgt vom Euro mit rund 25 Prozent. Allerdings musste der Euro in den vergangenen Jahren deutlich Federn lassen. 2021 rangierte die Gemeinschaftswährung noch bei 38 Prozent und im Juni lag der Anteil immer noch bei 31 Prozent.
Nach Dollar und Euro folgten der japanische Yen und das britische Pfund.
Die chinesische Landeswährung belegte im September wie auch in den Vormonaten den fünften Platz, war im internationalen Zahlungsverkehr aber so weit verbreitet wie nie zuvor. 3,71 Prozent der weltweiten Transaktionen entfielen auf den Yuan. Der Anteil des Yuan liegt damit fast doppelt so hoch wie noch im Januar mit 1,91 Prozent.
Yuan bedeutender, als SWIFT-Daten zeigen
Die Daten von SWIFT lassen wichtige Rückschlüsse auf die Bedeutung der einzelnen Währungen bei internationalen Transaktionen zu, weil SWIFT das größte Finanzkommunikationssystem der Welt ist. Sie bilden aber nicht das gesamte Spektrum der weltweiten Transaktionen ab, weil viele Länder zunehmend konkurrierende Systeme - etwa aus Russland, dem Iran oder China - nutzen.
Die SWIFT-Zahlen zeichnen auch deshalb zwangsläufig ein unvollständiges Bild, weil russische Banken von der US-Regierung nach dem Einmarsch des Landes in die Ukraine aus SWIFT ausgeschlossen wurden. Alle Transaktionen mit russischer Beteiligung werden seitdem außerhalb von SWIFT abgewickelt. Da Russland eine bedeutende Rohstoffmacht ist und eine ganze Reihe von Bodenschätzen exportiert, dürften diese Kapitalströme beträchtlich sein.
Da China und Russland darüber hinaus ihre wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut haben und dies nach beiderseitigem Bekunden auch weiterhin tun werden, kommt dem Yuan - neben dem Euro - eine zentrale Funktion als Transaktionswährung im wachsenden chinesisch-russischen Handel zu.
Die chinesische Regierung möchte den Renminbi zu einer international akzeptierten Handelswährung – und perspektivisch möglicherweise zu einer Reservewährung – aufwerten. Dazu greift Peking auch auf die im Rahmen des Seidenstraßenprojekts vergebenen Kredite zurück.
Abkehr vom Dollar
Das Ziel einer Internationalisierung des Yuan fällt auf fruchtbaren Boden, weil viele Staaten derzeit versuchen, ihre Abhängigkeit von der amerikanischen Weltleitwährung zu reduzieren.
Die US-Regierungen haben in den vergangenen Jahren nicht nur immer mehr politische Sanktionen verhängt und dafür die Nutzung des Dollars sowie amerikanischer Geschäftsbanken als Hebel für deren Durchsetzung genutzt, sondern das Einfrieren russischer Devisenreserven im Umfang von etwa 300 Milliarden Dollar nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine hat viele Länder aufgeschreckt und für Alternativen zum Dollar-System aufgeschlossen.
China gilt neben Russland als eine der treibenden Kräfte dieser Diversifizierung auf den Währungsmärkten, welche vor allem von Entwicklungsländern des sogenannten „Globalen Südens“ unterstützt wird.
Der Renminbi bietet sich im Rahmen dieser Absatzbewegungen weg vom Dollar als Alternative an – ebenso wie die indische Rupie, der russische Rubel, der Dirham der Vereinigten Arabischen Emirate, der Rial Saudi-Arabiens und nicht zuletzt auch Gold, das in großem Umfang von Westen nach Osten verlagert wird.
Die „De-Dollarisierung“ kommt in vielen kleinen Schritten voran. Zuletzt hatte die staatliche China Development Bank beispielsweise mit der malaysischen Maybank, der ägyptischen Zentralbank und dem Institut BBVA Peru auf Yuan lautende Kreditverträge unterzeichnet.
„Seit Jahresbeginn lassen sich bemerkenswerte Entwicklungen bei der Internationalisierung des Yuan feststellen – etwa, dass der Yuan noch vor dem Euro zur zweitwichtigsten Reservewährung Brasiliens aufgestiegen ist, Argentiniens erstmalige Nutzung des Yuan zur Begleichung von Schulden an das Ausland sowie der Umstand, dass Pakistan erstmals Importe russischen Rohöls in Yuan bezahlt hat“, schreibt die staatliche Global Times.
Der Internationale Währungsfonds trug im Frühjahr des vergangenen Jahres dem Bedeutungszuwachs Rechnung, indem er das Gewicht des Renminbi bei den Sonderziehungsrechten von 10,9 Prozent auf 12,3 Prozent erhöhte. Bei diesen Sonderziehungsrechten handelt es sich um einen Korb bestehend aus verschiedenen Währungen, auf dessen Grundlage etwa Notkredite an überschuldete Länder vergeben werden.
In Chinas Finanzbeziehungen mit dem Ausland hatte der Yuan den Dollar im zweiten Quartal erstmals überholt. 49 Prozent aller grenzüberschreitenden Transaktionen mit chinesischer Beteiligung lauteten demnach auf Renminbi – Tendenz stark steigend.
Die Rolle steigender Zinsen in den USA
Eine wichtige Triebfeder für die verstärkte Nutzung des Yuan auf internationaler Ebene ist auch der starke Anstieg der US-Zinsen, der Dollar-Kredite teuer macht. Die US-Notenbank hat ihren Leitzins seit Anfang 2022 von nahe null auf eine Spanne von inzwischen 5,25 bis 5,50 Prozent erhöht, um damit die hohe Inflation zu bekämpfen, welche die Regierung maßgeblich durch die Schöpfung immenser Gelder zur Finanzierung der Corona-Lockdowns in den vergangenen Jahren zu verantworten hat.
Infolge der „zunehmend hohen Kreditkosten des Dollars haben sich viele Schuldner zur Finanzierung oder Refinanzierung dem RMB zugewandt“, sagte Natixis-Ökonom Haoxin Mu zur Nachrichtenagentur Reuters.
Noch ist der Yuan weit davon entfernt, die Vorherrschaft des Dollar herauszufordern oder den Umfang des Euro bei den gesamten internationalen Zahlungsabwicklungen zu erreichen. Tatsächlich ist sein Gewicht aber schon heute größer, als es die SWIFT-Daten erscheinen lassen. Und die Abkehr vom Dollar im Zusammenspiel mit dem Aufbau alternativer politischer Strukturen wie BRICS hat positive Rahmenbedingungen für eine strukturell begründete Fortsetzung des Aufstiegs des Renminbi und anderer Währungen sowie von Gold gesetzt.