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Software im Auto: Hat Deutschland den Anschluss zur Weltspitze verloren?

Lesezeit: 4 min
13.03.2024 10:30
Moderne Software wird für Autos der Zukunft immer wichtiger. Laut einer aktuellen Analyse haben Deutschlands Autobauer auf diesem Gebiet Nachholbedarf. Während Tesla die Rangliste anführt, verdeutlicht die Studie die Herausforderungen, vor denen die deutschen Automobilhersteller stehen, um im globalen (IT-)Wettbewerb Schritt zu halten.
Software im Auto: Hat Deutschland den Anschluss zur Weltspitze verloren?
Zu sehen ist das Cockpit eines Volkswagen ID.Buzz - Deutschlands Autokonzerne hinken im IT-Bereich der Konkurrenz aus China noch etwas hinterher. (Foto: dpa)
Foto: Ole Spata

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Deutsche Automobilhersteller befinden sich, was moderne Software und IT-Systeme angeht, nur noch im Mittelfeld der Welt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Analyse der Unternehmensberatung Horváth. Die Analyse entstand im Rahmen einer größeren Studie mit dem Titel „Software-driven - Transformation in der Automobilindustrie“ und berücksichtigt sowohl technologische als auch organisatorische Aspekte. Betrachtet wurden die Autohersteller in den drei größten Märkten Nordamerika, Europa und China.

Tesla und drei Firmen aus China dominieren Markt

In der Horváth-Rangliste steht der amerikanische Platzhirsch Tesla ganz oben. Tesla ist bezüglich „Software-definierter Fahrzeuge” technologischer Vorreiter, die Spitzenplatzierung überrascht daher nicht. Auf Platz zwei bis vier folgen mit dem E-Autobauer Nio, dem Elektrotechnologie-Konzern Xiaomi und dem Elektroauto-Startup Xpeng drei chinesische Anbieter. Die chinesischen Automobilproduzenten orientieren sich mit ihrem umfangreichen IT-Angebot auch an der Software-Verliebtheit der heimischen Bevölkerung. Erst auf den weiteren Plätzen tauchen die deutschen Autokonzerne auf.

„Das Selbstverständnis ist ein anderes: Während die ausländischen Tech-Giganten ihre Stärken in der Auto-Digitalisierung ausspielen, hinken die historisch gewachsenen deutschen Autobauer hinterher. Agile Strukturen und eine konsequente schnelle Transformation werden zum Schließen der Lücke benötigt”, sagt Tobias Bock, Automobilexperte bei Horváth.

Software wird künftige Autogenerationen definieren

„Nach dem Motto Software first! müssen Autos neu gedacht werden. Die Chancen, die sich rund um softwaredefinierte Fahrzeuge, sogenannte SDV, bieten, sind enorm“, so Bock. „Neue Player am Automarkt aus China und den USA haben dies bereits in ihrer DNA. Sie sind in der Software SDV-Industrie um Jahre voraus. Daher fällt ihnen das Entwickeln neuer Angebote leichter.“

Für die Autogenerationen der Zukunft sind neben der Antriebstechnologie zwei Dinge besonders wichtig: Software und der damit verbundene firmeneigene Datenschatz. Es geht hier nicht nur um das „Smart Cockpit“, also die Internet-Funktionalität, Touchscreen, Sprachassistenz-, Navigations-, KI- und Entertainment-Systeme. Autonomes Fahren oder in abgeschwächter Form die aktuellen Autopiloten sind beispielsweise ein Riesenthema, auch wenn es hier zuletzt zu einigen Rückschlägen kam. IT-Systeme können auch die Effizienz von E-Motoren erhöhen und die Sicherheit beim Fahren steigern.

Manche Tech-Firmen wie die Google-Tochter „Waymo“ und die Intel-Abspaltung „Mobileye“ konzentrieren sich komplett auf Automobil-Software im Bereich autonomes Fahren, was alleine für sich schon ein Milliardenmarkt ist. Sogar Deutschlands größter Autozulieferer Bosch, dessen Chef sich jüngst zum Verbrennungsmotor bekannt hat, arbeitet an einer generativen Künstlichen Intelligenz (KI) fürs autonome Fahren – unter anderem zusammen mit Microsoft.

Für die Autobauer ergeben sich dadurch technologische Herausforderungen, die sich aber auch in höheren Umsätzen niederschlagen dürften. „Prognosen zeigen einen starken Anstieg der durch Software-Einsatz ermöglichten Umsätze von jährlich zwischen 10 und 15 Prozent. Für OEMs (also Erstausrüster) bieten sich hier neue Einkommensquellen wie zum Beispiel Connected Service Sales, Data-as-a-Service oder Mobility-on-Demand.“, erklärt Tobias Bock.

Deutsche Autokonzerne mit falschem Fokus?

