Die Preise für Anzeigen in den Parteimitglieder-Zeitungen sind zweifelsohne überhöht. Doch den Werbekunden kann der Preis relativ egal sein. Ihr Ziel ist nicht Umsatz durch Leser, sondern Umsatz durch politische Intervention. Um zu sehen, wer bereit ist, solche Mondpreise zu zahlen, braucht man lediglich durch eine Ausgabe einer der Partei-Mitgliederzeitschriften zu blättern. Stark präsent sind Verbände und Unternehmen, die von Entscheidungen der Politik abhängig sind: Energieunternehmen, Auto-Unternehmen, die Deutsche Post, die Landesbanken, Zigarettenunternehmen, das Rüstungsunternehmen EADS, aber auch viele öffentliche Unternehmen. Nur die Linkspartei hat bisher Anzeigen aus ihrer Mitgliederzeitschrift verbannt.
Wie wichtig die politische Einflussnahme in Bezug auf Sponsoring ist, zeigt die gegenwärtige Lage der FDP Parteimitgliederzeitschrift ELDE. Bis zu der Bundestagswahl erschien die Zeitschrift sechs Mal im Jahr. Seit dem Scheitern der FDP bei der jüngsten Bundestagswahl, wodurch sie weder in der Regierung noch im Bundestag vertreten ist, reduzierte die FDP die ELDE auf nur drei Ausgaben im Jahr und verbilligte die Anzeigenpreis um ein Drittel (eine ganzseitige Farbanzeige kostet nun 10.000 statt 15.000 Euro). Trotzdem gab es in der einzigen bisherigen Ausgabe nur eine einzige Anzeige, und die stammt von der Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP.
Die Unternehmen und ihre Lobbyisten fangen schon früh an, ihre politischen Kundschaft zu pflegen. Im Magazin „Entscheidung“ der Jungen Union, findet man kaum Werbung, die eine jungen Menschen interessieren könnte, dafür viele Anzeigen von EnBW, Vattenfall, Statoil, Sanofi, Tank & Rast, Reemtsma, British American Tobacco, dem Verband der Automatenwirtschaft, dem Verband der Privatversicherungen und ähnlichen. Bis zu 2.800 Euro lassen diese Sponsoren für eine ganzseitige Anzeige springen. Kleines Geld im Vergleich zu den Großen – das „Union Magazin“ der Mutterpartei nimmt 9.000 Euro. Die Unternehmen investieren in ihrer Zukunft. Auch bei den Frühlingsempfängen der „Entscheidung“ sind viele Sponsoren wie Vattenfall, der Verband der Automatenwirtschaft, Reemtsma, Airbus oder Phillip Morris großzügig dabei. Obwohl die Junge Union die Summe der Sponsoring-Beitrag von Phillip Morris für diesen Party im Jahr 2013 nicht nennen will, hat Phillip Morris laut eigenem Portal für das gleiche Fest im Jahr 2011 rund 10.000 Euro als Party-Sponsor beigesteuert.
Ein weiteres Sponsoring-Feld für die Parteien ist die Vermietung von Ständen bei Parteitagen. Bei den Bundesparteitagen findet man die gleichen Kunden wie bei den Mitgliederzeitschriften der Parteien. Bei einem Bundesparteitag kommen den großen Parteien Sponsoring-Gelder und Stand-Mieten zwischen einer halben und einer Million Euro zugute. Dazu gibt es eine Reihe von Sonderparteitagen, Landesparteitagen und ähnlichen Veranstaltungen. Zahlen nennen die Unionsparteien, SPD und FDP nicht. Die Linken haben vor Jahren aufgehört Sponsoren und bezahlte Stände bei ihren Parteitagen zu haben, während die Grünen sämtliche Standmieter und ihre Bezahlung auf ihrem Portal veröffentlichen .
Wie bei den Anzeigen in den Parteimitgliederzeitschriften sind die Preise der Stände bei Parteitagen öfters überhöht. Bei den Bundesparteitagen mit gelegentlich eintausend Gästen, die üblicherweise 48 Stunden dauern, übersteigen die Quadratmeterpreise für Stände die von vielen großen kommerziellen Messen, obwohl diese eine Woche oder zehn Tage dauern, hunderttausende Besucher haben und hohe Umsätze generieren.
