Politik

Pistorius prüft schwedisches Wehrpflichtmodell für Deutschland

Die Bundeswehr tut sich schwer damit, Personal zu gewinnen. Verteidigungsminister Pistorius versucht, das zu ändern und prüft das Wehrpflichtmodell in Schweden.
16.12.2023 14:09
Aktualisiert: 16.12.2023 14:09
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Pistorius prüft schwedisches Wehrpflichtmodell für Deutschland
Pistorius zeichnete am Freitag Oberst Heiko Bohnsack aus, den letzten MINUSMA-Kontingentführer. (Foto: dpa) Foto: Michael Matthey

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lässt angesichts eines Personalmangels bei der Bundeswehr Modelle einer Dienstpflicht prüfen. Darunter sei das in Schweden praktizierte Modell. «Dort werden alle jungen Frauen und Männer gemustert, und nur ein ausgewählter Teil von ihnen leistet am Ende den Grundwehrdienst. Ob so etwas auch bei uns denkbar wäre, ist Teil dieser Überlegungen», sagte Pistorius der «Welt am Sonntag». Er prüfe alle Optionen. «Aber jedes Modell, egal welches, braucht auch politische Mehrheiten.»

Wehrpflicht seit fast 13 Jahren ausgesetzt

Die Pflicht zum Wehrdienst war in Deutschland im Jahr 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Pistorius hatte das kurz nach seinem Amtsantritt als Fehler bezeichnet, den man aber nicht im Handumdrehen korrigieren könne. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte einer Debatte über eine Rückkehr zur Wehrpflicht im Februar eine Absage erteilt. Nun sagte Pistorius: «Es hat seinerzeit Gründe gegeben, die Wehrpflicht auszusetzen. Rückblickend war es aber ein Fehler.» Sie jetzt wieder einzuführen, sei strukturell, verfassungsrechtlich und politisch schwierig. Daher schaue er sich weitere Modelle an.

Maßnahmen gegen Personalprobleme der Bundeswehr

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: «Die Bundeswehr muss demografiefest und langfristig auch mit Blick auf die Altersstruktur ausbalanciert sein.» Auf die Frage, wie das gelingen solle, sagte Pistorius: «Wir haben eine Task Force Personal eingerichtet im August. Ich habe jetzt das erste Extrakt der Arbeit gesehen, es geht um 65 sehr konkrete Vorschläge für Anwerbung, Rekrutierung, Ausbildung und Einstiegsvoraussetzungen.» Mit der Umsetzung werde man Anfang des Jahres starten, sagte der Minister.

FDP gegen Wiedereinführung einer Wehrpflicht

Vom liberalen Koalitionspartner gab es Widerspruch. Dessen verteidigungspolitischer Sprecher im Bundestag, Alexander Müller, warnte, die Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre ein «enormer Eingriff in die Freiheitsrechte, der nicht im Verhältnis zur Bedrohung Deutschlands steht». Für eine Grundgesetzänderung fehle die politische Mehrheit. «Es wird nicht gelingen, die jeweils sportlichsten und fittesten jungen Menschen in die Truppe zu zwingen, und allen anderen ihre berufliche Freiheit zu lassen. Die Bundeswehr braucht motivierte und gut bezahlte Männer und Frauen, die freiwillig und aus innerer Überzeugung ihren Dienst tun.» Es sei nicht Aufgabe des Staates, durch «Zwangsmaßnahmen» in die Berufsfreiheit junger Menschen einzugreifen, um damit Lücken zu stopfen.

Union zeigt sich gesprächsbereit

Hingegen zeigte sich Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) offen, über verschiedene Modelle zu diskutieren. Er sagte der «Rheinischen Post» (online): «Die CDU tritt für eine allgemeine Dienstpflicht ein, von der die Bundeswehr erheblich profitieren würde. Grundsätzlich sind wir auch hinsichtlich anderer Modelle und Wege gesprächsbereit.» Pistorius müsse endlich konkrete Entscheidungen treffen zur Behebung der Personalprobleme. «Wer eine kriegstüchtige Bundeswehr fordert, muss auch die dafür notwendigen Weichenstellungen vornehmen», mahnte Wadephul. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU reagiert auf Chinas wirtschaftliche Neuausrichtung und dessen Auswirkungen auf globale Lieferketten
09.10.2025

Globale Handelsbeziehungen stehen unter Druck, da wirtschaftliche und politische Faktoren die Strategien von Unternehmen und Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Elektromobilität stärken: Bundesregierung plant Verlängerung der Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge
08.10.2025

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Steigende Anforderungen an Klimaschutz, die Transformation hin zur...

DWN
Politik
Politik Von der Leyen wirft Russland hybriden Krieg gegen EU vor
08.10.2025

Plant Russland einen Angriff auf die EU? Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht schon jetzt Zeichen für einen Krieg – und...

DWN
Politik
Politik Kranken- und Rentenversicherung wird für Gutverdiener teurer
08.10.2025

Erwerbstätige mit höheren Einkommen müssen sich darauf einstellen, im kommenden Jahr mehr für die Renten- und Krankenversicherung zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrieproduktion sinkt erneut deutlich - Einbruch in der Autobranche
08.10.2025

Die deutschen Unternehmen drosseln ihre Produktion stärker als erwartet. Vor allem eine Branche verbucht ein sattes Minus. Hat das...

DWN
Panorama
Panorama Deutschlandticket: Boom vorbei - weniger Fahrgäste im Nahverkehr als vor Corona
08.10.2025

Das Deutschlandticket hat viele in Busse und Bahnen gelockt, doch der Boom ist vorbei. Fahrgastverbände und Verbraucherschützer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Vom Pflichttermin zum Strategiewerkzeug: Jahresgespräche im Wandel
08.10.2025

Was lange als lästige Pflicht galt, entwickelt sich zum strategischen Machtfaktor: Jahresgespräche sollen nicht mehr nur Protokoll...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU kämpft mit Umweltabgaben und Wettbewerbsdruck in der Düngemittelindustrie
08.10.2025

Die europäische Düngemittelindustrie steht unter erheblichem Druck. Hohe Produktionskosten, steigende Emissionsabgaben und der wachsende...