Nimmt man die Erfahrungen der Vergangenheit als Ratgeber, dann dürfte recht klar sein, was von Donald Trumps zweiter Amtszeit zu erwarten sein wird: politische Veränderungen, die in spätabendlichen Social-Media-Posts angekündigt werden, Drohungen gegenüber Handelspartnern und jede Menge Marktvolatilität. Wie das Wall Street Journal berichtet, hat Trump bereits mit etwa 100 vorbereiteten Durchführungsverordnungen eine wahre Lawine an Maßnahmen im Schubfach, für den Energiesektor liegen Notstandsbefugnisse vor. Mit schnellem Handeln nach seiner Amtseinführung am Montag ist also zu rechnen.
Eine jener Anordnung, die den Kryptosektor als politische Priorität hervorhebt und Brancheninsidern eine Stimme innerhalb seiner Regierung geben soll, ist vor allem medial wirksam, wenn auch die Marktkapitalisierung seiner am vergangenen Wochenende gelaunchten eigenen Memecoins namens „TRUMP“ von in der Spitze 15 Milliarden Dollar durchaus beachtlich. Das weitaus größere Thema, die künftige Zollpolitik, ist in wirtschaftlicher Hinsicht jedoch weitaus bedeutender. Groben Schätzungen zufolge zahlt die USA jährlich über 500 Milliarden Dollar an Zöllen an ausländische Handelspartner, auf der Habenseite dieser Bilanz stehen jedoch nur 77 Milliarden Dollar, die die USA von ihren Handelspartnern einnehmen.
Dass Donald Trump an dieser Stelle hart am Ruder wird drehen wollen, wurde bereits mehr als klar verlautbart, ob sich die dahingehend derzeit gehandelten Befürchtungen tatsächlich manifestieren werden, ist indes so sicher nicht, denn schon während dessen erster Amtszeit wurden deutlich höhere Zölle angedroht als letztendlich umgesetzt. Negative Nachrichten sind das nicht, schließlich könnte das Ausbleiben signifikanter Zölle eine globale Rally an den Aktienmärkten auslösen.
Geisterfahrer auf dem Zinspfad?
Im internationalen Vergleich werden die USA durchaus aus einer Position der Stärke agieren können, denn aus wirtschaftlicher Sicht liefert die US-Ökonomie nach wie vor gute Daten in Form von Lohnsummen, Arbeitslosenquoten, Erstanträgen auf Arbeitslosenunterstützung und einigen klassischen Konjunkturberichten. Zum Leidwesen der Nicht-Dollar-Währungen hat der Greenback auch deshalb sowohl bei den Zinssätzen als auch bei den makroökonomischen Differenzen einen Vorsprung gegenüber fast allen wichtigen ausländischen Währungen. Nicht zuletzt deshalb, weil der Konsens an der Wall Street das Tempo des angelaufenen Zinssenkungszyklus mittlerweile deutlich verlangsamt sieht. Verlangsamt, aber nicht gestoppt, eine Zinssenkung um 25 Basispunkte gilt als sicher, ein bis zwei weitere werden für möglich erachtet.
Angesichts dessen geht eine Gruppe von eingefleischten Anleihehändlern eine riskante Wette ein, nämlich die, dass der nächste Zinsschritt der Federal Reserve nach oben und nicht nach unten gehen wird! Diese Wette, die nach dem hervorragenden Arbeitsmarktbericht vom 10. Januar aufkam, steht in krassem Gegensatz zu eben jenem Wall-Street-Konsens und blieb auch nach dem positiven Inflationsbericht vom vergangenen Mittwoch bestehen - und dieser ließ immerhin die US-Anleiherenditen von ihren Mehrjahreshochs deutlich zurückgehen. Demnach sehen die Händler eine Wahrscheinlichkeit von etwa 25 Prozent, dass die Zentralbank die Zinsen bis zum Jahresende anheben wird. Bis vor über einer Woche wurde eine Zinserhöhung nicht einmal in Erwägung gezogen. Wie bei so vielen Dingen auf den Finanzmärkten dieser Tage handelt es sich auch dabei um eine Wette auf Trumps Politik. Sie hängt von der Vorstellung ab, dass Zölle und andere von der neuen Regierung verhängte Maßnahmen einen Inflationsanstieg auslösen werden, der die Fed zu einer außerplanmäßigen Kehrtwende zwingen wird.
Joe Biden verhilft Erdöl zu Abschieds-Hausse
Die positive Haltung Donald Trumps gegenüber fossilen Energieträgern bot den Ölmärkten seit Jahresbeginn trotz bärischem Umfeld einige Unterstützung, die aktuelle Ölpreisstärke jedoch ist maßgeblich Amtsvorgänger Biden geschuldet. Vor allem dessen in der vorvergangenen Woche verhängten Abschiedssanktionen gegen den russischen Energiesektor sorgten für einen sprunghaften Anstieg der Rohölpreise, die infolgedessen mit beinahe 83 Dollar pro Barrel (Sorte Brent) auf ein frisches Sechsmonatshoch schossen. Damit nutzte der scheidende US-Präsident die Gelegenheit der niedrigen Ölpreise und des drohenden Überangebots, um den Druck auf Moskau zu erhöhen.
Diese jüngsten Repressalien sind im Grunde der erste ernsthafte Versuch, den Geldfluss in die Kriegskasse des Kremls durch eine Einschränkung der Exporte zu begrenzen, denn die 2022 eingeführte Preisobergrenze hat die Öleinnahmen Moskaus nicht wirklich geschmälert. Weiteres Futter erhalten die Ölmärkte durch einen in der nördlichen Hemisphäre kälter als erwarteten Winter, dessen frostiges Wetter die Kraftstoffnachfrage bereits angekurbelt und die ohnehin relativ geringen Ölvorräte abgebaut hat, sowie die Aussicht darauf, dass auch den Fluss von iranischem Öl unter Donald Trump spürbar beschränkt werden könnte. Infolgedessen hat die Internationale Energieagentur (IEA) ihre Erwartungen für einen weltweiten Angebotsüberschuss in diesem Jahr gesenkt und nähert sich nun den höheren Nachfrageprognosen der OPEC an.
