Wirtschaft

Flixbus, Sixt & Co: Das sind die Profiteure des Bahnstreiks

Die ständigen Bahnstreiks helfen der Mobilitäts-Konkurrenz. Bahnkunden wenden sich gezwungenermaßen den Alternativen zu. Vor allem Busanbieter und Autovermieter machen jetzt tolle Geschäfte. Es profitieren aber auch Branchen, an die man nicht sofort denken würde.
02.02.2024 07:30
Lesezeit: 3 min
Flixbus, Sixt & Co: Das sind die Profiteure des Bahnstreiks
Flixbus zählt zu den größten Profiteuren der jüngsten Bahnstreiks. (Foto: dpa)

Bahnreisende und Pendler hatten es zuletzt nicht gerade leicht. Bei den ganzen Zugausfällen lassen sich Zugfahrten kaum noch vernünftig planen. S-Bahn-, Regional- und Fernverkehr der Deutschen Bahn operieren während der Streikperioden nur mit einem stark reduzierten Notfahrplan. Zudem kann sich der Status quo bezüglich der Streiks der Lokführergewerkschaft GDL jeden Tag ändern. Eine ärgerliche Situation.

Flixbus verdoppelt Buchungen

Es ist allzu logisch, dass sich jetzt viele Bahnfahrer Alternativen suchen. Wer nicht selber fahren will, denkt an Fernbusse und dabei vermutlich zuallererst an Flixbus. Der Marktführer kann inzwischen ein weites Netz an Busverbindungen zwischen den größeren Städten innerhalb Deutschlands und der angrenzenden Länder vorweisen.

Die Nachfrage habe sich im Zuge des jüngsten Streiks, der vorläufig am Montagmorgen endete, mehr als verdoppelt, erklärte eine Pressesprecherin von Flix auf DWN-Anfrage. In der Vergangenheit sei es in vergleichbaren Situationen meist ähnlich gewesen. Auf beliebten Strecken wie Hamburg-München musste der Konzern sogar zusätzliche Busse einsetzen. Schon im Dezember hatte Flixbus dank der damaligen Bahnstreiks und trotz des Schneechaos mehr als doppelt so viele Buchungen ab und nach München bedient, wie das Unternehmen in einer Pressemitteilung bekannt gab.

Die Preise sind zwischenzeitlich in die Höhe geschossen – eine logische Konsequenz des dynamischen Preissystems von Flix, das kurzfristiges Buchen generell unattraktiv macht. Logischerweise waren zuletzt viele Flixbus-Verbindungen schnell ausgebucht und es kam vereinzelt zu Serverproblemen. Recherchen des Autors dieser Zeilen, der privat selbst von den Bahnstreiks betroffen ist, stellten für Ende Januar eine kurzfristige Verdreifachung der sonst üblichen Preise zwischen Nürnberg und Berlin fest. Zudem profitierte Flix von einer deutlich erhöhten Nachfrage in der hauseigenen Zugsparte „Flixtrain“, wo denn auch bei Fahrten zwischen den großen Metropolen Preissteigerungen von 200 Prozent und mehr zu beobachten waren. Günstigerweise für die Bürger hatte Flixtrain den Fahrplan letztes Jahr deutlich erweitert, sodass inzwischen 60 Städte abgedeckt werden.

Gute Geschäfte für Autovermieter und E-Scooter-Anbieter

Mietwagen-Firmen machten zuletzt ebenfalls gute Geschäfte. So bestätigt etwa ein Pressesprecher von Hertz gegenüber den DWN eine verstärkte Nachfrage nach Mietfahrzeugen, besonders an den gängigen Knotenpunkten. Einen langfristig positiven Effekte über die Streikperioden hinaus konnte man bei den Buchungen aber nicht feststellen. Marktführer Sixt gibt sich da bedeckter und lässt lediglich über einen Unternehmenssprecher verlautbaren, dass sich die Verfügbarkeit von Mietwagen im Rahmen von Streiks im Bahnverkehr „sehr dynamisch“ gestalten würde.

Über die Preisentwicklung wollten sich beide Anbieter auf unsere Anfrage hin nicht explizit äußern. Über Preisvergleichsportale wie „billiger-mietwagen.de“ lassen sich aber leicht Richtwerte berechnen. Dies hat etwa das Fachportal „Auto Motor Sport“ getan und dabei beim neuesten Streik für Mietwagen-Gebühren zwischen bekannten Großstädten Preiserhöhungen von um die 100 Prozent festgestellt. Interessanterweise fiel der Preisanstieg beim vorletzten Streik Mitte Januar noch deutlich geringer aus.

Carsharing-Anbieter wie Bolt und Miles gehören auch zu den Profiteuren. „Die Anzahl der Taxi- und Mietwagenbuchungen hat sich an diesen Tagen im Schnitt um 19 Prozent erhöht“, berichtet ein Bolt-Sprecher gegenüber den Nürnberger Nachrichten zur Geschäftsentwicklung bei den ersten beiden Streiks. Speziell beim Carsharing kam es zu einem Anstieg von 13 Prozent.

