Politik

Südafrikas Bürger müssen heute noch für teure WM-Stadien zahlen

Die Fußball-WM 2010 hat Südafrika keinen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht. Die versprochenen Arbeitsplätze konnten nicht geschaffen werden. Das Schwellenland leidet nach wie vor unter chronischer Arbeitslosigkeit. Zudem müssen die teuren Stadien unterhalten werden.
24.06.2014 10:59
Lesezeit: 2 min

Südafrika brachte die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 nur kurzfristigen Erfolg. Einen dauerhaften ökonomischen Nutzen hat das Land nicht daraus ziehen können. Viele Sporttempel liegen heute brach. Ihr Unterhalt belastet den ohnehin angeschlagenen Haushalt.

Im Jahr 2010 hat die WM gemäss Schätzungen 0,2% bis 0,4 % zum Bruttoinlandprodukt beigesteuert”, berichtet die Neue Züricher Zeitung. Sowohl der Tourismus als auch der Baubranche gingen es gut. Das hat sich geändert. Denn anders als von Fifa-Präsident Sepp Blatter noch 2010 im Schweizer Fernsehen prognosiziert, wird eben nicht dauerhaft verdient: Neue Arbeitsplätze konnten nicht geschaffen werden. Das Schwellenland leidet nach wie vor unter chronischer Arbeitslosigkeit. Ein wirtschaftliches Wachstum gibt es kaum (mehr hier). Dazu kommt nun noch die Last der WM-Spiele. Die hieraus entstandenen Kosten tragen die Steuerzahler nach wie vor. Sie müssen die Betriebskosten durch eine Dezifitgarantie decken. Millionen, die andernorts fehlt.

Ein Paradebeispiel für das teure Erbe der WM 2010 ist eines der Wahrzeichen von Kapstadt. Das architektonisch eindrucksvolle Cape Town Stadium. Die Multifunktionsarena mit 68.000 Plätzen kostete umgerechnet rund 280 Millionen Euro. Seit der Fertigstellung Ende 2009 schlagen Betrieb und Instandhaltung noch einmal mit gut 29,6 Millionen Euro zu Buche. Der NZZ zufolge entspricht das aber mehr als dem Vierfachen der Einnahmen in diesem Zeitraum.

Das Dilemma: Das einst zuständige private Betreiberkonsortium zog sich bereits kurz nach der WM zurück. Jetzt liegt die Verantwortung bei der Stadt. Diese kann den heute 55.000 Plätze fassenden Megabau nur noch gelegentlich füllen. Etwa mit Konzerten internationaler Superstars. Fußball ist im Stadion mittlerweile zur Nebensache geworden. Regelmäßig kickt hier nur noch der lokale Verein Ajax Cape Town. Und dieser ist bereits froh, wenn zehn Prozent der Ränge zu günstigen besetzt werden können.

Neue Sportarten, wie den Rugby-Verein Western Province ins Boot zu holen, scheiterten bislang. Alternative Verwendungsvorschläge gibt es zuhauf. Sie reichen vom Umbau in Sozialwohnungen bis hin zum Abriss. Die Idee der Stadt Kapstadt: Ein Vergnüngungszentrum. Blockiert werden solche langfristigen kommerziellen Ideen aber von den wohlhabenden Anwohnern in Green Point. Diese hatten schon vor dem Bau des Cape Town Stadiums heftig protestiert. Nun wird daran gearbeitet, das Nutzungsmodell zu ändern. Auch ein privates Management soll eingebunden werden.

Wie es besser gehen kann, macht Durban vor. Das dortige Moses-Mabhida-Stadion ist mit einer Kapazität von 70.000 Plätzen das zweitgrößte der fünf neu gebauten Fußballarenen der Weltmeisterschaft 2010. Dort laufen die Geschäfte mittlerweile sieben Tage die Woche, so das SRF. Cafés, Fußball, Klettertouren, Skycar, Bungee-Jumping und weitere Attraktionen locken das Publikum in und um das Stadion. Eingeplant waren diese schon beim Entwurf des Bauwerks. Noch werden Verluste geschrieben. Doch auch hier lautet das Ziel: Es braucht einen dauerhaften Zuschauer-Magneten, um die Kosten zu decken.

Die Fifa hat die WM in Südafrika eigenen Angaben zufolge übrigens gut vier Milliarden US-Dollar eingebracht. Insgesamt sei Südafrika 2010 für 87 Prozent des Gesamtertrags der FIFA zwischen 2007 und 2010 verantwortlich gewesen. Bei der aktuellen Fußball-WM in Brasilien rechnet die FIFA mit einem Ertrag in Höhe von 3,66 Milliarden US-Dollar. Der Aufwand soll bei 1,30 Milliarden US-Dollar liegen (mehr hier).

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...