Corona-Bilanz: „Man hat eine ganze Generation Kinder einfach geopfert"
„Die Bilanz von Corona ist, dass man eine ganze Generation Kinder einfach geopfert hat und alle Folgeschäden ausblendet“, sagt Birgit Kelle in ihrem Buch. „Wir haben in dieser Corona-Situation viel aus der Perspektive der Erwachsenen gedacht und man hat die Kinder im Prinzip hin und her geschoben. Man hat ihnen viel abverlangt und viele dieser Kinder haben enorme Schäden davongetragen“, sagt Kelle. „Die körperlichen Schäden, die psychischen Schäden, aber auch die Schäden, die man nicht sehen kann – was man in einer Gesellschaft anrichtet, wenn man eine ganze Generation zum Gehorsam erzieht –, hat die Kinder stärker betroffen als die Erwachsenen.“
Kinderimpfung ohne medizinischen Nutzen - Warum?
Wie kam es dazu, dass auch Kinder großflächig zu Impfungen gedrängt wurden? Kelle sieht dort die Ständige Impfkommission (Stiko) in der Verantwortung, welche politisch „massiv unter Druck gesetzt wurde durch die Politik.“ Laut Kelle ergibt sich aus den RKI-Protokollen, dass „schon der Gesundheitsminister Spahn damals eine Impfkampagne für Kinder plante – zu einem Zeitpunkt, als die Stiko noch sagte ‚Nein, Kinderimpfung ist nicht zu empfehlen‘.“ Doch innerhalb von rund zwei Wochen sei die Stiko gekippt und habe eine Impfempfehlung herausgegeben.
„Irgendwie wieder die Kinder zurückimpfen in den Alltag, also ohne medizinischen Nutzen?“ Kelle fragt sich, wie man als Stiko jemals seinen Ruf wiederherstellen wolle. „Denn wenn ich mich einmal durch politischen Druck hinreißen lasse, dann werde ich das wieder tun.“
Impfung schützte nicht vor Ansteckung, doch der Mythos wurde gewahrt
Auch mit den Mythen der Wirkung einer Coronaimpfung räumt Kelle auf. „Die Politik wusste von Anfang an, dass diese Impfung eine Fremdansteckung gar nicht verhindert. Das ist ein interessanter Aspekt, weil dieses Wissen ‚Was kann die Impfung eigentlich?‘“ hat sich im Laufe der Zeit gewandelt und schon allein die Verwendung des Begriffs ‚Impfung‘ ist heute eigentlich umstritten.“
Niemand dürfe jemals verlangen, dass man sich zum Wohle eines Fremden mit einem Impfstoff impfen lasse. „Nicht umsonst ist das eine Körperverletzung, die nur mit Einwilligung durch den Arzt verfügbar war. Die Erzählung war ja nicht ganz unglaubwürdig. ‚Also wenn jetzt alle geimpft sind und sich nicht mehr anstecken können, dann sind wir alle wieder frei und insofern ist es ein Dienst an der Gemeinschaft.‘ Das fand ich damals nachvollziehbar. Aber wenn Kinder gar keine Virenschleuder waren – das war das, was die Politik jedenfalls wusste –, dann gab es keine Notwendigkeit.“
Jeder Arzt weiß, dass die Entwicklung eines Impfstoffs Jahre benötigt
Kelle fordert bis heute mehr Aufklärung und Konsequenzen aus den Corona-Fehlern, insbesondere von der Politik. Dass man bei der Impfung sogar „Kinder in diese Sippenhaft mit einverleibt“ habe, war nur eine von vielen Grenzüberschreitungen. „Jeder Fachexperte, jeder, wirklich jeder Arzt, auch jeder Hausarzt weiß, dass die Entwicklung eines Impfstoffs, der halbwegs nebenwirkungsfrei ist, fünf bis sechs Jahre braucht. Und wir haben hier in nicht einmal einem Jahr plötzlich einen Impfstoff auf den Markt geknallt. Und dann hat man ihn selbst Schwangeren und auch kleinen Kindern verabreicht und man wusste einfach nicht, was tatsächlich die Nebenwirkungen sind.“ Die Politik habe die Bevölkerung bewusst getäuscht. Kelle: „Wie viele Eltern haben in gutem Glauben ihre Kinder geimpft, weil sie dachten, es sei richtig so?“
In ihrem neuen Buch „Die Corona-Generation“ hat Kelle mit betroffenen Familien gesprochen, dessen Kinder tatsächlich Schäden davongetragen haben, mit denen sie nicht gerechnet haben. Und das Schlimmste sei: Die Probleme seien zu Beginn nicht einmal ernst genommen worden.
