Immobilien

Auftragsstornierungen im Wohnungsbau auf Rekordhoch

Lesezeit: 2 min
06.11.2023 12:24  Aktualisiert: 06.11.2023 12:24
Die Stornierungswelle im deutschen Wohnungsbau erreichte im Oktober einen neuen Höchststand. Experten befürchten weitgehende Belastungen für die deutsche Wirtschaft. Auch der Deutsche Mieterbund äußert seine Forderungen angesichts dieser Situation.
Auftragsstornierungen im Wohnungsbau auf Rekordhoch
Der Deutsche Mieterbund sieht die Entwicklung mit Sorge. (Foto: dpa)
Foto: Frank Hormann

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Stornierungswelle im deutschen Wohnungsbau hat einen neuen Höchststand erreicht. Im Oktober meldeten 22,2 Prozent der Unternehmen gestrichene Projekte, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Unternehmensumfrage mitteilte. Im September waren es noch 21,4 Prozent. „Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin sehr schwach, die Auftragsbestände der Firmen schmelzen ab.“

Bereits 48,7 Prozent der Betriebe klagten im abgelaufenen Monat über einen Auftragsmangel, nach 46,6 Prozent im September. Zum Vergleich: Vor einem Jahr, im Oktober 2022, lag der Anteil bei lediglich 18,7 Prozent. „Fast jeder zweite Betrieb im Wohnungsbau leidet mittlerweile unter Auftragsmangel und es werden jeden Monat mehr“, sagte Wohlrabe. Für einige Firmen werde die Situation bedrohlich. Jedes zehnte Unternehmen meldete demnach bereits Finanzierungsschwierigkeiten. „Der Ausblick für den Wohnungsbau bleibt finster, die Unternehmen stimmen sich auf harte Zeiten ein“, sagte Wohlrabe. Das Barometer für die Erwartungen notiere aktuell bei außerordentlich schlechten minus 63,9 Punkten.

Kräftig gestiegene Zinsen, mit denen die Europäische Zentralbank (EZB) die hohe Inflation bekämpfen will, machen insbesondere dem Wohnungsbau zu schaffen. Dadurch werden viele Projekte für Bauherren unrentabel, zumal sich auch die Materialkosten deutlich erhöht haben. Das ist nach Einschätzung vieler Experten ein soziales Problem, da bezahlbarer Wohnraum vor allem in den großen Städten auf Jahre hinaus Mangelware bleiben dürfte. Die kriselnde Baubranche belastet aber auch die deutsche Konjunktur. Das Bruttoinlandsprodukt ist im Sommerquartal leicht geschrumpft und dürfte nach Prognose vieler Ökonomen im laufenden Schlussvierteljahr erneut zurückgehen, womit Europas größte Volkswirtschaft in eine Rezession abrutschen würde.

Mieterbund fordert Offensive

Der Deutsche Mieterbund sieht die Entwicklung mit Sorge. „Der Einbruch beim Wohnungsbau führt dazu, dass sich die Lage auf dem Mietwohnungsmarkt weiter zuspitzt“, sagte Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz der Nachrichtenagentur Reuters. Bereits jetzt fehlten in Deutschland 700.000 Wohnungen. Zudem sei jeder dritte Mieterhaushalt durch seine Wohnkosten überlastet.

Die Zahl der geförderten Wohnungen sinke kontinuierlich, zeitgleich seien die Angebotsmieten deutschlandweit erneut stark gestiegen - allein um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Angebotsmieten von 17 Euro pro Quadratmeter und mehr in den nachgefragten Städten könne sich der Großteil der Mieterinnen und Mieter nicht leisten. „Es ist allerhöchste Zeit mit einer Offensive für gemeinwohlorientiertes Wohnen gegenzusteuern“, sagte Weber-Moritz. „Dazu muss der Bestand an Sozialwohnungen und bezahlbaren Mietwohnungen für Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen dringend erhöht werden.“ Der Mieterbund fordert deshalb ein Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro für den Sozialwohnungsbau. Auch müsse die Wohngemeinnützigkeit eingeführt werden, um dauerhaft mietpreisgebundene Wohnungen anbieten zu können.

Die kriselnde Baubranche belastet auch die deutsche Konjunktur. Das Bruttoinlandsprodukt ist im Sommerquartal leicht geschrumpft und dürfte nach Prognose vieler Ökonomen im laufenden Schlussvierteljahr erneut zurückgehen, womit Europas größte Volkswirtschaft in eine Rezession abrutschen würde. (Reuters)


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

 

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Clean Industrial Deal: Warum die EU jetzt handeln muss
26.12.2024

Vor fünf Jahren setzte die EU mit dem Europäischen Green Deal neue Maßstäbe im globalen Klimaschutz. Heute, angesichts wachsender...

DWN
Politik
Politik „Atomkraft? Nein Danke“: Habeck-Ministerium manipulierte wohl AKW-Studie für Atomausstieg
26.12.2024

Manipulation im Wirtschaftsministerium? Wie interne Unterlagen jetzt aufdecken, soll das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck gezielt...

DWN
Politik
Politik Papst eröffnet Heiliges Jahr mit Hoffnungsbotschaft
26.12.2024

Ein strammes Programm hatte der gesundheitlich angeschlagene Papst an Weihnachten zu stemmen: Er eröffnete das Heilige Jahr der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland schafft Gasspeicherumlage ab: Entlastung für Nachbarländer, Mehrkosten für Verbraucher
26.12.2024

Deutschland verabschiedet sich von der umstrittenen Gasspeicherumlage an Grenzübergangspunkten zu Nachbarländern. Mit einer Änderung des...

DWN
Immobilien
Immobilien Sechs Jahre Mietenstopp: Können Mietpreiserhöhungen gesetzlich verboten werden?
26.12.2024

Der aktuelle Wohnmarkt bereitet Volk wie Bundesregierung Kopfzerbrechen. Laut Umfragen glauben immer weniger Deutsche daran, sich den Traum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Überstunden steuerfrei: Ab 2025 wird es Realität?
26.12.2024

Überstunden ab 2025 steuerfrei? Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, könnten Arbeitnehmer von einer höheren Auszahlung ihrer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kann Automatisierung die deutsche Industrie retten?
26.12.2024

Die deutsche Wirtschaft kämpft mit Fachkräftemangel und explodierenden Kosten. Wie können Automatisierung und Robotik diese...

DWN
Politik
Politik Wahlforscher Jung: Die Union hat ein "Merz-Problem" - und Habeck eine gute Chance
26.12.2024

Es sei sehr wahrscheinlich, dass Unionskandidat Merz der nächste deutsche Bundeskanzler wird, sagt Wahlforscher Matthias Jung. Doch er...