Politik

Klima-Betrug in China: Umweltbundesamt will zwei Drittel aller Projekte stoppen

Das Umweltbundesamt geht gegen ein Betrugssystem mit Klima-Projekten in China vor. Die Anzahl der betrügerischen Vorhaben, mit denen deutsche Firmen ihre CO2-Bilanz aufpolieren wollten, ist größer als ursprünglich gedacht. Es sind mehr als zwei Drittel aller bekannten Umweltschutz-Projekte.
16.09.2024 11:51
Aktualisiert: 16.09.2024 13:27
Lesezeit: 2 min
Klima-Betrug in China: Umweltbundesamt will zwei Drittel aller Projekte stoppen
Das Umweltbundesamt geht aktuell gegen betrügerische China-Projekte vor, mit deren Hilfe deutsche Unternehmen ihre Klimabilanz verbessern wollten. (Foto: dpa)

Im Zusammenhang mit mutmaßlichen Betrugsfällen in China will das Umweltbundesamt 45 Klimaprojekte stoppen. „Unser Ziel ist es, alle 45 verdächtigen China-Projekte rückabzuwickeln“, erklärte der Leiter des Umweltbundesamts (UBA), Dirk Messner, bei einer digitalen Pressekonferenz.

„Wir gehen nicht davon aus, dass ein erheblicher oder auch nur ein kleinerer Teil dieser 45 Projekte in Ordnung sein könnte“, sagte er weiter. Die Projekte stünden unter einem „sehr starken Betrugsverdacht“. Es handele sich vermutlich um ein „Täuschungsvertragssystem“, bei denen Projekte angemeldet werden, die nicht die angegebenen Voraussetzungen, etwa zur Reduktion von Treibhausgasen, erfüllen würden, hieß es zur Erläuterung.

Seine Behörde habe mittlerweile 56 Klima-Projekte in China gründlich untersucht und könne diese Zwischenbilanz vorweisen, erklärte Messner weiter. Die Ermittlungen, an denen sowohl die Staatsanwaltschaft Berlin als auch eine internationale Anwaltskanzlei beteiligt ist, würden weitergehen.

45 von 66 Klimaprojekte aus China mittlerweile unter Betrugsverdacht

Hintergrund der seit Wochen andauernden Überprüfungen ist ein mutmaßliches Betrugsgeflecht im Zusammenhang mit Umweltschutz-Projekten in China. Wie im Juni bekannt geworden war, haben sich deutsche Mineralölkonzerne möglicherweise einen Beitrag auf ihre CO2-Bilanzen anrechnen lassen, der auf Klimaschutz-Projekte zurückging, die laut UBA auf Basis von Betrug zustande gekommen sein könnten.

Mittlerweile stünden mindestens 45 von 66 Projekten in China unter Verdacht, Unregelmäßigkeiten aufzuweisen. In einem Bericht des Bundesumweltministeriums von Juli dieses Jahres war zunächst von 69 Projekten die Rede. Diese Zahl sei aber nicht korrekt, es handele sich um insgesamt 66 Projekte in China und 75 Projekte weltweit, die das UBA derzeit überprüfe, wie ein Sprecher auf dpa-Nachfrage klarstellte.

Messner erklärte, dass die 45 Projekte Klima-Zertifikate im Wert von insgesamt sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalente umfassen. Das entspräche nach UBA-Angaben einem Marktwert von 1,5 Milliarden Euro. Nur vier dieser sechs Millionen Tonnen, die sich Firmen auf Basis dieser Projekte zum Teil schon auf ihre Klima-Bilanz haben anrechnen lassen, könnten aber rückabgewickelt und gerettet werden. Folglich wäre durch den Betrug bislang bezogen auf die ausgestellten Zertifikate ein materieller Schaden von ungefähr 500 Millionen Euro entstanden.

Kritik an Aufarbeitung - Umweltamt verteidigt sich

An der Aufarbeitung der mutmaßlichen Betrugsfälle im Umweltbundesamt übt unter anderem die Union Kritik. Sie wirft dem UBA und dem Umweltministerium von Steffi Lemke (Grüne) vor, zu spät auf den Betrug reagiert zu haben. Laut UBA gab es im September 2023 erste Hinweise auf Einzelfälle, denen die Behörde nachgegangen sei. Dabei habe erst „Aussage gegen Aussage“ gestanden, die „anonymen Hinweisgeber“ seien nicht von Anfang an vertrauenswürdig gewesen. Konkretere Daten zu verdächtigen Firmen und Einzelpersonen nannte das UBA mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen zunächst nicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schluss mit Shein und Temu? Europa zieht die Notbremse gegen Billigimporte aus China
17.11.2025

Die EU will die Billigimporte aus China schneller als geplant stoppen. Eine neue Zwei-Euro-Abgabe soll schon 2026 kommen. Plattformen wie...

DWN
Politik
Politik Teilzeit steuerfrei aufstocken? Teilzeitaufstockungsprämie ab 2026 für mehr Arbeitsstunden geplant
17.11.2025

Neben der Aktivrente und Überstundenzuschläge plant die Bundesregierung den Arbeitsmarkt ab 2026 auch für Teilzeitkräfte attraktiver zu...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Buffett kauft Google, Bitcoin stürzt ab - beginnt jetzt der große Marktumbruch?
17.11.2025

Die Märkte taumeln und die Nvidia-Aktie wird in wenigen Tagen zum Brennpunkt der globalen Finanzwelt. Kleinanleger überraschen die Wall...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Absturz unter 93.500 Dollar verunsichert Anleger – geht der Krypto-Crash weiter?
17.11.2025

Der Bitcoin erlebt turbulente Tage: Kursabstürze, Liquiditätsstress und widersprüchliche Analystenstimmen prägen die Lage. Während...

DWN
Panorama
Panorama Globale Anti-Tabak-Strategien unter Druck: WHO-Konferenz warnt vor Rückschritten
17.11.2025

Eine weltweite Initiative zur Eindämmung von Tabak- und Nikotinprodukten steht vor Herausforderungen: Trotz internationaler Abkommen setzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Wachstum unter EU-Durchschnitt: Deutsche Wirtschaft 2026 mit vorsichtiger Erholung
17.11.2025

Die deutsche Wirtschaft startet 2026 voraussichtlich wieder durch, bleibt aber hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Laut der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche besucht Golfstaaten: Investitionen, Erdgas und Partnerschaften im Fokus
17.11.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche reist mit einer Wirtschaftsdelegation in die Golfregion, um die bilaterale Zusammenarbeit zu...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Vize warnt: KI-Hype könnte Börsenkorrektur auslösen
17.11.2025

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos schlägt Alarm: Der aktuelle Boom rund um Künstliche Intelligenz und hoch bewertete US-Tech-Aktien...