Die Ausgangslage
Aufgrund der wachsenden Sorgen rund um Extremwetter hat Jonas Lang LaSalle (JLL) die Auswirkungen dieser Katastrophen für Immobilien und Immobilienbesitzer bis 2050 untersucht. Unter Nutzung aktueller Daten und Statistiken des Helmholtz-Instituts analysiert „Klimarisiken in deutschen Städten“ die Entwicklung von (Extrem)Wetterrisiken in deutschen Großstädten.
Helge Scheunemann, Head of Research von LL Germany, sagt zwar, dass Deutschland im internationalen Vergleich weniger gefährdet ist, doch ein Blick auf die Katastrophen, die alleine 2024 passiert sind – darunter das Hochwasser in Süddeutschland – zeigt, wie ernst die Lage ist. Bundesumweltministerin Steffi Lemke bestätigt seit der Hochwasserkatastrophe 2021 Schäden in Höhe von mehr als 80 Milliarden Euro. „Die Zahlen sind ein Alarmsignal für mehr Krisenvorsorge. Wir müssen und wir werden jetzt mehr in Klimaschutz und Klimaanpassung investieren, um unsere Bevölkerung besser zu schützen“, so Lemke.
Ein bedeutender Faktor in diesen Schäden ist, dass die Immobilien in Deutschland nicht auf das Extremwetter vorbereitet sind; selbst jene, die nach dem neusten Energie- und Baustandard konstruiert wurden. Wirft man einen Blick gen Ausland, sieht man, dass in Ländern, die bekanntermaßen mit Naturkatastrophen zu kämpfen haben, der Immobilienbau darauf ausgelegt ist, das Schlimmste zu verhindern. So gibt es in Japan zum Beispiel vorgeschriebene Bauelemente, die bei Erdbeben das Gebäude verstärken, darunter Kühlkörperelemente zwischen den Stockwerken und Federstahllegierungen. In Deutschland wurde dies lange vernachlässigt.
Also: Was kann man als Immobilienbesitzer tun, um sich vor diesen Katastrophen zu schützen, oder zumindest abzusichern? Und welche Maßnahmen werden vom Bund geplant oder bereits umgesetzt?
Maßnahmen vom Bund gegen Extremwetter
2022 veröffentlicht das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) eine Broschüre mit Planungsempfehlungen rund um klimaangepasstes Bauen. Diese Broschüre richtet sich vor allem an Architekten, Bauwillige, Immobilieneigentümer und Interessierte und soll Impulse zur Klimaplanung für (Wohn)Gebäude geben.
Ein besonderer Blick wird auf bautechnische, baukonstruktive und naturbasierte Lösungen geworfen, die dabei helfen sollen, schlimmere Schäden abzufedern, bevor sie überhaupt entstehen. Bei extremer Hitze sollen zum Beispiel flexible Sonnenschutzelemente an Fenstern, Nachtlüftungen, sowie helle Fassadenoberflächen und Außenwände thermische Entlastung bieten. Gebäudegrün und begrünte Dächer spenden Schatten und kühlen durch Verdunstung die Umgebung ab. Im Falle eines Starkregens speichern Pflanzen und begrünte Flächen zudem Wasser ab und verhindern Staus. Das kann die Gebäude auch bei Stürmen oder starkem Hagel schützen. Für Robert Kaltenbrunner, Leiter der Abteilung Wohnungs- und Bauwesen im BBSR, sind die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht nur eine Idee, sondern eine dringende Notwendigkeit: „Viele schätzen die Gefahren durch Extremwetter falsch ein. Auch Planende sowie Architektinnen und Architekten sind gefordert: Sie sollten – neben dem Klimaschutz – auch die Anpassung an den Klimawandel in der Gebäudeplanung weitaus stärker als bisher mitdenken.“ Nur wenn zukünftig mit einem Hinblick auf das Klima gebaut wird, können Katastrophen – und die damit verbundenen Schäden – eingegrenzt werden.
Darüber hinaus gibt es seit März 2022 das Sofortprogramm zur Klimaanpassung. Infolge dieses Programms soll jede Kommune in Deutschland Hilfe vom Bund bekommen, um Klimaherausforderungen zu stemmen. Ausgewählte Maßnahmen sind unter anderem eine bessere Klimavorsorge durch lokale Anpassungsmanager und den Aufbau neuer Veranstaltungsformate wie Klimawerkstätten. Maßnahmen, die kurzfristig Klimaherausforderungen in Angriff nehmen sollten, wie zum Beispiel das Förderprogramm „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“, werden entfristet und ins neue Regelprogramm des BMVU eingefügt. Ein Schwerpunkt des Programms ist der Kompetenzaufbau rund um das Thema Klima bei den Bürgern und relevanten Gewerken.
