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Vom Erfolg zur Krise: Wie Adidas seine Dominanz im Sportmarkt verlor

Lesezeit: 4 min
19.05.2024 08:43
Adidas, einst ein Riese im Sportmarkt, kämpft nach katastrophalen Kooperationen und einem Börsenabsturz gegen den Aufstieg von Nike. Mit aggressivem Marketing und neuen Markenbotschaftern versucht Adidas, wieder in die Spitze zu gelangen, während die Rivalität der beiden Marken die Welt in Atem hält.

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Im dynamischen und hart umkämpften Markt der Sportartikelhersteller stehen sich zwei Schwergewichte gegenüber: Adidas und Nike. Während Adidas einst als Pionier galt und mit innovativen Produkten die Branche prägte, sieht sich das Unternehmen nun mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die seine einstige Dominanz in Frage stellen. Diese Entwicklung wird vor allem durch fragwürdige Kooperationen, Marketingstrategien und den unaufhaltsamen Aufstieg von Nike vorangetrieben.

Der deutsche Sportartikel-Hersteller Adidas ist nicht nur in den Bilanzen weit hinter Nike zurückgefallen, sondern hat sich durch fragwürdige Kooperationen und Marketing-Strategien selbst ins Hintertreffen katapultiert. Das Drama hat dabei mindestens zwei Namen: das Modelabel „Yeezy“ und die damit verbundene Kollaboration mit dem durchgeknallten US-Rapper Kanye West, die Adidas bei 21,4 Milliarden Euro Umsatz einen Nettoverlust von 58 Millionen Euro in die Bilanz gebrannt hat. Anfang 2023 sah es vorübergehend sogar so schlimm aus, als könnte das befürchtete Minus sogar in den dreistelligen Millionen-Bereich anschwellen, worauf der Börsenkurs von Adidas geradezu kollabierte.

Doch dann schaffte es Adidas immerhin, in einem gigantischen Ausverkauf seine prall gefüllten Lagerbestände mit den „Yeezy“-Robotniks zu verramschen. „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“ - die alte Floskel stimmte mal wieder auffällig. Was im übrigen auch für die missglücke Liaison mit Beyonce Knowles gilt, von der sich Adidas 2023 ebenfalls verabschiedet hat.

Das Drama hat zwei Namen: Kanye West und sein Label „Yeezy“

Statt wie die Dassler-Brüder Rudolf und Adolf einst noch zusammen bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 den Sprinter Jesse Owens mit pfiffigen Spikes und nach dem Krieg (und der Gründung von Adidas 1949) die deutschen Kicker mit patentierten Stollenschuhen auf den Platz zu schicken, hat sich Adidas seit den frühen 90er-Jahren immer mehr ins Lifestyle-Segment bewegt und schwarze Rap- und Soul-Musiker mit Sneakers und Mode-Artikeln ausgestattet. Legendär war die Hymne „My Adidas“ der Hip-Hop-Kombo Run DMC, mit dem der deutsche Sportschuhhersteller weltweit zu einer wahren Kult-Firma avancierte und um den sich zugleich die Musikgeschichte Amerikas drehte.

Beim Sport-Marketing kochte Nike-Gründer Philip Knight die Deutschen allmählich ab - mit einem regelgerechten Masterplan (tatsächlich Knights Masterarbeit an der kalifornischen Stanford-Universität) wie unlängst in dem Spielfilm „Air - Der große Wurf“ Gründung und Aufstieg von Nike Inc. sehr trefflich dargestellt worden ist. Nach japanischem Vorbild und den entsprechenden Blaupausen im Bereich Unterhaltungselektronik hatte sich Phil Knight in den 60er-Jahren vorgenommen, genauso die Vorherrschaft von Adidas und Puma auf dem Sportschuh-Markt in den USA zu brechen.

Mit Running-Shoes nach Vorbild der japanischen Marke Onitsu Tigers (heute als Asics bekannt) fing Knights ursprüngliche Firma Blue Ribbon Sports mit wenigen hundert Dollar Startkapital an. Nach der griechischen Siegesgöttin Nike umbenannt, gelang es der Firma dann während des ersten Jogging-Hypes Anfang der 70er-Jahre mit ihrem ikonoklastischen Swoosh (statt der drei Streifen von Adidas und dem springenden Puma) immer mehr Marktanteile zu gewinnen. Vor allem die geriffelten, anfangs mit einem Waffeleisen hergestellten Sohlen, die teils noch heute verwendet werden, sorgten bei Läufern für Furore. Anno 1972 kam der Cortez-Laufschuh auf den Markt - erstmals mit jenem heute so berühmten Nike-Logo. Die Umsätze verdoppelten sich anfänglich von Jahr zu Jahr. Von 28,7 Millionen Dollar im Jahr 1973 auf 867 Millionen 1983.

