Politik

Prüfer: EU-Regeln gegen Steuervermeidung lückenhaft

Jährlich entgehen der EU durch Gewinnverlagerungen von Konzernen bis zu 100 Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Der Europäische Rechnungshof kritisiert die bestehenden EU-Vorschriften und fordert eine stärkere Bekämpfung der Steuervermeidung. Komplexe Steuerstrategien und Lücken in den Steuersystemen der Mitgliedsländer verzerren den Wettbewerb und belasten andere Steuerzahler. Experten drängen die EU-Kommission, ihre Maßnahmen zu verschärfen und die Gesetzeslücken zu schließen.
28.11.2024 20:14
Lesezeit: 2 min

Schätzungen zufolge entgehen der EU durch Gewinnverlagerungen von Konzernen jährlich bis zu 100 Milliarden Euro. Der Europäische Rechnungshof fordert nun die Europäische Kommission zum Handeln auf.

EU-Vorschriften zum Schutz vor Steuervermeidung unzureichend

Nach Einschätzung des Europäischen Rechnungshofs sind die EU-Vorschriften zum Schutz vor Steuervermeidung durch Unternehmen unzureichend. Internationale Konzerne setzen zunehmend komplexe Strategien ein, um ihre Steuerlast zu senken, wie die Prüfer mit Sitz in Luxemburg berichten. Laut einem Bericht der EU-Kommission gehen der EU jährlich durch Gewinnverlagerungen von Konzernen bis zu 100 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren.

Unterschiedliche Steuersysteme in den Mitgliedsländern

Konzerne nutzen vor allem Lücken und Unterschiede in den Steuersystemen der Mitgliedsländer. Dies führt laut dem Rechnungshof zu unfairem Wettbewerb zwischen den Unternehmen und zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten. "Da einige EU-Länder dadurch erhebliche Steuerausfälle erleiden könnten, müssten am Ende andere Steuerzahler die entgangenen Einnahmen durch höhere Beiträge ausgleichen."

Trotz dieser Problematik gestalten die Mitgliedsstaaten weiterhin ihre eigenen Steuergesetze und -systeme. Die EU-Kommission kann nur dann tätig werden, wenn der EU-Binnenmarkt mutmaßlich verzerrt wird. "Die Kommission sollte ihre begrenzten Befugnisse in diesem Bereich ausreizen: Sie sollte die vorhandenen Lücken schließen, ihre Leitlinien für die EU-Länder weiterentwickeln, um schädlichen Steuerpraktiken klar Einhalt zu gebieten, und für die rasche Entwicklung eines gemeinsamen Leistungsüberwachungssystems sorgen", forderte Ildikó Gáll-Pelcz vom Rechnungshof.

EU-Kommission: Bekämpfung von Steuervermeidung bleibt Priorität

Laut den Prüfern hat die EU-Kommission die Rechtsvorschriften in diesem Bereich ausgeweitet. In den vergangenen Jahren wurden drei neue EU-Richtlinien verabschiedet, die unter anderem darauf abzielen, EU-weit gemeinsame Vorschriften zur Eindämmung schädlicher Steuerpraktiken festzulegen. Die EU-Kommission habe jedoch offengelassen, wie diese Vorschriften in der Praxis angewendet werden sollen, so die Kritiker. Lücken und unklare Definitionen führen zu unterschiedlichen Auslegungen in den einzelnen Mitgliedstaaten.

Von der EU-Kommission heißt es: "Die Bekämpfung der Steuervermeidung und die Gewährleistung eines fairen Steuerwettbewerbs zählen nach wie vor zu den wichtigsten Prioritäten der EU." Zwar seien bereits viele Maßnahmen ergriffen worden, doch könne sich die EU nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen, da sich der Steuerwettbewerb weiterhin weiterentwickle. Verschiedene Gesetze und Richtlinien seien in Arbeit. Die Kommission unterstütze die Mitgliedstaaten bei der Analyse von Steuerlücken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...