Unser Generationenvertrag kippt. Gerade erst hat die Bundesregierung für den aktuellen Haushalt eine überplanmäßige Ausgabe in Höhe von 150 Millionen Euro für die Erstattungen von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung an die Länder genehmigt. Der Bund will damit Geldleistungen der Länder in diesen Bereichen zu 100 Prozent erstatten. Der im aktuellen Haushalt geplante Mitteleinsatz von 10,9 Milliarden Euro wird nach Schätzungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales nur noch bis Ende Oktober ausreichen. Es ist also nicht genug Geld für die Grundsicherung im Land da.
Die Grundsicherung erhalten alle Menschen in Deutschland, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und nicht genug Einkommen haben, um die Ausgaben für ihren Lebensunterhalt zu decken. Ein ganzes Viertel der Betroffenen hat dabei aktuell gar kein Einkommen, ein weiteres Drittel verfügt nur über ein Einkommen unter 400 Euro – armes Deutschland.
Außerdem steigt die Zahl der Menschen in Deutschland, die von den Leistungen aus der Grundsicherung abhängig sind, stetig an. Das Statistische Bundesamt meldete, dass im Dezember 2023 insgesamt 22.000 mehr Menschen als im Vorjahresvergleich auf eine Grundsicherung angewiesen waren. Insgesamt leben in Deutschland aktuell 1,2 Mio. Empfänger von Grundsicherung.
Bürgergeld und Arbeitsmarkt – wer wird hier wirklich noch etwas erwirtschaften?
Es fehlt also das Geld, um das Existenzminimum der Bürger zu sichern. Auf der anderen Seite zahlte Deutschland 5,5 Millionen Menschen im Juni 2024 Bürgergeld, insgesamt also 6,5 Prozent der deutschen Bevölkerung. Von diesen 5,5 Millionen Menschen sind insgesamt 4 Millionen erwerbsfähig, die Hälfte davon befindet sich in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, geht zur Schule oder studiert, pflegt Angehörige oder erzieht Kinder. Nur eine Minderheit der Bürgergeldempfänger arbeitet.
Jetzt will die Bundesregierung, die das Bürgergeld erst 2023 eingeführt hatte, die Menschen möglichst schnell wieder aus dem Bürgergeld herausbekommen. Dafür will sie eine Prämie von 1000 Euro für all diejenigen zahlen, die aus der Arbeitslosigkeit wieder arbeiten für mindestens ein Jahr. Ähnliche jährliche Prämien bis zu 1800 Euro existieren bereits für Arbeitswillige, die entweder eine Arbeit oder aber eine Ausbildung aufnehmen. Durch die Leistungen sollen Arbeitslose motiviert werden, auch Arbeiten anzunehmen, die in der Entlohnung nur knapp über dem Bürgergeld liegen und die eine Perspektive auf eine gute berufliche Entwicklung bieten. Die Instrumente werden jedoch wenig genutzt.
Arbeitsmarkt ist für Bürgergeldempfänger problematisch
Nur 36.000 bis 54.000 finden als Bürgergeldempfänger monatlich wieder einen Job, andere verlieren ihre Jobs und werden zu Bürgergeldempfängern. Nur wenige tausend der wieder arbeitenden Bürgergeldempfänger nutzen ferner die Motivationsprämien. Das Problem ist auch der Arbeitsmarkt selbst. Dieser sucht zwar händeringend nach Fachkräften, aber wenig nach oft gering qualifizierten Bürgergeldempfängern, die häufig nur für Hilfstätigkeiten eingesetzt werden können. Nur 6 von 10 Bürgergeldempfängern können eine höhere Qualifikation nachweisen, so Andrea Nahles von der Bundesagentur für Arbeit. Die Chancen für viele Bürgergeldempfänger auf dem Arbeitsmarkt sind also eher gering.
Lösungen sollen in staatlich geförderten Weiterbildungsmaßnahmen liegen, die durch die Prämien ergänzt werden. Aber auch dadurch werden sich viele Probleme nicht lösen lassen. Denn viele Menschen befänden sich in Lebenssituationen, in denen es ihnen nicht am Willen fehle, zu arbeiten, sondern sie schlicht in Situationen leben, die einen Beruf nicht zulassen, so Helena Steinhaus, eine deutsche Sozialaktivistin und Autorin.
Die gesamten Kosten für das Bürgergeld betrugen im Jahr 2023 über 40 Milliarden Euro und wird größtenteils vom Bund durch Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt, laut Prognosen sollen diese im aktuellen Jahr 2024 noch steigen. Wer soll das alles bezahlen nach vorne hin? Deutschland quo vadis?