Viele Anleger kaufen Anteile an sogenannten Giga-Fonds oder Flaggschifffonds. Diese sehr großen Fonds liefen zumindest zeitweise deutlich besser als der breite Markt und konnten in Folge hohe Anlegergelder anziehen.
Manche Giga-Fonds verwalteten in der Spitze Anlegergelder im zweistelligen Milliardenbereich. Bekannte Namen waren in der Vergangenheit etwa der Templeton Global Bond, der Mischfonds Carmignac Patrimoine oder der Aktienfonds Fidelity European Growth.
Matias Möttölä sieht ein Investment in zu große oder zu kleine Fonds aber kritisch. Sehr kleine Fonds seien häufig teurer, erklärt der Morningstar-Analyst schriftlich auf DWN-Anfrage. Zu große Fonds könnten wiederum nicht so viele Mittel in manche Aktien und Anleihen investieren, wie sie eigentlich wollten, zum Beispiel in Wertpapiere von kleinen Unternehmen.
Giga-Fonds schlagen Benchmark meist nicht dauerhaft
„Wir sind uns durchaus des Phänomens des ,Asset Bloat’ bewusst und raten davon ab, in Fonds zu investieren, die Gefahr laufen, zu groß zu werden“, erklärt daher Möttöla. Das größere Problem seien gleichwohl kleine Fonds, die in Europa in der Überzahl seien und aufgrund ihrer höheren Kosten im Schnitt schlechter laufen würden als größere Fonds.
Morningstar untersuchte in einer Analyse aus dem Jahr 2020 die Performance der größten Fonds aus Europa zwischen 2006 und 2020. Zehn der elf Giga-Fonds fielen teils deutlich hinter einen Vergleichsindex zurück, nachdem sie der größte Fonds Europas gewesen waren.
Etwa lag der Carmignac Patrimoine in den fünf Jahren bis zum Mai 2009 um 7,7 Prozentpunkte pro Jahr vor einer Benchmark. Nachdem er von Mai 2009 bis Februar 2011 der größte Fonds Europas gewesen war, lag er die anschließenden fünf Jahre 6 Prozentpunkte pro Jahr hinter dem Index.
Der Vermögensberater Gerd Kommer verglich in einem Blogbeitrag aus dem Jahr 2021 die Performance der größten Fonds aus Deutschland mit passiven ETFs. Darunter waren der Flossbach von Storch Multiple Opportunities oder der DWS Top Dividende, die beide aktuell um die 20 Milliarden Euro verwalten.
„In keinem der sechs Fälle ist die Rendite-Risikokombination relativ zu einer ETF-Benchmark auf Buy-and-Hold-Basis während der letzten zehn Jahre wirklich vorzeigbar, in einigen Fällen ist sie desaströs schlecht“, findet Kommer.
Ursachen für die schwache Performance
Morningstar sieht zwei mögliche Ursachen für die schwache Performance. Die Fondsmanager seien womöglich zu sehr in die eigenen Portfolios „verliebt“ und könnten sich von outperformenden Aktien nicht trennen. Außerdem könne ein Fonds möglicherweise die alte Strategie nicht mehr fortführen, nachdem es zu hohen Mittelzuflüssen gekommen sei. Das gelte etwa, wenn er in illiquide Wertpapiere investiert habe.
Dann stehe der Fondsmanager vor einem Dilemma: Er könne entweder zu einem marktbeherrschenden Akteur werden. Hier würde der Fonds allerdings in eine Schieflage geraten, falls er auf einen Schlag viele illiquide Wertpapiere verkaufen müsste und bloß sehr geringe Preise erzielen würde.
Manche Fondsmanager würden daher den Anlagestil wechseln, um den Fonds weiter wachsen zu lassen. Die Fondsgesellschaft verdiene nämlich vor allem durch Mittelzuflüsse: Ein Prozent von 10 Milliarden Euro seien mehr als ein Prozent von 100 Millionen Euro. Darunter leide aber mutmaßlich die Performance, heißt es in der Analyse. „Leider ist es – gerade in den deutschsprachigen Gefilden – unüblich, Fonds für neue Gelder zu schließen, mitunter auch dann, wenn die Fondsstrategie zu verwässern droht.“
Laut der herrschenden Finanzmarkttheorie ist es in illiquiden Nischenmärkten einfacher, eine Outperformance zu erzielen. Diese Märkte seien weniger informationseffizient. Außerdem gelten kleine Unternehmen als langfristig rentabler (im Fachjargon auch Size-Faktor genannt).