Bolt hat auch E-Scooter im Portfolio. Im Zuge des aktuellen Bahnstreiks erhöhten sich die Buchungen hier um 13 Prozent, bei E-Bikes 35 Prozent. Es ist zu erwarten, dass diese Zahlen bei einem möglichen neuen Streik weiter nach oben gehen, wenn höhere Temperaturen herrschen.

Fluganbieter profitieren, aber wie lange noch?

Und wie steht es mit den Fluggesellschaften? Bei längeren Strecken können Inlandsflüge eine attraktive Option darstellen. Die Lufthansa-Billigtochter Eurowings erklärte gegenüber verschiedenen Medien, dass man die höchsten Buchungseingänge seit mehr als vier Jahren verzeichnen konnte. Besonders die innerdeutschen Strecken seien dabei gefragt gewesen. An den Standorten Düsseldorf, Köln, Hamburg und München setzt Eurowings aktuell auf größere Flugzeuge.

Ob die Airlines auch in Zukunft von den Bahnstreiks profitieren können, ist jedoch höchst unsicher. Denn durch die deutschlandweiten Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals werden nun auch Inlandsflüge massiv beeinträchtigt. In Berlin, Hannover, Leipzig/Halle, Stuttgart und Hamburg wurden sämtliche Flüge gestrichen (stand 1. Februar). Auch an Deutschlands größtem Flughafen Frankfurt fallen viele Starts aus.

Dauerhafte Abkehr von der Deutschen Bahn nicht erkennbar

Die Menge an Menschen, die von den ständigen Bahnstreiks betroffen sind, ergeben zusammen durchaus eine kritische Masse. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für t-online kristallisierte sich heraus, dass rund ein Drittel der gesamten Bevölkerung von den Streiks betroffen ist. 22 Prozent der Befragten gaben an, auf das eigene Auto oder einen Mietwagen zu wechseln. Sechs Prozent fuhren stattdessen mit dem Bus, fünf Prozent mit dem Fahrrad. Jeweils ein Prozent der Befragten nahmen ein Taxi oder Car-Sharing-Auto, um zu Terminen, zur Arbeit oder zu Verabredungen zu gelangen.

Ob all diese Menschen der Deutschen Bahn mittelfristig den Rücken kehren werden und nun vermehrt – auch außerhalb der Streikperioden – auf die Mobilitäts-Alternativen setzen werden? Hertz konnte keine nachhaltige Steigerung der Mietwagen-Buchungen feststellen. Sixt und Flixbus ließen unsere Anfrage dahingehend unbeantwortet. Es scheint stand jetzt nicht absehbar, ob sich Reisende und Pendler von der Deutschen Bahn abwenden wollen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

Jakob Schmidt

                                                                            ***

Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungskonzern KNDS übernimmt Alstom-Werk in Görlitz und sichert Arbeitsplätze
05.02.2025

Der Rüstungskonzern KNDS übernimmt das Alstom-Werk in Görlitz. In einer feierlichen Zeremonie unterzeichneten die Unternehmen eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Investments 2025: „Gold ist der beste Maßstab für den Wert von Bitcoin, den wir haben“
05.02.2025

Bitcoin-ETFs, politische Entscheidungen und die Goldkorrelation bestimmen die Spielregeln für Bitcoin 2025. Was das für Anleger bedeutet,...

DWN
Immobilien
Immobilien Mehr KfW-Fördermilliarden - auch durch Heizungsgesetz
05.02.2025

Bei der politisch umstrittenen Förderung klimafreundlicher Heizungen verzeichnet die staatliche KfW seit Jahresende 2024 einen merklichen...

DWN
Panorama
Panorama Elf Tote in Schweden: Was ist passiert?
05.02.2025

Nach einer Schießerei an einer Erwachsenenbildungseinrichtung in Schweden bleiben viele Fragen offen. Mindestens elf Menschen starben,...

DWN
Politik
Politik Viererrunde bei RTL: Scholz, Merz, Weidel und Habeck im TV-Schlagabtausch
05.02.2025

Die klassische TV-Schlacht zwischen zwei Kanzlerkandidaten gerät in die Kritik. RTL reagiert und lädt Scholz, Merz, Weidel und Habeck zu...

DWN
Panorama
Panorama USA wollen Gazastreifen übernehmen
05.02.2025

Donald Trump will den Gazastreifen übernehmen und wirtschaftlich entwickeln. Dafür soll das vom Krieg gezeichnete Gebiet erst geräumt...

DWN
Politik
Politik Wagenknecht knüpft politische Zukunft an Wahlerfolg
05.02.2025

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht kämpft um den Einzug in den Bundestag – und knüpft daran ihre politische Zukunft. Mit einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen verstärken Investitionen in Mittel- und Osteuropa
05.02.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass immer mehr deutsche Unternehmen überlegen, ihre Produktion nach Mittel- und Osteuropa zu verlagern....