Aus den Kühltheken kennen viele Supermarktkunden es schon: Auf den Schnitzelverpackungen zeigen Etiketten mit dem Aufdruck "Haltungsform", wie das Schwein einst im Stall lebte – bald soll ein ähnliches staatliches Logo dazukommen. Doch was ist mit Jägerschnitzel im Restaurant oder Krustenbraten in der Kantine? Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) strebt seit Längerem an, die Kennzeichnungspflicht auch auf die Gastronomie auszuweiten. Nach dem Ende der Ampel-Koalition mit der FDP liegt nun ein rot-grüner Plan vor. Zu spät?
Neues Konzept im Bundestag
Mit dem Vorschlag für eine mögliche nächste Stufe des staatlichen Logos soll sich der Bundestag noch kurz vor Weihnachten befassen. "In der Außer-Haus-Verpflegung gibt es üblicherweise nur wenige bis keine Informationen zu den Haltungsbedingungen der Tiere, von denen die Lebensmittel stammen", heißt es im von SPD und Grünen eingebrachten Gesetzentwurf. Um den Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach mehr Transparenz zu erfüllen, solle die Kennzeichnung auch dort eingeführt werden.
Angaben auf Speisekarten
Konkret geht es darum, dass Angaben zur Haltungsform der Tiere auch in Speisekarten, Preisverzeichnissen oder Aushängen erscheinen. Damit könnten Gäste in Restaurants, Kantinen oder Imbissen "eine informierte Kaufentscheidung" treffen. Geplant ist ein System mit fünf Haltungskategorien – von den gesetzlichen Mindestanforderungen bis "Bio" –, das ab August 2025 für inländische Produkte verpflichtend wird, zunächst aber nur für frisches Schweinefleisch im Supermarkt. Dort gibt es bereits seit Längerem eine freiwillige "Haltungsform"-Kennzeichnung des Handels.
Eine Umsetzung in der Außer-Haus-Verpflegung mit wechselnden Gerichten ist jedoch komplex. Der Entwurf bezieht sich auf etwa 150.000 Betriebe, von Restaurants über Imbisse, Kantinen und Mensen bis hin zu Kliniken und Pflegeheimen. Nach den Berechnungen müssten Restaurants mit Bedienung jährlich etwa zehn Anpassungen in Speisekarten vornehmen, während Imbissstuben ihre Tafeln alle zwei Jahre etwa zehnmal aktualisieren müssten.
Keine Kennzeichnung von Speck
Dabei müsste die Kennzeichnung nicht – wie im Supermarkt – direkt am Produkt angebracht werden. Zur Vereinfachung gäbe es verschiedene Optionen: auf Speisekarten, digital oder per Hinweis an der Theke. Auch ein Vermerk in der Speisekarte, dass die Haltungsform auf Anfrage einsehbar ist, wäre möglich. Für Schweinefleischrouladen müsste lediglich das Fleisch gekennzeichnet werden, nicht aber der verwendete Speck oder Schinken, der der Geschmacksgebung dient.
Kritik der Gastro-Branche
Die Gastro-Branche lehnt neue Kennzeichnungspflichten zur Tierhaltung strikt ab. Die Ausweitung auf die Gastronomie bedeute unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand und stelle Betriebe wie Lebensmittelkontrollen vor kaum lösbare Aufgaben, erklärte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands. Angaben zu einzelnen Gerichten würden Speisekarten unübersichtlich machen.
Branche sieht Probleme
"Im Gegensatz zum Supermarkt kann ein Gast im Restaurant bei einem Schnitzel nicht zwischen verschiedenen Haltungsformen des Schweins wählen", erläuterte Hartges. Zudem änderten sich Rezepturen in der Gastronomie ständig. Lieferengpässe zwängen Gastronomen häufig zu Änderungen bei Lieferanten. Darüber hinaus gebe es keine belastbaren Daten, ob Gäste überhaupt an Informationen zur Tierhaltung interessiert seien. Geschmack und Preis blieben für die meisten Besucher die entscheidenden Kriterien.
Unsichere Mehrheiten
Der Gesetzentwurf soll voraussichtlich am 20. Dezember ins Parlament eingebracht werden. Danach sind üblicherweise Ausschussberatungen vorgesehen. Ob und wann das Vorhaben weiterverfolgt wird, ist angesichts der Neuwahl am 23. Februar jedoch ungewiss. Nach dem Ende der Ampel-Koalition haben SPD und Grüne keine Mehrheit mehr. Grünen-Ernährungsexpertin Renate Künast warb für das Vorhaben, das Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Planungssicherheit für die Landwirte schaffe. "Diejenigen, die gute Standards einhalten, wollen nicht nur im Handel, sondern auch in der Gastronomie angemessen vermarkten."
Künast appellierte an Union und FDP, das Gesetz zu unterstützen. "Das Parlament muss arbeiten, bis die Wahlperiode tatsächlich endet." Die einstige liberale Koalitionspartnerin zeigte jedoch weiterhin Ablehnung. "Wir haben mit dem Tierhaltungslogo einen ersten Schritt gemacht, wie sich die Verbraucher ohne höhere Steuern, Abgaben oder Gängelei direkt an der Ladentheke für bessere Tierhaltung entscheiden können", erklärte FDP-Fraktionsvize Carina Konrad. Die Ausweitung auf die Gastronomie habe die FDP in der Koalition jedoch nicht mittragen können, da der Bürokratieaufwand gerade für kleine Betriebe zu hoch sei.