Unternehmen

Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit wie zur Corona-Pandemie: Symptome einer beginnenden Arbeitsmarktflaute?

Gerade hat Bosch bekanntgegeben, die Arbeitszeit von 2.300 Beschäftigten zu kürzen. Auch Konjunkturberichte und Indexe belegen, die Zahl der Kurzarbeiter wird weiter steigen! Das Argument der Bundesregierung, Wirtschaftsflaute wegen Fachkräftemangel, hat ausgedient, denn Fachkräfte werden zu Kurzarbeitern. Stellenabbau statt Fachkräftesuche – droht eine neue Massenarbeitslosigkeit?
07.10.2024 13:30
Lesezeit: 3 min
Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit wie zur Corona-Pandemie: Symptome einer beginnenden Arbeitsmarktflaute?
„Der Auftakt der Herbstbelebung am Arbeitsmarkt verläuft in diesem Jahr nur schleppend“, sagte BA-Chefin Andrea Nahles. (Foto: dpa) Foto: Daniel Löb

Die deutsche Wirtschaft schwächelt – und die Folgen sind für viele Arbeitnehmer bitter: Wegen der hartnäckigen Konjunkturflaute halten sich die Unternehmen in der Personalplanung so stark zurück wie zur Corona-Pandemie vor vier Jahren. Laut Ifo-Institut erwägen sie immer häufiger einen Arbeitsplatzabbau. Das belegen die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit: Die Zahl der Arbeitslosen sank im September nur minimal auf 2,806 Millionen. Und die Zahl von Kurzarbeiter steigt!

Unternehmen planen Arbeitsplatzabbau

Denn die Inflation, hohe Energiekosten und eine lahmende Nachfrage setzen den großen Konzernen enorm zu. Die Unternehmen müssen sparen, um nicht in den roten Zahlen zu landen. Und die Aussichten sind düster, denn auch die Herbstbelebung fällt schwach aus: Das Beschäftigungsbarometer sank im September auf 94,0 Punkte, nach 94,8 Punkten im August, wie das Ifo-Institut letzte Woche zu einer Unternehmensumfrage mitteilte. Das ist bereits der vierte Rückgang in Folge und der niedrigste Wert seit Juli 2020, als die Coronapandemie für schwere Verwerfungen sorgte.

„Die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft hinterlassen nach und nach Spuren auf dem Arbeitsmarkt“, kommentierte Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe die Entwicklung. „Die Unternehmen ziehen häufiger einen Arbeitsplatzabbau in Betracht.“

Die hartnäckige Konjunkturflaute dürfte nicht spurlos am Arbeitsmarkt vorbeigehen. In diesem und im kommenden Jahr soll die Arbeitslosenquote auf sechs Prozent steigen. Zum Vergleich: 2023 betrug sie 5,7 Prozent. Dieser Wert soll dann erst 2026 wieder erreicht werden. „Auf dem Arbeitsmarkt zeigt der wirtschaftliche Stillstand mittlerweile deutlichere Spuren“, so die Institute in ihrer Gemeinschaftsdiagnose.

BA: Arbeitslosigkeit steigt

Die Flaute auf dem deutschen Arbeitsmarkt hat sich im September fortgesetzt. Die Zahl der Arbeitslosen sei zwar um 66.000 auf 2,806 Millionen gesunken, teilte Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg mit. Der Rückgang sei aber deutlich geringer als sonst in diesem Monat. „Der Auftakt der Herbstbelebung am Arbeitsmarkt verläuft in diesem Jahr also nur schleppend“, sagte BA-Chefin Andreas Nahles. Die Arbeitslosenquote verringerte sich leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 6,0 Prozent. Im September gab es 179.000 Arbeitslose mehr als vor einem Jahr.

Das ganze Jahr über läuft es auf dem Arbeitsmarkt bereits schlechter. Maßgeblich dafür ist nach Einschätzung der BA die wirtschaftliche Stagnation in Deutschland. Dabei setzt im September in der Regel nach dem Ende der Sommerpause und mit dem Beginn des neuen Ausbildungsjahrgangs eine Herbstbelebung ein. Unter Herausrechnung dieses jahreszeitlichen Effekts stieg die Erwerbslosenzahl laut BA von August auf September um 17.000.