Corona-Maßnahmen: Jeder Fünfte hat psychische Auffälligkeiten
So zeigt etwa die Studie "Corona und Psyche" (COPSY), für die Forschende Kinder und Jugendliche und ihre Eltern in regelmäßigen Abständen befragt haben: Den Schülern geht es jetzt zwar wieder besser als während der Pandemie, ihre psychische Gesundheit hat sich aber auf einem schlechteren Zustand eingependelt als davor.
Mehr als jedes fünfte Kind und jeder fünfte Jugendliche zeigt demnach psychische Auffälligkeiten, leidet unter Ängsten oder sagt, dass die Lebensqualität beeinträchtigt ist – das sind noch mal etwa fünf Prozentpunkte mehr als in der Zeit vor der Pandemie. Mehr als jeder Zehnte berichtet von depressiven Symptomen.
„Wir sehen, dass da etwas zurückgeblieben ist“
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt das Deutsche Schulbarometer Schüler, für das Psychologe Julian Schmitz und sein Team tausende Kinder und Jugendliche befragt haben. „Das ist schon bedeutsam“, so Schmitz. „Wir sehen, dass da etwas zurückgeblieben ist.“
Auch die Daten von Krankenkassen zeigen, dass die psychischen Erkrankungen während der Pandemie deutlich zugenommen haben. Laut dem DAK-Kinder- und Jugendreport sind psychische Erkrankungen insbesondere bei Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren stark gestiegen: Im Jahr 2022 litten 24 Prozent mehr Mädchen an Depressionen, 44 Prozent mehr an Angststörungen und sogar 51 Prozent mehr an Essstörungen als noch im Jahr 2019.
Psychologe Schmitz verweist darauf, dass sich auch die Wartezeiten für Therapieplätze deutlich verlängert haben. Laut der "Trendstudie Jugend in Deutschland 2024" ist jeder zehnte Jugendliche wegen einer psychischen Erkrankung in Behandlung.
Soziologin Zartler ist in den Gesprächen mit Jugendlichen aufgefallen, dass vor allem das Thema Depressionen sehr präsent geworden ist. "Plötzlich wusste jeder, was Depressionen sind, weil es in jeder Klasse Mitschüler gab, die während der Homeschooling-Phasen völlig abwesend waren oder die nach der Pandemie nicht mehr in die Schule zurückgekommen sind", sagt Zartler. "Das war sehr deutlich zu merken in den Klassen, mit denen wir gesprochen haben, dass alle Jugendlichen Gleichaltrige kannten, die nach wie vor massiv unter den Folgen der Pandemie leiden."
Verlorene Lebenszeit, fehlende Erinnerungen
Forschende nennen verschiedene Faktoren, warum die Pandemie zu verheerenden psychischen Problemen geführt hat:
Einsamkeit
Durch Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen hatten Kinder und Jugendliche über längere Phasen nur mit ihrer Kernfamilie Kontakt. „Sie hatten mehr oder weniger verordneten Hausarrest – und das gemeinsam mit ihren Eltern“, sagt Soziologin Zartler.
Gerade für Jugendliche ist das problematisch, weil sie einen wichtigen Entwicklungsschritt machen müssen: „Jugendliche lösen sich von ihrer Herkunftsfamilie ab und schließen sich Gleichaltrigen an. Das ist wichtig, um eine soziale Identität aufzubauen“, sagt Psychologe Schmitz.