Für Deutschlands Autobauer ist IT kein Fremdwort, aber ihre Stärken liegen eher in anderen Bereichen. So haben deutsche Autokonzerne und ihre Zulieferer jahrzehntelang das Verbrennungsauto optimiert und unzählige verschiedene Varianten einzelner Modelle produziert. Die hierbei erworbenen Kenntnisse lassen sich jedoch nicht auf die Implementierung hochmoderner IT-Systeme übertragen.

Darüber hinaus hat vor allem die chinesische Kundschaft ganz andere Vorlieben als die Käufer in Deutschland und Europa, was es den deutschen Autobauern zusätzlich schwer macht. Insbesondere der chinesische Markt ist ungeheuer wichtig für Umsatz und Gewinn – in der Gegenwart und noch viel mehr in der Zukunft. Analystenschätzungen zufolge wird Chinas Automarkt 2030 ungefähr doppelt so groß sein wie in Europa und den USA zusammen.

„Die Erwartungen der Kunden in den Kernmärkten beeinflussen natürlich die Schwerpunkte in der Automodell- und Softwareentwicklung – und die Unternehmen haben nicht die Ressourcen, auf allen Hochzeiten gleichzeitig und gleich gut zu tanzen“, sagt Bock.

Europäische Kunden legen oftmals noch großen Wert auf Qualität und Komfort. Konnektivität und Infotainment ist dagegen in Asien besonders wichtig. Auch Tesla fokussiert sich auf die IT-Technik und spart dafür Zeit und Geld beim Karosseriebau, der nach rigorosen Effizienz-Kriterien abläuft. Tesla, Nio, Xiaomi und viele andere agieren im Gegensatz zu den Deutschen nicht wie klassische Autobauer, sondern eher als Software-Unternehmen.

„Mit dem Aufkommen von neuen Technologien im Rahmen der Elektrifizierung und des SDV laufen neue, technologisch offenere und schneller agierende Unternehmen traditionellen Marken wie BMW, Daimler und VW den Rang ab.“, heißt es in der Studie.

Horváth-Experte Tobias Bock sieht dringenden Handlungsbedarf – ansonsten würden die deutschen Autohersteller riskieren, beim Smart Cockpit den Anschluss zu verlieren. Jetzt gelte es, den Fokus auf bessere Organisation und Geschwindigkeit zu setzen. „Das heißt vor allem, interne Bürokratie abzubauen und Entscheidungen zu beschleunigen. Auf dem Weg zum digitalisierten Fahrzeug braucht es mehr Entschlossenheit, Wagnis und Tempo.“

"Autopapst" sieht deutsche Firmen gut aufgestellt

Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer ist da optimistischer gestimmt. Zwar seien chinesische Hersteller eindeutig führend, was IT-Systeme und Smart Cockpit betrifft. Aber der Vorsprung sei nicht riesengroß und - etwa für japanische, koreanische und auch deutsche Autobauer - durchaus aufholbar, so der Direktor des CAR Center Automotive Research in Bochum im Gespräch mit den DWN.

„Die Chinesen haben einen klaren Vorteil durch ihren gigantischen Datenschatz“, meint der Autoexperte. Gesammelt werden die Daten bei (teil-)autonomen Fahrten, ersten Robotaxen in den Großstädten wie Peking und Shenzhen und von den Smart Cockpits der PKW-Fahrer. Mit den riesigen Mengen an Kundendaten werden dann Algorithmen gefüttert und KI trainiert.

Dudenhöffer sieht Deutschlands Autokonzerne hier klar im Nachteil. Dennoch seien sie insgesamt gut aufgestellt und deutlich besser als europäische Konkurrenten wie Renault und Stellantis. Tesla als Technologie-Vorreiter inklusive eigenem Zentral-Chip sei ein Sonderfall, aber mit den sonstigen amerikanischen Herstellern könnten die deutschen locker mithalten.

Mercedes etwa gilt vor allem im autonomen Fahren als gut positioniert, und zwar weltweit. Volkswagen habe derweil die Wichtigkeit von moderner IT längst erkannt und jetzt mit den Chips von „Horizon Robotics“ und der Beteiligung an der chinesischen Partnerfirma „Xpeng“ die Weichen für die (Software-)Zukunft gestellt.

Zum Schluss fragten wir den Autoexperten noch, wie kostenintensiv es ist, in die Entwicklung und Implementierung von besseren IT-Systemen zu investieren. Das sei sehr unterschiedlich. „Das Rad neu zu erfinden, ist sehr teuer“, erklärt Dudenhöffer. Aber es gäbe häufig sinnvollere Möglichkeiten. Als Beispiel nennt er Navigations-Systeme, wo VW, BMW und Co. früher für viel Geld eigene Software entwickelten und mittlerweile doch auf Google Maps setzen.

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Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.


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