Weiteren Auftrieb erhält Erdöl durch neue Prognosen der großen Investmentbanken - Morgan Stanley, Citigroup und die Deutsche Bank korrigierten ihre Preisprognosen erst in der vergangenen Woche nach oben. JPMorgan stieg als letztes Wall Street-Schwergewicht aus der größten Klimafinanzierungsallianz der Branche aus, was ebenfalls als bullisches Signal gewertet wird.
Jedoch bleibt das pessimistische Preisbild weitgehend intakt, trotz aller Umwälzungen. Zum einen ist noch offen, wie viel russisches Öl durch die neuen Sanktionen, die von der Trump-Regierung angesichts der verbesserungswürdigen Beziehungen zu Vladimir Putin möglicherweise gar nicht so hart durchgesetzt werden, beeinträchtigt werden wird. Zudem erwartet die IEA für dieses Jahr immer noch einen beträchtlichen Überhang von 750.000 Barrel pro Tag. Dieser würde sich sogar noch vergrößern, wenn das OPEC+-Kartell seine abermals verschobenen Pläne zur schrittweisen Anhebung der Produktion im zweiten Quartal nun tatsächlich umsetzt.
Zu guter Letzt zeigt der weltgrößte Erdölimporteur China weiterhin Anzeichen für ein Abgleiten in die Deflationsspirale. Selbst mit den erwähnten bescheidenen Anhebungen der Preisprognosen durch fünf große Banken deutet der Durchschnitt auf einen Preis von etwa 70 Dollar pro Barrel für das Gesamtjahr 2025 hin, was 15 Prozent unter dem Biden-Hoch der vergangenen Woche liegt.
Goldene Zeiten für Big Oil dank Trump?
Immerhin, mit Donald Trump vereidigen die USA am Montag einen Präsidenten, der stets Amerikas Ölreichtum gepriesen und versprochen hat, diese Industrie besonders zu fördern. An sich könnte nun also ein goldenes Zeitalter für Big Oil anbrechen, wäre da nicht Trumps bemerkenswerte Unberechenbarkeit. Amtsvorgänger Biden war kein Freund der Ölindustrie, aber dessen klare regulatorische Grenzen waren verlässlich und viele politische Schritte vorhersehbar. Nun jedoch droht gleich am ersten Tag von Trumps Amtszeit eine mögliche politische Gefahr. Nicht nur, dass es noch nicht klar ist, wie er seine Befugnisse im Falle eines ausgerufenen Energienotstandes überhaupt nutzen wird, um die Produktion anzukurbeln. Klar ist nur, dass er diese wohl unmittelbar nach seiner Vereidigung in Anspruch nehmen wird. Zudem hat er Zölle auf kanadisches und mexikanisches Erdöl angedroht.
Jedoch ist ein Großteil der US-Raffinerieindustrie auf diese schwereren Rohöle und nicht auf das leichtere Öl aus Texas und North Dakota eingestellt. Die betroffenen Raffinerien haben das Thema zwar adressiert und mitgeteilt, dass eine Verteuerung des importierten Öls die Kosten für alle erhöhen und damit das Ziel des neuen Präsidenten, die Energiekosten zu senken, in Frage stellen würde. Es ist jedoch unklar, wie weit diese Botschaft gediehen ist. Auf der anderen Seite können es sich die US-Förderer auch nicht leisten, ihre Produktion aggressiv zu steigern, ohne die Rohölpreise zu untergraben. Angesichts dessen könnten die nächsten vier Jahre für die US-Energiewirtschaft genauso chaotisch sein, wie für jede andere Branche auch, eitel Sonnenschein ist an dieser Stelle jedenfalls keine ausgemachte Sache.
Goldman Sachs senkt Ziel für Goldpreis
À propos „goldene Zeiten“: im Edelmetallsektor überraschten die Experten der Investmentbank Goldman Sachs mit einer geänderten Prognose für den Goldpreis: Angesichts der verminderten Geschwindigkeit des US-Zinssenkungszyklus sehen die Analysten das bislang für dieses Jahr prognostizierte Preisniveau von 3.000 US-Dollar nun erst Mitte 2026. Auch hier werden Inflation und Zinspolitik die Richtung bestimmen, für beides bleiben die Annahmen unsicher. Bemerkenswert, und sehr hoffnungsvoll für die Goldbullen, ist die relative Stärke, die das Edelmetall vor allem angesichts des ungebrochenen Aufwärtstrends des US-Dollars und der steigenden Anleiherenditen an den Tag legt.
Die Zentralbanken dieser Welt werden sich von leicht pessimistischeren Kursprognosen der ein oder anderen Investmentbank nicht beeinflussen lassen. Immerhin ließ ein kürzlich veröffentlichtes Papier der Weltbank aufhorchen, in dem das Institut diesen darin einen Goldanteil an ihren Gesamtreserven von immerhin 22 Prozent empfahl. Wie wir bereits berichteten, sind nicht wenige bereits auf dem Weg dorthin, zuvorderst bekanntlich jene aus der Gruppe der Schwellenländer, aber auch, mit wachsender Zugkraft, die Staaten Osteuropas. Für den Goldpreis sollte sich das doch - in Verbindung mit den Krisen dieser Welt - positiv auswirken.