Daneben können große Fonds durch die eigene Nachfrage nach einem Wertpapier den Kurs desselben nach oben treiben. Diese sogenannten „market impact costs“ (zu deutsch Markteinwirkungskosten) können die Performance großer Fonds drücken. Dementsprechend beobachtet der Vermögensberater Gerd Kommer, dass die deutschen Giga-Fonds ihre Outperformance über einen relativ kurzen Zeitraum in der Vergangenheit aufgebaut haben und anschließend hinter dem Markt zurücklagen.
Können lässt sich kaum von Glück unterscheiden
Untersuchungen wie die Spiva-Studie des Indexanbieters S&P oder das Aktiv-Passiv-Barometer der Ratingagentur Morningstar berichten regelmäßig, dass die meisten Fondsmanager schlechter abschneiden als ein Index oder ein ETF. Bloß 10 bis 20 Prozent schaffen es über Zeiträume von 10 bis 15 Jahren, besser zu performen.
Glück lässt sich zudem kaum von Können unterscheiden. Laut einer Studie des US-Nobelpreisträgers Eugene Fama und des Finanzökonomen Kenneth French sind bloß 3 Prozent aller US-Fondsmanager fähig, nach Kosten dauerhaft besser abzuschneiden als ein Index. Allerdings würden sich diese drei Prozent nicht von anderen Fondsmanagern unterscheiden lassen, die bloß durch Glück über lange Zeiträume outperformen.
Statistisch gesehen sei nämlich auch über lange Zeiträume mit Zufallsgewinnern zu rechnen. Wer daher in ein Portfolio aus den Top-3-Prozent der aktiven Fonds investiere, fahre am Ende nicht besser als mit passiven ETFs, schreiben Fama und French.
Es gibt denn auch Fondsmanager, die über 15 oder 18 Jahre spektakuläre Überrenditen einfuhren und anschließend hinter einen Index zurückfielen oder sogar hohe Verluste verbuchten. Das gilt etwa für die Fondsmanager Bill Miller (15 Jahre in Folge besser als der S&P 500) oder den Hedgefonds-Manager Julian Robertson (18 Jahre Outperformance).
Kosten sind entscheidend
Morningstar hält denn auch vor allem die Kosten für entscheidend. Laut einer Untersuchung der Ratingagentur aus dem Jahr 2022 rentieren große Fonds besser. Das liege aber vor allem an den geringeren Kosten, erklärt der Mitautor Matias Möttöla gegenüber DWN.
Demnach waren die größten 25 Prozent der Aktienfonds zwischen 2007 und 2021 um 0,64 Prozentpunkte pro Jahr besser als die kleinsten 25 Prozent. Ebenfalls deutlich war der Vorsprung bei Anleihenfonds (0,28 Prozentpunkte pro Jahr) und Mischfonds (0,6 Prozentpunkte pro Jahr).
Die kleinen Fonds waren um mehrere Zehntel Prozentpunkte pro Jahr teurer. Eine Verwaltungsgebühr von 1 Prozent bringe einem Fonds mit 20 Millionen Euro Fondsvermögen gerade einmal 200.000 Euro pro Jahr ein, erklärte Möttöla. Das reiche nicht aus, um die Kosten für etwa Research oder Personal zu decken.
Möttöla sieht in den kleinen Fonds ein größeres Problem. Die Giga-Fonds seien in Europa bloß eine kleine Gruppe. Jeder zweite Fonds sei kleiner als 74 Millionen Euro. In Deutschland liege die Median-Fondsgröße sogar bei 43 Millionen Euro, führt der EMEA-Direktor für Manager-Research gegenüber DWN aus. „Das größere Problem besteht darin, dass zu viele Fonds klein und teuer sind und das Geld der Anleger nicht wert sind.“