Wie bei den Anzeigen, treten die Unternehmen ebenfalls bei Tagungen von Jugendorganisationen der Parteien auf. 2009 sponserte Phillip Morris die 30 Jahrestagfeier der Jungen Liberalen, sowie ihre Jahrestagungen 2011 und 2012, alle mit jeweils rund 5000 Euro. Phillip Morris mietete zum Beispiel bei den Deutschlandtagen der Jungen Union in den Jahren 2010 bis 2012 (Zahlen für 2013 sind von Phillip Morris noch nicht veröffentlicht) ebenfalls Stände für bis zu 10.000 Euro. Die weitere Sponsoren der Junge Union Deutschlandtagen in 2013 waren die Üblichen: VW, Deutsche Bahn, Vodafone, Evonik, Deutsche Telekom um nur ein paar zu nennen.
Nachdem im Jahr 2003 Spenden an politische Parteien durch Unternehmen, an denen die öffentliche Hand eine Beteiligung von über 25 Prozent hält, untersagt wurde, wichen diese Unternehmen auf Sponsoring, Anzeigen in Mitgliedermagazinen und Stände auf Parteitagen aus. Für viele dieser Unternehmen sind Anzeigen in Parteipublikationen sehr beliebt. Dazu zählt der Frankfurter Flughafen Fraport (mit Beteiligung der CDU Hessen und NRW), der Flughafen München, Lotto Hessen (mit Beteiligung der CDU Hessen), die Hessische Landesbank (auch mit Beteiligung der hessischen CDU) und selbstverständlich die Deutsche Bahn AG, eine hundertprozentige Holding des Bundes.
Im Frühjahr 2012 allerdings gab Rüdiger Grube, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn, bekannt: „Wir beteiligen uns an den Veranstaltungen und allen anderen Arten von politischem Sponsoring nicht mehr“. Prompt kam Druck von der Politik. Lange hat die Bahn das nicht durchgehalten. Seit 2013 sind ihre Stände bei Parteitagen und ähnlichen Parteiveranstaltungen wieder zu sehen. Diesen Kurswechsel wollte die Bahn nicht erklären, sondern sagte lediglich „Die im Bundestag vertreten Parteien werden nicht von der DB gesponsert“. Die Bahn unterhalte lediglich „Infostände, die mit DB-Personal besetzt sind“. Die Preise sind aber gleich, bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Dresden bezahlte sie in diesem Jahr 9.899,31 Euro für eine Standgröße von rund 25 Quadratmeter.
***
Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten dokumentieren in einer Serie das Wirken der Parteien. Vertreten Politiker wirklich den Willen des Volkes? Oder arbeiten sie auf eigene Rechnung?
Mathew D. Rose ist einer der angesehensten investigativen Journalisten in Deutschland. In seinem Buch “Korrupt? Wie unsere Politiker und Parteien sich bereichern – und uns verkaufen” folgt der Spur des Geldes und wirft einen Blick hinter die Finanzkulissen von Parteien und Politikern. Er enthüllt, dasss Politik nach den Gesetzen des Big Business funktioniert. Geld und Macht bestimmen immer öfter die politischen Entscheidungen. Die Demokratie droht auf der Strecke zu bleiben.
Teil 1 der Serie: „Parteien haben trotz Krise 450 Millionen Euro Vermögen angehäuft“ In Deutschland gibt es einen Staat im Staate, der sich mitten in der Wirtschaftskrise bisher ungeahnte Vermögen zugeschanzt hat: Die politischen Parteien haben ihre Position genutzt, den Steuerzahlern Millionen abzunehmen. Eine öffentliche Diskussion oder gar eine wirksame Kontrolle findet nicht statt (Lesen sie den Artikel hier).
Teil 2: „Steuerzahler müssen Partei-Apparate zwangsfinanzieren“
Die Diäten der Abgeordneten sind so hoch, weil der Steuerzahler über die Diäten auch noch die Parteien finanzieren muss. Jeder Mandatar zahlt einen Zwangsbeitrag. Was mit den Steuergeldern konkret geschieht, erfahren die Bürger in der Regel nicht (Lesen Sie den Artikel hier).
Teil 3: „Das große Tor für Lobbyisten: Parteien verschleiern 45 Millionen Euro pro Jahr“ Seitdem offizielle Parteispenden strenger geregelt werden, weichen die Parteien auf Sponsoring aus: Keine Höchstgrenzen, keine Spendernamen – Sponsoring taucht im Rechenschaftsbericht nicht auf. Diese Summen sind das Einfallstor für Lobbyisten, die auf die Gesetze Einfluss nehmen. Dank der Verschleierungspraxis der Parteien können sie sicher sein, dass der Bürger nie erfährt, warum es zu bestimmten Gesetzen kommt. (Lesen Sie den Artikel hier).