Politik

Liefert Deutschland bald Taurus an die Ukraine? Antrag zu Waffen für Kiew geplant

Lesezeit: 3 min
20.02.2024 07:12  Aktualisiert: 20.02.2024 07:12
Mit Taurus-Marschflugkörpern soll die Ukraine auch militärische Ziele hinter der Frontlinie angreifen können, so heißt es im Antragsentwurf der Fraktionschefs. Liefert Deutschland die Waffen also bald an die Ukraine? Klar ist: Im Taurus-Streit wächst der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Liefert Deutschland bald Taurus an die Ukraine? Antrag zu Waffen für Kiew geplant
Ein Bundeswehr-Kampfjet Tornado bestückt mit dem Lenkflugkörper Taurus. (Foto: dpa)
Foto: Andrea Bienert

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Streit um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine wird konkreter: Die Koalitionsfraktionen wollen die Bundesregierung im Bundestag gemeinsam auffordern, weitere Waffen an die Ukraine zu liefern - und zwar Systeme, die weit hinter die russische Frontlinie reichen.

Im Entwurf für einen gemeinsamen Koalitionsantrag werden die Taurus, gegen die Scholz sich bisher sträubt, zwar nicht namentlich erwähnt. Das Papier der Fraktionsvorsitzenden, das dem Magazin "Stern" und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, fordert aber "die Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition, um die Ukraine (...) in die Lage zu versetzten, völkerrechtskonforme, gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen".

An diesem Dienstag tagen die Bundestagsfraktionen intern. Der Antrag von SPD, Grünen und FDP soll laut "Stern" in dieser Woche im Parlament zur Abstimmung gestellt werden. Formeller Anlass ist der zehnte Jahrestag der Invasion Russlands auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim.

Wie die Forderung begründet wird

"Insbesondere muss die Ukraine auch künftig in die Lage versetzt werden, Angriffe auf militärische Ziele wie Munitionsdepots, Versorgungsrouten und Kommandoposten weit hinter den Frontlinien durchzuführen und ihre Soldatinnen und Soldaten vor den vielgestaltigen Attacken des russischen Militärs bestmöglich schützen zu können", heißt es im Antragsentwurf der Fraktionschefs. "Der Bundestag begrüßt daher die Lieferungen von Lenkflugkörpern unserer französischen und britischen Partner an die Ukraine.

Der Einsatz von präzisen Abstandswaffen zur Landesverteidigung ist mit dem Völkerrecht vereinbar und für den Schutz der Ukraine unverzichtbar." Großbritannien und Frankreich liefern der Ukraine bereits seit langem Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp. Diese gelten aber als nicht so präzise und leistungsstark wie Taurus.

Was Taurus eigentlich sind

Taurus-Marschflugkörper werden von Flugzeugen aus abgefeuert. Sie sind eine Art selbst lenkende Raketen. Sie können Ziele in bis zu 500 Kilometern Entfernung mit großer Präzision treffen. Moskau liegt etwas weniger als 500 Kilometer Luftlinie von der ukrainischen Grenze entfernt, also in Taurus-Reichweite.

Wie Scholz bisher agiert

Die Regierung der angegriffenen Ukraine hatte die Taurus-Marschflugkörper im Mai 2023 offiziell von Deutschland erbeten. Der Kanzler erklärte im Oktober, dass Deutschland Taurus vorerst nicht liefern werde. Dahinter steht die Befürchtung, dass die Flugkörper russisches Territorium treffen könnten und Russland dies als direkten Angriff mit deutscher Beteiligung werten würde. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wich Scholz am Samstag der Frage aus, ob er sie vielleicht doch noch freigeben will. Er versicherte in einem Interview lediglich, dass Deutschland immer genug tun werde, um die Ukraine zu unterstützen. Auch gegen die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern hatte sich Scholz zunächst lange gesträubt: Im Januar 2023 gab er dann nach, nachdem die USA die Lieferung von Abrams-Panzern zugesagt hatten, im März wurden sie geliefert.

Was die Koalitionspartner wollen

FDP und Grüne werben seit langem dafür, der Ukraine mit Taurus-Waffen die Möglichkeit zu geben, russische Nachschublinien hinter der Front zu attackieren. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wollten die beiden kleineren Regierungsfraktionen die konkrete Taurus-Forderung in einem gemeinsamen Ampel-Antrag zum zweiten Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar unterbringen.

Nun scheint es eine leicht entschärfte Version ohne Nennung des Namens Taurus zu werden. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour drückte unmittelbar vor der Sicherheitskonferenz und dem dortigen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch einmal aufs Tempo: "Es ist richtig, dass die Ukraine eine Entscheidung bekommen sollte. Bald. Weil das schon sehr lange anhängig ist", sagte er vergangene Woche der dpa.

Was noch im Antrag steht

"Die Ukrainerinnen und Ukrainer müssen auch längerfristig in die Lage versetzt werden, sich der Aggression des russischen Präsidenten Putin entgegenzustellen. Das ist eine unverzichtbare, klare Botschaft an den russischen Präsidenten, der offensichtlich darauf setzt, dass die internationale Unterstützung der Ukraine nachlässt", heißt es im Antragsentwurf. "Die Europäische Union sollte sich zum Ziel setzen, die langfristige Unterstützung der Ukraine aus eigener Kraft sicherstellen zu können."

Gefordert wird auch, die Ukraine "mit der Lieferung von gepanzerten Kampfsystemen und geschützten Fahrzeugen weiter zu stärken". Das Papier enthält darüber hinaus eine Vielzahl von Forderungen an die Bundesregierung politischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Art: etwa weitere Sanktionen zu unterstützen; für die Aktivierung eingefrorener russischer Vermögen zugunsten der Ukraine einzutreten; die Dokumentation von Völkerrechtsverbrechen zu unterstützen; den Ministerien zu empfehlen, ukrainische Namen und Orte in ukrainischer statt russischer Schreibweise zu benennen. (dpa)


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...