Finanzen

Merkel gibt 1,8 Milliarden Euro an neuen EU-Krediten für Ukraine frei

Lesezeit: 2 min
08.01.2015 20:47
Angela Merkel hat sich vom ukrainischen Premier Arseni Jazenjuk überzeugen können, dass sich die Ukraine auf einem guten Weg befindet. Weil die Entwicklung alternativlos ist, hat Merkel 1,8 Milliarden Euro aus EU-Steuergeldern freigegeben. Russland freut sich, weil für Moskau gut ist, was der Ukraine hilft: Die Ukraine kann so ihre Schulden bei Russland bezahlen. Und auch die Spekulanten können aufatmen: Die Steuerzahler werden zu ihrer Rettung in die Spur geschickt.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Angela Merkel hat am Donnerstag nach einem Treffen mit dem ukrainischen Premier Arseni "Jaz" Jazenjuk 1,8 Milliarden Euro an neuen Krediten für die Ukraine freigegeben. Jazenjuk habe einen "überzeugenden Plan" für die Reformen in Kiew vorgelegt und so die Kanzlerin überzeugt, berichtet die FT. Bereits einen Tag zuvor hatte Jazenjuk eine Kredit-Garantie der deutschen Steuerzahler in der Höhe von 500 Millionen Euro erhalten.

Der Plan hat schon vor einiger Zeit die Amerikaner überzeugt - nicht zuletzt, weil die ehemalige US-Außenamts-Angestellte Natalia Jaresko nun in Kiew das Finanzministerium leitet und bereits ein umfangreiches Privatisierungsprogramm vorgelegt hat.

Die neuen Steuergelder werden die einfachen Ukrainer ganz und gar nicht erfreuen: Sie müssen durch einen harten Austeritäts-Kurs, der vermutlich noch radikaler wird als jener in Griechenland. Jazenjuk hatte in Berlin bereits stolz verkündet, dass es harte Einschnitte geben werde.

Freuen dürfen sich zunächst die Russen: Ihre Chancen steigen, dass die Ukraine ihrem Schuldendienst nachkommt - sowohl gegenüber der russischen Regierung als auch gegenüber dem Energiekonzern Gazprom. Russland hatte der Ukraine für das Neujahrsfest Strom und Kohle ohne Vorkasse zur Verfügung gestellt. Diese Lieferungen dürften nun bezahlt werden.

Freuen darf sich auch die ukrainische Armee: Der Rekord-Haushalt für das Militär kann nun mit Leben erfüllt werden. "Jaz" hatte den Deutschen in den Tagesthemen voll Stolz erklärt, dass er, als er "ins Amt gesetzt" wurde, keine Armee gab - heute sei die Ukraine in der Lage, die EU gegen Putin zu verteidigen.

Eine gewisse Erleichterung dürfte die Entscheidung auch den Spekulanten wie George Soros bringen: Er hatte - perfekt abgestimmt auf den Besuch von "Jaz" in Berlin - Zahlungen in der Höhe von 50 Milliarden Dollar aus EU-Steuergeldern für Kiew verlangt. Soros fürchtet, dass er bei einer Staatspleite der Ukraine deutliche Verluste hinnehmen müsste. Der Bond-Markt reagierte auch sofort erleichtert, weil für die Spekulanten nun die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sie von den EU-Steuerzahlern ausbezahlt werden. 

Erst am Dienstag hatte die Regierung der Ukraine bekanntgegeben, dass 450 Millionen Dollar aus dem Militär-Etat "gestohlen" wurden.

Die EU-Steuerzahler dürfen sich nicht freuen, weil sie sich auf das nächste Fass ohne Boden einstellen müssen. Die EU feiert die neuerlichen Zahlungen an die Ukraine als politischen Meilenstein: „Europa steht geeint hinter der Ukraine“, zitiert European Voice den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Die EU-Kommission will die tatsächliche Auszahlung von dem Verlauf der Kredit-Verhandlungen zwischen Kiew und dem IWF abhängig machen - eine Formalie. Der IWF hatte seine Kredite zurückgehalten und auf einen neue Zahlung aus der EU gewartet.