Wie schützt man sich als Immobilienbesitzer?
Scheunemann warnt vor hohen Kosten, die infolge von Klimakatastrophen auf den Staat und individuelle Immobilienbesitzer zukommen werden. Schäden an der Fassade, unter Wasser gesetzte Keller oder Beschädigungen rund um Blitzeinschläge oder Baumfälle führen zu unvorhersehbaren Kosten, die viele nicht stemmen können. Doch Einbußen für direkte Schäden sind nur eine Nuance. Die Analyse von JLL ergab, dass Immobilienpreise nach Klimaereignissen automatisch sinken; vor allem in den betroffenen Regionen, sowie in Regionen, die nicht an Extremwettersituationen angepasst sind. Das kann und wird langfristig zu Konsequenzen für den Markt führen.
Doch Immobilienbesitzer selbst können Hand anlegen, um ihre Objekte vor dem Einfluss des Extremwetters zu schützen. Das große Stichwort: Bautechnische Maßnahmen.
Starkregen und Überflutung
Überflutungen aufgrund von extremen Regenfällen werden in Zukunft häufiger werden. Deswegen müssen sich Immobilienbesitzer allgemein, aber vor allem jene in regenreichen oder feuchten Regionen schützen. Ein Weg, dies zu tun, ist das Sichern von Gebäudeöffnungen. Dazu gehören zum Beispiel Eingänge, Kellerfenster und Lichtschächte. Durch Barrieresysteme und Aufkantungen kann das Eindringen von Wasser verhindert werden.
Auch Rückstauventile können vor Regenschäden schützen. In vielen Fällen ist es der überlaufende Abwasserkanal, der zu Schäden führt, indem zu viel Wasser zurück in die Entwässerungsleitungen der Sanitäranlage gelangt und so Wasser ins Haus spült. Der Einbau von Rückstauventilen kann dies verhindern. Schafft es das Wasser, doch in Haus und Keller zu gelangen, kann ein Pumpsystem größere Schäden verhindern. Tauchpumpen können in jedem Baumarkt ausgeliehen werden und dienen dazu, Keller zu leeren, wenn der Pegel bereits am Sinken ist. Achtung! Bei einem vollständig unter Wasser stehenden Keller kann in der Regel nur die Feuerwehr helfen.
Stürme
Bei Stürmen entstehen viele Schäden durch ungesicherte Bäume auf oder an den Grundstücken. Um ernste Zwischenfälle zu verhindern, müssen abgestorbene und morsche Äste regelmäßig entfernt werden. Es ist möglich, durch spezielle Windsensoren vor kommenden Stürmen zu warnen und diese auch mit der Haustechnik zu verbinden. So werden Fenster automatisch geschlossen, sowie Markisen und sonstiger Sonnenschutz eingefahren, sobald die Messzahlen zu hoch werden. Sturmklammern können verhindern, dass montierte Elemente wie Antennen, Rollladen, Markisen und Fensterläden bei starkem Wind davongerissen werden. Solaranlagen bieten besonderes Gefahrenpotenzial und sollten deswegen ins Dach integriert werden, um dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.
Hitze
Bei Hitze hilft, wie bereits zuvor erwähnt, die Begrünung von Hauswänden und Dächern, sowie das Pflanzen von schattenspendenden Bäumen. Auch eine gute Dämmung hilft dabei, die Immobilie kühl zu halten. Natürliche Dämmstoffe wie Holzfasern und Zellulose eignen sich hierfür bestens. Fensterflächen können durch eine dreifache Verglasung vor Extremhitze schützen. Ähnlich wie bei Wind können Sensoren auch unterstützend die Gebäudetemperatur regulieren.
Klimaanpassung – eine fortlaufende Aufgabe
Immobilienbesitzer werden zukünftig nicht drum herumkommen, sich mit dem Thema Klima und Klimaanpassung für das Gebäude auseinanderzusetzen. Der Bund führt bereits Maßnahmen rund um die Klimaanpassung ein; jedoch ist es an jedem Einzelnen, die eigene Lage einzuschätzen und zur Tat zu schreiten. Durch gezielte bautechnische Maßnahmen können die schlimmsten Schäden eingegrenzt, wenn nicht sogar verhindert werden.