Arbeitsmarkttendenz: Kurzarbeit

Deutlich mehr Betriebe beantragten laut Bundesarbeitsagentur zuletzt zudem Kurzarbeit: Vor Beginn von Kurzarbeit müssen Betriebe eine Anzeige über den voraussichtlichen Arbeitsausfall erstatten. Nach aktuellen Daten wurde vom 1. bis einschließlich 23. September für 65.000 Personen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt, deutlich mehr als zum vergleichbaren Zeitpunkt im Vormonat.

Aktuelle Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme stehen nur bis Juli 2024 zur Verfügung. So wurde nach vorläufigen hochgerechneten Daten der BA in diesem Monat für 212.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt, nach 220.000 im Juni und 196.000 im Mai.

Fazit: Eine tatsächliche Nutzung von Kurzarbeit hinkt in den Zahlen vom Juli hinterher. Bevor Kurzarbeit greift, müssen Unternehmen den voraussichtlichen Arbeitsausfall melden. Schon jetzt ist anhand der Vorabanzeigen klar: Auch im September steigt die Kurzarbeit deutlich. Braut sich ein neuer Sturm am Arbeitsmarkt zusammen?

Gerade hat auch Coca-Cola bekanntgegeben, im nächsten Jahr fünf Produktions- und Logistikstandorte in Deutschland schließen werden. Insgesamt werden 505 Arbeitsplätze abgebaut. Und der Technologiekonzern ZF Friedrichshafen meldet aktuell rund 4.500 Mitarbeiter am deutschen Standort in Kurzarbeit zu schicken. Bis 2028 plant der Konzern 11.000 bis 14.000 Stellen abzubauen. Weitere Meldungen dieser Art sind zu erwarten.

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Xi Jinping empfängt deutsche Wirtschaftsbosse: Droht die Abwanderung der Wirtschaft nach China?
13.04.2025

Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind für Unternehmen zunehmend unwirtschaftlich: Energiekosten und Steuern sind hoch, die Bürokratie...

DWN
Panorama
Panorama Marine: Erste deutsche Frau als U-Boot- Kommandantin in strategischer Mission unterwegs
13.04.2025

Claudia Neben ist Deutschlands erste U-Boot-Kommandantin: Wochenlang ist sie auf Mission – ohne Verbindung zur Heimat. Mit 35 Jahren...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eine Geldfrage: Was kann ich tun, wenn ich bei einer Gehaltserhöhung übergangen werde?
13.04.2025

Strategische Verhandlungen sind der Schlüssel zum Erfolg – erfahren Sie hier, wie Sie Ihre Gehaltserhöhung erfolgreich durchsetzen.

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis aktuell: Der arme Cousin des Goldes – warum die Silber-Preisentwicklung nicht mitzieht
13.04.2025

Während der Goldpreis zuletzt neue Allzeithochs erklomm und Investoren in aller Welt in seinen sicheren Hafen strömten, hat sich der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump-Zölle treffen Silicon Valley: iPhone für 2.300 Dollar?
13.04.2025

Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle haben für gewaltige Verwerfungen im Silicon Valley gesorgt und die Aktien der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Molkerei der Zukunft: Arla fusioniert mit Deutschlands größtem Molkerei-Riesen DMK
13.04.2025

Der dänische Molkereikonzern Arla hat bekanntgegeben, dass er mit der deutschen DMK Group fusionieren wird. Durch die Fusion entsteht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwarzarbeit auf der Baustelle: Razzia bei Baufirmen
13.04.2025

In einer koordinierten Großrazzia ist der Zoll gegen eine mutmaßliche Schwarzarbeitsbande im Baugewerbe vorgegangen. Die Wohn- und...

DWN
Technologie
Technologie Energieversorgung durch „Green Deal“? Europa braucht Sicherheit durch eine gemeinsame Energieunion
13.04.2025

Europas Wettbewerbsfähigkeit steht auf dem Spiel - nicht durch Politik, sondern durch Energie. Warum die EU jetzt eine echte Energieunion...