Unternehmen

Insolvenzwelle bei Pflegeheimen: 1264 Pflegeeinrichtungen insolvent oder geschlossen

Nach ausbleibender Pflegereform: In Deutschland geraten immer mehr Pflegeheime und -dienste in finanzielle Not. Und das Heimsterben geht weiter, obwohl der Pflegebedarf in Deutschland wächst. Ein Grund für die Insolvenzen ist mangelnde Zahlungsmoral der Kassen. So sanieren sich klamme Kassen auf Kosten von Pflegeanbietern.
14.04.2025 17:22
Lesezeit: 2 min
Insolvenzwelle bei Pflegeheimen: 1264 Pflegeeinrichtungen insolvent oder geschlossen
Pflege vorm Kollaps in Deutschland: Insolvenzen und Schließungen von Pflegeeinrichtungen steigen trotz enormen und wachsenden Pflegebedarf. (Foto: dpa) Foto: Bernd Thissen

In Deutschland geraten immer mehr Pflegeheime und -dienste in finanzielle Not.

Insolvenzen: Fast 1300 Pflegeeinrichtungen insolvent oder geschlossen

So wurden seit Anfang vergangenen Jahres nach einer Erhebung des Arbeitgeberverbands Pflege bei 1.264 Pflege-Einrichtungen Insolvenzen oder Schließungen bekannt, wie Verbandsgeschäftsführerin Isabell Halletz in Berlin sagte. „Das macht uns große Sorgen, weil trotz wachsenden Bedarfs etliche Pflegeplätze wegbrechen.“

Für Schlagzeilen sorgte zuletzt der Fall des Pflegekonzerns Argentum – mit 2.800 Mitarbeitern und bundesweit 40 Standorten. Dort werden rund 3.100 Menschen gepflegt. Darüber hinaus betreibt die Gruppe rund 300 Einheiten im Bereich Betreutes Wohnen. Damit zählt Argentum zu den führenden Betreibern von Senioreneinrichtungen in Deutschland. Das Leistungsportfolio umfasst vollstationäre Pflege, Betreutes Wohnen sowie Kurzzeit- und Haushaltspflege.

Pflegegruppe Argentum geht in die Insolvenz

Dessen vier Holdinggesellschaften hatten am 1. April Insolvenz in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Bad Homburg beantragt, wie mehrere Medien berichteten. Als Gründe für die Schieflage von Argentum führt das Unternehmen die bekannten Probleme der Branche auf. „Die Pflegebranche steht gegenwärtig vor großen Herausforderungen wie Fachkräftemangel, steigenden Betriebskosten, bürokratischen Hürden und unzureichender Finanzierung, mit denen sich auch die Argentum Pflege Gruppe konfrontiert sieht“, heißt es in einer Mitteilung

„Heimsterben geht weiter“

Tatsächlich dokumentierte der Arbeitgeberverband Pflege bereits Anfang vergangenen Jahres in einer eigens erstellten „Deutschlandkarte Heimsterben“, wie stark die Branche unter Druck steht. Über 800 Insolvenzen oder Schließungen in der Altenpflege zählte der Verband demnach 2023. Verbandspräsident Thomas Greiner sagte damals: „Und das Heimsterben geht weiter, egal ob familiengeführtes Pflegeheim, kirchliche Sozialstation oder leistungsstarkes Pflegeunternehmen.“

Fehlende Pflegereform und mangelnde Zahlungsmoral der Kassen

Angesichts der wachsenden Probleme und des immer größer werdenden Pflegebedarfs in der alternden Gesellschaft hatte der noch amtierende Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Herbst eine Pflegereform angekündigt. Auf den Weg kamen Verbesserungen vor dem Bruch der Ampel-Koalition aber nicht mehr.

Verbandsgeschäftsführerin Halletz macht als Hauptursache für die finanzielle Schieflage vieler Pflegeanbieter mangelnde Zahlungsmoral der Kassen verantwortlich. Die Leistungen der Heime und Dienste würden meist nicht zeitnah bezahlt. „Das türmt sich bei den Pflegeunternehmen zu sechs- bis siebenstelligen Summen auf“, sagte Halletz. Klamme Kassen sanierten sich auf Kosten von Pflegeanbietern. „Die Pflegeunternehmen werden als Bank der Kassen missbraucht“, sagte Halletz.

Lange dauere es auch bei den Sozialämtern, die bei bedürftigen Menschen für die Eigenanteile einspringen – aber oft erst nach monatelanger Wartezeit, wie Halletz kritisierte. „Die Anbieter erbringen also Leistungen, die zunächst gar nicht finanziert werden - das trifft auch größere Unternehmen.“

Branche hofft auf neue Regierung

Gefragt seien nun die Parteien, die derzeit über die nächste Regierung in Deutschland verhandeln. „Der Abbau von Strukturen sollte ein großes Warnzeichen an die Politik sein“, mahnte Halletz. Die Pflegeunternehmen müssten gestärkt werden. Gegenüber den Pflegekassen dürften sie nicht mehr „wie Bittsteller“ auftreten müssen, forderte die Verbandsmanagerin. Laut Statistischem Bundesamt hatte es zuletzt 11.250 Pflegeheime mit vollstationärer Dauerpflege und 15.549 ambulante Pflegedienste in Deutschland gegeben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

 

DWN
Politik
Politik EU plant Anpassungen an der DSGVO: Mehr Spielraum für KI zu Lasten des Datenschutzes?
19.11.2025

Die Europäische Union plant umfassende Änderungen ihrer Digital- und Datenschutzregeln, um Innovationen im Bereich künstlicher...

DWN
Politik
Politik Russisches Geld soll nach Kiew fließen - trotz Korruptionsskandals: Von der Leyen schreibt Merz & Co.
19.11.2025

Für die Nutzung der russischen Gelder werben insbesondere Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und von der Leyen. Ihr Plan sieht vor, der...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie rutscht ab: Friedenspläne der USA zum Ukraine-Krieg belasten den Rheinmetall-Aktienkurs
19.11.2025

Die Rheinmetall-Aktie gerät nach frischen US-Friedenssignalen erneut in turbulentes Fahrwasser. Analysten bleiben optimistisch, doch die...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen im Fokus: Anleger reagieren auf überhitzte KI-Aktien und reduzieren ihre Positionen
19.11.2025

Investoren an den US-Börsen beobachten derzeit starke Bewegungen im KI-Sektor, während große Akteure gleichzeitig ihr Portfolio neu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nach Exportbeschränkungen für Nexperia-Chips: Niederlande geben Kontrolle über Chip-Firma Nexperia ab
19.11.2025

Ende September hatte die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia übernommen. China reagierte kurz darauf mit einem...

DWN
Finanzen
Finanzen Verbraucherumfrage: Debitkarten und Smartphones verdrängen Bargeld in Deutschland
19.11.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass in Deutschland das Bezahlen mit Debitkarte und Smartphone zunehmend das Bargeld verdrängt. Fast die...

DWN
Finanzen
Finanzen Rentenplus 2026? Wann Ruheständler steuerpflichtig werden
19.11.2025

Rentner aufgepasst: Kommendes Jahr könnten die Renten in Deutschland erneut steigen. Was einerseits erfreulich ist, kann andererseits dazu...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktienstrategie: Wie Profis erkennen, wann es Zeit zum Ausstieg ist
19.11.2025

Der perfekte Verkaufszeitpunkt an der Börse ist selten. Doch wer Gewinne nicht rechtzeitig realisiert, riskiert, sie wieder zu verlieren....