Nach vier Jahren Opposition streben CDU und CSU mit einem deutlichen Kurswechsel zurück an die Macht. Weniger Bürokratie, Steuererleichterungen, härtere Migrationspolitik und ein Ende des Bürgergeldes sollen Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit sichern. Der Fokus liegt auf dem Schutz des Status quo und der Korrektur vermeintlicher Fehlentwicklungen. „Die Ampel, das war bürokratische Gängelung. Das war politische Mikrosteuerung nach ideologischen Wünschen – wie das Heizungsgesetz aus dem Hause Habeck“, so die Union.
Ihr Kurs ist nicht nur konservativ, sondern kalkuliert: Mit der Rückbesinnung auf traditionelle Werte und einer scharfen Abgrenzung zur Ampel zielt die Union auf enttäuschte Wähler aus der politischen Mitte und dem rechten Spektrum. Das Ziel ist klar: Ein Ende der rot-grünen Ära – und ein Neustart für die Union.
Wirtschaftspolitik: Wachstum und Steuererleichterungen
Die Wirtschaftspolitik steht im Zentrum der ambitionierten Pläne. Beabsichtigt sind Steuererleichterungen, die Unternehmen entlasten und Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit stärken sollen. Unternehmenssteuern sollen auf 25-Prozent sinken, die Umsatzsteuer für die Gastronomie dauerhaft bei 7-Prozent bleiben. Für Bürger sind die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, höhere Freibeträge und eine flachere Steuerprogression vorgesehen.
Auch Familien sollen profitieren: Mehr Kindergeld und eine Vermögensbildungsprämie stehen auf dem Programm. Laut Steuerzahlerbund könnten Gutverdiener bis zu 10-Prozent, Gering- und Mittelverdiener bis zu 14-Prozent mehr netto erhalten. Eine Vermögenssteuer lehnt die Union strikt.
Bürokratie: Der Staat als Hemmschuh
Neben Steuererleichterungen will die Union auch die Bürokratie entschlacken. Ein „Einmal-reicht-Ansatz“ soll Bürger und Unternehmen entlasten, indem Daten nur einmal eingereicht und digital vernetzt verarbeitet werden. Neue Vorschriften sollen zeitlich befristet und regelmäßig überprüft werden, um unnötige Regelungen konsequent abzuschaffen. Zudem plant die Union, mit Künstlicher Intelligenz Verwaltungsprozesse zu beschleunigen und Doppelstrukturen durch die Zusammenlegung von Behörden abzubauen. Ziel ist ein moderner Staat, der Bürgern und Unternehmen als Partner dient – statt ihnen im Weg zu stehen.
Sozialpolitik: Abschaffung des Bürgergeldes und neue Grundsicherung
In der Sozialpolitik setzt die Union auf Eigenverantwortung und Leistung. Das Bürgergeld, von der Ampelregierung eingeführt, soll abgeschafft werden, da es aus Sicht der Union „milliardenschwere Fehlanreize“ setzt. Stattdessen plant sie eine neue Grundsicherung. „Wer arbeiten kann, muss auch arbeiten und darf nicht auf Kosten der Gemeinschaft leben“, lautet die Botschaft.
Auch Fehlverhalten, wie das Versäumen von Terminen im Jobcenter, soll konsequenter sanktioniert werden. Zugleich möchte die Union Arbeit attraktiver gestalten: Überstunden sollen steuerfrei bleiben, Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner und Geringverdiener erleichtert und die Pendlerpauschale erhöht werden.
Migration und Wirtschaft: Die Union zwischen Begrenzung und Fachkräftesicherung
In der Migrationspolitik verfolgt die Union einen klaren Kurs der Kontrolle und Steuerung. Geplant sind härtere Kontrollen an den EU-Außengrenzen, die Zurückweisung illegaler Einreiseversuche sowie konsequente Abschiebungen. Ausreisepflichtige Personen sollen umgehend in Abschiebehaft genommen und die Bundesländer bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht stärker unterstützt werden. Darüber hinaus soll straffälligen Doppelstaatlern die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden.