Dann wurde die erste Luftpolsterung im Air Force 1 eingeführt und Nike machte Converse sukzessive den lukrativen Markt mit Basketball-Schuhen streitig, um die alte Hooper-Kultmarke schließlich gänzlich zu schlucken. Der Coup, um den sich auch im Spielfilm dramaturgisch alles dreht, war schließlich 1985 der Exklusiv-Vertrag mit dem Basketball-Superstar Michael Jordan von den Chicago Bulls, der zur Einführung des Labels Air Jordan führte - bis heute der meistverkaufte Sportschuh der Welt, in jeder nur erdenklichen Farbe erhältlich und ein Sammlergegenstand für Generationen von Sneakerheads.

Von Spikes und Stollenschuhen zur Luftpolsterung - die Sneaker-Technology

Bis in die 90er-Jahre konnte Adidas in der Marken-Rivalität mit Nike noch ziemlich gut mithalten. Seitdem versuchen beide Firmen, sich gegenseitig in ihrer Art Dauerfehde die besten Sportler und Mannschaften der Welt als Markenbotschafter abzujagen. Es ist auch eine Art Ausdauer-Wettbewerb um die Dominanz in bestimmten Sportarten, die erst durch die Neugründung von Lululemon im Yoga-Bereich durchbrochen worden ist - wobei Nike inzwischen auch in diesem Bereich mit seinen Leggings verstärkt um Kundschaft buhlt.

Neue Geschäftsfelder sind inzwischen rar geworden, weswegen Nike und Adidas sich mittlerweile auch leidenschaftlich vor Gericht streiten und auseinandersetzen. Derzeit mal wieder in einem Battle vor dem Landgericht in Düsseldorf, wo es (als inkriminierte Beweisstücke) um fünf Billig-Turnhosen von Nike geht, die nach einer neuerlichen Klage gegen das Streifen-Privileg und Abstandsverbot des Markenrechts verstoßen haben sollen. Ende Mai wird hier ein Urteil erwartet, was für neuen Ärger in Mittelfranken sorgen könnte, wenn es wieder schiefgehen sollte, im Fight Adidas vs. Nike, der wie Pepsi gegen Coca-Cola die Welt jahrelang in Atem hielt.

Wobei es heute zumindest nicht mehr persönlich um den Kampf der Dassler-Erben gegen Philip Knight geht. Der amerikanische Entrepreneur ist 2005 als Vorstand bei Nike abgetreten und gilt mit über 40 Milliarden Euro Vermögen heute als einer der reichsten Männer der Welt. Bei Adidas mit seinen fast 60.000 Angestellten bewegt und erhitzt inzwischen wohl auch nur noch der Börsenkurs die Gemüter - und den beständig wechselnden Vorstand. Phil Knight gegen die Stupid Germans aus Herzogenaurach ist fürs Kino noch einmal als typische Hollywood-Reminiszenz von Gut gegen Böse nachgestellt worden. Ökonomisch ist das Gegeneinander längst entschieden.

Lange traurige Abschiedstournee durch die Fußball-Arenen dieser Welt

So beginnt für Adidas mit der Euro 2024 im Juni eine zwar mehrere Jahre lange, aber wohl unter dem Strich traurige Abschieds-Tournee durch die Fußball-Arenen dieser Welt. Vor allem die WM in Nordamerika (zugleich in den USA, Kanada und Mexiko) 2026 könnte noch einmal für Aufmerksamkeit sorgen und vielleicht sogar ein kulturelles Ausrufezeichen setzen. So schlimm wie Mitte der 90er-Jahre, als sich die Geschäftsführung völlig verzettelte und Robert Louis-Dreyfus 1994 durch Übernahme die Firma vor einer drohenden Pleite gerettet hat, ist es heute sicher nicht.

Zum einen verfügt Adidas seit dem Börsengang in Frankfurt/Main 1995 mit 65 Prozent breit gestreuten Einzelaktionären auf aller Welt über eine solide Stellung in der internationalen Fashion-Branche und steckt nur wegen des Dämpfers im Fußball-Segment mitnichten in neuerlicher Insolvenz-Gefahr. Zum anderen hat es jetzt andere vielversprechende Werbeträger unter Vertrag, die der Jugend und unter Stylern als Leitfiguren und Fixsterne gelten. Katy Perry und Pharrell Williams im Musikgenre zum Beispiel. Und im Fußball immer noch mit Vorbildern wie Lionel Messi und David Beckham.

Und das Ärgernis DFB? Ob Robert Habeck Fußballfan bleibt, obwohl er in Zukunft Nike-Hemden kaufen muss, wird sich erweisen. Die guten alten Gerd-Müller-Shirts mit Nummer 9 auf dem Rücken (und ohne nervige Werbebanner) als Putzlappen zu verarbeiten, dafür bleiben sie zu schade - die könnte man den Enkelkindern vermachen. Ansonsten ist spätestens mit dem Titel des Teams alles wie vergessen, oder?

 

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Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.


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