Finanzen

Wohin nur mit dem vielen Geld? Die Vermögen der Reichen in einer neuen Studie

Lesezeit: 4 min
08.06.2024 11:57  Aktualisiert: 08.06.2030 07:00
Nun haben wir es noch mal schriftlich: Deutschland ist eines der Länder mit den meisten Millionären weltweit. Das berichtet das in Paris ansässige Beratungsunternehmen Capgemini in seinem neuen Wealth-Report. Genau 1,646 Deutsche dürfen mit Stolz behaupten, Millionäre zu sein - mindestens das. Die DWN verrät Ihnen, was sie mit dem lieben Geld so alles anstellen.
Wohin nur mit dem vielen Geld? Die Vermögen der Reichen in einer neuen Studie
Er wäre gerne Millionär geworden: Der Kaufhaus-Erpresser Arno Funke, alias „Dagobert“, mit seinem Buch „Mein Leben als Dagobert“. (Foto: dpa)
Foto: Peer Grimm

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Die Zahl der Menschen, die über ein Vermögen von mindestens einer Million Dollar verfügen, ist mal wieder auf einen neuen Rekordwert angestiegen. 22,8 Millionen Menschen weltweit gehören zu dieser besonderen Spezies. Was ein Plus von über fünf Prozent zum Vorjahr bedeutet. Die meisten Reichen sind Amerikaner mit 7,431 Millionen, wen wundert's. Silber holt Japan mit 3,777 Millionen Millionären. Aber Deutschland verteidigt immerhin wacker den dritten Platz - vor der Volksrepublik China (1,5 Millionen).

Das hat die Beratungsfirma Capgemini in einer aktuellen Studie über das Vermögen („World Wealth Report“) aufgelistet. Seit dem Jahr 1997 werden die Zahlen von Capgemini jährlich verfasst und veröffentlicht. 71 Länder der Welt werden in dem Ranking berücksichtigt. Sie bilden mehr als 98 Prozent des globalen Vermögens ab, bei der Börsenkapitalisierung sind es sogar 99 Prozent.

Von wie viel Geld reden wir also insgesamt? Die Experten beziffern das akkumulierte Vermögen der Millionäre, Multimillionäre und Milliardäre auf 86,8 Billionen Dollar. Absolut ist das gleichfalls um 4,8 Prozent mehr seit der Erhebung von 2022. Die Welt ist fürderhin produktiv - oder spekuliert halt gerne und vermehrt so ihr Spar- und Anlagevermögen.

Geheim bleibt, was Oma in der Matratze versteckt

Sowohl Aktienvermögen als auch festverzinsliche Wertpapiere, alternative Investments und das private Beteiligungskapital werden summiert. Bares oder Immobilien, Sammlungen und wertvolle Gebrauchsgüter (wie etwa die Porsche-Sammlung) wird freilich nicht hinzugezählt – dazu fehlen den Analysten natürlich der Einblick. Was Oma unter ihrem Bett oder in der Matratze versteckt, entzieht sich ebenfalls den neugierigen Blicken der Vermögensverwalter. Den Vorsprung der Japaner und Amerikaner werden unsere Großmütter mit dieser beliebten Aufbewahrungsform so oder so nicht einholen können.

Was hat zur wundersamen Geldvermehrung beigetragen im vergangenen Jahr? In den USA, wo die Vermögen besonders stark angeschwollen sind, war es die robuste Konjunktur. Auch die wieder nachlassende Inflation und zuletzt der wiedergekehrte Boom an den Aktenmärkten haben dazu beigetragen. Im Zahlenwerk gut nachvollziehbar ist, dass Deutschland wegen seiner Flaute der Wirtschaft nur unterdurchschnittlich gewachsen ist – bei der Anzahl der Millionäre wie beim Gesamtvermögen sind es nur knapp mehr als zwei Prozent.