Gleichzeitig betrachtet die Union Migration nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Mit einem Punktesystem will sie gezielt qualifizierte Arbeitskräfte nach Deutschland holen – abgestimmt auf berufliche Qualifikationen und den Bedarf der Wirtschaft.
Finanzierung und Schuldenbremse: Eine riskante Rechnung der Union
Zu den weiteren Plänen der Union zählen der Erhalt des Verbrennungsmotors, Anpassungen im Heizungsgesetz, die Stärkung der Mütterrente sowie eine Senkung der Stromsteuern.
Doch all das hat seinen Preis: Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) könnten die Pläne bis zu 89 Milliarden Euro kosten. Um diese Ausgaben zu finanzieren, setzt die Union auf Einsparungen, etwa durch die Abschaffung des Bürgergeldes, geringere Sozialausgaben und Bürokratieabbau. Gleichzeitig soll ein jährliches Wirtschaftswachstum von 2-Prozent die langfristigen Steuereinnahmen steigern. An der Schuldenbremse hält die Partei dabei strikt fest – ein Signal, das finanzpolitische Disziplin und Stabilität demonstrieren soll.
Kritiker bezweifeln, dass diese Rechnung aufgeht. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält die Wachstumsprognosen für „unrealistisch“ und warnt, dass ohne Steuererhöhungen oder neue Schulden die Finanzierungslücken nicht zu schließen sind. Scheitert der Balanceakt zwischen ambitionierten Reformen und strenger Haushaltsdisziplin, könnte die Glaubwürdigkeit der Union erheblich leiden.
Zusammenarbeit mit der AfD: Ein gefährlicher Tabubruch
Ein weiteres heikles Thema ist ihre Zusammenarbeit mit anderen Parteien. Nach aktuellen Umfragen könnte die Union für eine Regierungsbildung auf SPD oder Grüne angewiesen sein – Parteien, die kaum bereit sein dürften, zentrale Reformen der Ampelkoalition zurückzunehmen. Dies birgt erhebliches Konfliktpotenzial, insbesondere in den sensiblen Bereichen der Sozial- und Migrationspolitik.
Zusätzliche Brisanz bringt der Umgang mit der AfD im Bundestag. Zwar hält die Union offiziell an ihrem Unvereinbarkeitsbeschluss aus 2018 fest, der eine Zusammenarbeit mit der Partei ausschließt. Doch Kanzlerkandidat Friedrich Merz ließ es zu, dass AfD-Stimmen entscheidend zur Mehrheit für seinen Fünf-Punkte-Migrationsplan beitrugen. Kritiker sprechen von einem gefährlichen Tabubruch, der das Vertrauen der Union sowohl bei der politischen Mitte als auch bei konservativen Stammwählern erschüttern könnte – während die AfD diesen Schritt als „historischen Erfolg“ feiert.
Union am Scheideweg: Neustart oder Glaubwürdigkeitsverlust?
Zusammenfassend sind die Herausforderungen für die Union enorm. Ihre ehrgeizigen Reformen stehen nicht nur auf wackeligen finanziellen Beinen, sondern die politische Strategie – insbesondere die stillschweigende Zusammenarbeit mit der AfD – birgt zusätzlich erhebliche Risiken. Während Wirtschaftsverbände die Pläne als pragmatisch loben, drohen gesellschaftliche Spannungen durch die Asyl- und Sozialpolitik weiter zu eskalieren.
Am Ende liegt die Entscheidung bei den Wählern: Setzen sie auf den konservativen Neustart der Union oder verlieren sie das Vertrauen in eine Partei, die bereit ist, ihre Grundsätze zugunsten politischer Mehrheiten aufs Spiel zu setzen? Die Bundestagswahl wird zeigen, ob die Union ihren ambitionierten Kurs umsetzen kann – oder an ihren eigenen Widersprüchen scheitert.