„Wie immer geht Solidarität Hand in Hand mit einem Engagement für Reformen, die in der Ukraine dringend benötigt werden (…) Wir wollen der ukrainischen Regierung helfen, ihre Reformagenda in die Praxis umzusetzen“, zitiert die Financial Times Jean-Claude Juncker. Ende Dezember wehrten sich führende europäische Politiker dagegen, der Ukraine zusätzliche Kredite ohne weitere Auflagen zu überweisen.

Ob allerdings der Finanzierungsplan für die nächsten zwölf Monate wirklich erstellt werden kann, ist unklar. Davon hängt der 17-Milliarden-Dollar-Kredit des IWF ab. Aktuell befinden sich IWF-Vertreter in Kiew, um mit der ukrainischen Regierung über die Bereitstellung des IWF-Kredits zu beraten.

Bereits im Jahr 2014 hatte die EU im Rahmen von zwei Kredit-Programmen der Ukraine insgesamt 1,6 Milliarden Euro geliehen. 1,36 Milliarden Euro wurden bereits ausgezahlt. Weitere 250 Millionen Euro sollen im Frühjahr ausgezahlt werden.

Im vergangenen Jahr hatte Kiew eine Anfrage für einen Kredit in Höhe von zwei Milliarden Euro an Brüssel gestellt. Aufgrund der schwächelnden Konjunktur ist ein ukrainisches Haushaltsloch in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar entstanden. Auch Kiews Devisenreserven gehen zur Neige.

Man kann davon ausgehen, dass die nun genehmigten Kredite nur ein Anfang sind. Die EU könnte mit der Ukraine am Ende ein Schulden-Desaster erleben, gegen welches die Griechenland-Krise als eine Randnotiz der EU-Geschichte erscheint.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Medienberichte aus den USA: Joe Biden erlaubt Ukraine Angriffe auf Ziele in Russland
18.11.2024

Washington weicht Berichten zufolge die Beschränkungen für Angriffe der Ukraine mit US-Waffen auf russische Ziele auf. Konkret soll es um...

DWN
Politik
Politik Die Grünen heißen jetzt "Team Robert': Habeck soll Kanzler werden
17.11.2024

Der Parteitag ist vorbei. Selbstgefällige Harmonie, wenig Sinn für die realen Probleme im Land. Es dominiert die Autosuggestion, nicht...

DWN
Panorama
Panorama Dornröschen der Altmark: Wie Stendal nach Jahren im Abseits Wirtschaftsstandort wird
17.11.2024

Der Zug von Berlin in den Westen führt schon lange Jahre über Stendal nach Wolfsburg und dann Hannover. Neuerdings hält auch der ICE von...

DWN
Politik
Politik Weltweit viertgrößte Armee: Können Nordkoreas Truppen Russland zum Sieg verhelfen?
17.11.2024

Es ist eine Wende im Ukrainekrieg: Rund 10.000 nordkoreanische Soldaten wurden nach Europa entsandt, um dort an der Seite Russlands zu...

DWN
Politik
Politik Von der Leyen unter Druck: Geheimnisvolle Pfizer-SMS vor Gericht
17.11.2024

Welche Nachrichten tauschte Ursula von der Leyen auf dem Höhepunkt der Corona-Krise mit Pfizer-Chef Albert Bourla aus? Diese Frage...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Unwetter in Spanien: Mandarinen können teurer werden
17.11.2024

Wegen der starken Regenfälle in Spanien stehen viele Obst-Plantagen unter Wasser. Experten halten es für möglich, dass das auch Kunden...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersvorsorgedepot: Mit Aktien 600 Euro pro Jahr vom Staat - so funktioniert das!
17.11.2024

Ein sogenanntes Altersvorsorgedepot soll eingeführt werden, ein bezuschusstes und steuerbegünstigtes Wertpapierdepot. Doch was ist das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Weniger Gewerbeaufgaben bei größeren Betrieben: Was Unternehmer wissen sollten!
17.11.2024

Die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen eine interessante Entwicklung in der deutschen Wirtschaft: Während die Zahl der...