Klaus-Georg Meyer von Capgemini verweist allerdings auf die Tatsache, dass China sich anschickte, an uns vorbeizuziehen, das allerdings bisher noch nicht geschafft haben. Die wohlhabenden Chinesen haben ihre ganz eigenen Probleme, das bestätigt sich im Vermögensreport. Auf einen weiteren Upward-Mover weist Meyer mit Italien hin: Dort ist der Trend mit 8,4 Prozent plus deutlich ausgefallen. Es gibt 342.000 damit reiche Italiener, was eine ganze Menge Rückschlüsse auf das politische Verhalten zulässt. Die Börse in Mailand läuft wegen des Meloni-Effekts zur Abwechslung gut, die Inflation ist derweil eher niedrig ausgefallen in Bella Italia. Niemand will offenbar mehr die alte Lira zurück – die Stimmung im Lande ist ausgelassen, dass die Sonne im Süden heller leuchtet, wissen wir ohnehin.

Worum es vor allem geht: das Vermögen zu mehren

Die Gruppe, die Capgemini selbstverständlich am meisten interessiert, sind die sogenannten High Net Worth Individuals, sprich die vermögenden Privatpersonen, die ihre Pfründe mehren möchten und dabei kompetente Unterstützung am Beratermarkt nachfragen. Die Finanzbranche weiß genau, wo das Geld sitzt und satte Provisionen zu verdienen sind. Deshalb wurden aus dem Datensatz rund 300o Millionäre gezielt angesprochen und interviewt, um mehr über ihre Bedürfnisse und Anlage-Überlegungen zu erfahren.

Das macht die Studie denn doch spannend und aussagekräftig. Wachstum ist das Hauptaugenmerk der Millionäre, während es anfänglich (und auch in Krisenzeiten wie Corona und bei Kriegsgefahr) zumeist noch um Vermögenssicherung und den Erhalt des Verdienten oder Geerbten geht. Capgemini bestätigt die Annahme, dass die Deutschen besonders konservativ agieren. So hätten hierzulande die Rechen nicht etwa ihre Aktiendepots aufgefüllt und an der Hausse partizipiert. Der Statistik zufolge ist das Portfolio sogar von 26 Prozent auf 21 Prozent Anlagevermögen gesunken. Es scheint so, als hätten sich viele reiche Deutsche lieber ein Haus oder gleich eine stattliche Finca auf Mallorca zugelegt oder endlich die lange geplante Weltreise angetreten, als an der Börse zu zocken. Trotz oder auch wegen fallender Preise ist er Immobilienteil am Vermögen von 14 auf 17 Prozent gestiegen. Investments in Zweit-Immobilien und Luxus-Anwesen hätten bei vielen die Tagesordnung – post Corona – bestimmt.

Zinsen locken – festverzinsliche Geldanlagen gefragt

Wenig verwunderlich ist, dass Bargeld wieder eine größere Rolle einnimmt, angesichts der gestiegenen Habenzinsen, und zwar von 25 auf 28 Prozent es Vermögens. „Viele Millionäre hätten beim Festgeld zugeschlagen“, heißt es und somit längerfristig festgezurrt für sichere Zinserträge. Der Anteil festverzinslicher Geldanlagen sei von 14 auf 20 Prozent in die Höhe geklettert.

Heiße News für Capgemini sind der sich abzeichnende Generationenwechsel unter den Millionären. Die jungen Besserverdiener oder Erben sind nicht scheu, wenn es beispielsweise um Kryptowährungen geht und neue teils waghalsige Anlageklassen. Es gebe global eine neue Kaste junger Multimillionäre (TikTok-Millionäre und die Influencer-Gilde mit Wohnsitz in Dubai) unter 40 Jahren, die in und mit der Digitalisierung richtig Geld verdient haben und mit nüchterner Kühnheit und Kühle international Investment-Opportunities suchen. Und auch der Meme-Hype bei Reddit hat offenbar viele junge Deutsche infiziert – es wird spekuliert, wen man es sich leisten kann. Das ist ein bemerkenswerter Wandel im Lifestyle.

Der digitale Zugriff auf das Geld ist gefragt, die disruptiven Veränderungen in der Finanzbranche weltweit entfalten mächtig Wirkung. Die Eben wiederum scheinen genervt von verschlafenen Family-Offices, die wenig spektakulär agieren. Da ist vieles alles andere als konservativ gedacht, vielleicht sogar ziemlich waghalsig. Die Gefahr, dass Deutschland seinen Wohlstand aufs Spiel setzt, ist auch bei den Millionären real und nicht nur im wirtschaftlichen Gesamtgefüge ablesbar.

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Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.


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