Der fehlende Kontakt habe dazu geführt, dass einige Kinder und Jugendliche kein ausreichendes soziales Netz aufbauen konnten, was wiederum ein wichtiger Faktor für die Resilienz ist – also die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen.
Panikmache: Extremer Stress
Unabhängig von Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen war die Pandemie für alle Kinder und Jugendlichen eine Ausnahmesituation. „Wir sind jeden Morgen aufgewacht und haben im Radio gehört, wie viele Menschen gestorben sind, das kann man sich kaum mehr vorstellen“, sagt Psychologe Schmitz.
„Also, selbst wenn man die Schulen offen lässt, bekommen Kinder und Jugendliche natürlich die Pandemie mit. Sie wachsen in einer Gesellschaft auf, die in einem Ausnahmezustand lebt.“
Massive Ängste und Schuldgefühle
Viele Kinder und Jugendliche hatten nach der politischen und medialen Berichterstattung zudem Angst, ihre Eltern und Großeltern anzustecken. Soziologin Zartler erinnert sich an Berichte von Familien, die sie während der Anfangszeit der Pandemie begleitet hat.
„Eltern haben mir erzählt, dass ihr Sohn, ein Grundschulkind, schwerstens beunruhigt ist, weil er der Oma kurz vor dem Lockdown ein Bussi gegeben hat und Angst hat, dass die Oma jetzt sterben muss“, erzählt Zartler. „Das sind massivste Ängste, mit denen die Kinder konfrontiert waren.“ Einige hatten auch Schuldgefühle, weil sie dachten, sie hätten das Virus aus der Schule mitgebracht und zu Hause mehrere Familienmitglieder angesteckt hatten. Auch das waren große Stressoren, die psychische Probleme begünstigt haben können.
Gestohlene Lebenszeit: Verlorene Lebenszeit für immer
„Die Zeit ist einfach so verronnen“, „Die ganze Pandemie war wie so ein Klumpen„, „Mir wurde Lebenszeit gestohlen“ – das sind Sätze, die Soziologin Zartler in Gesprächen mit Jugendlichen immer wieder gehört hat. „Einige konnten drei Jahre lang ihren Geburtstag nicht feiern, weil einfach immer Lockdown war“, sagt sie.
Dabei muss man auch beachten, dass Kinder und Jugendliche eine andere Zeitwahrnehmung haben als Erwachsene: „Für eine Zwölfjährige sind drei Jahre Pandemie ein Viertel ihres Lebens. Das ist so, als würde man zu einer vierzigjährigen Person sagen, die Pandemie dauert jetzt mal zehn Jahre“, so Zartler.
Kinder und Jugendliche haben Schlüsselerlebnisse wie die Einschulungsfeier, Abschlussfahrten oder die Party zum 18. Geburtstag verpasst, die sie nicht mehr nachholen können. Diese fehlenden Erinnerungen belasten sie teilweise bis heute.
Fazit: Eine junge Generation im Ausnahmezustand
Psychische Schäden, Bildungslücken, Bewegungsmangel, zerstörte Biografien: Auch gab es nach der Pandemie keine Zeit, um zu verschnaufen. Der Ukrainekrieg, der Krieg im Nahen Osten, die Inflation, die Wirtschaftsflaute und die Klimapanik sind nur einige von vielen Krisen, die Kinder und Jugendliche mitbekommen. Sollte es eine neue vergleichbare Krise geben, muss das berücksichtigt werden: Wie kann man dafür sorgen, die Schulen so lange wie möglich offenzulassen? Und sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche trotzdem mit Gleichaltrigen in Kontakt bleiben und soziale Netze aufbauen können? Nur ohne staatlich gelenktes Angstsystem und Lehrer als Erfüllungsgehilfen lassen sich Kinder und Jugendliche schützen. Und es darf nie wieder vorkommen, dass die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen als Kollateralschaden geopfert wird.