Finanzen

Atomausstieg: Landgericht Bonn weist Klage von EnBW ab

Lesezeit: 2 min
06.04.2016 12:12
Das Landgericht Bonn hat die Klage des Energiekonzerns EnBW gegen das 2011 von der Bundesregierung verhängte Moratorium bei Atomkraftwerken abgewiesen. EnBW kündigte an, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen.
Atomausstieg: Landgericht Bonn weist Klage von EnBW ab

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Energiekonzern EnBW hat mit seiner Klage gegen den Bund und das Land Baden-Württemberg  wegen des AKW-Moratoriums 2011 eine juristische Niederlage erlitten, wie Reuters meldet. Das Landgericht Bonn wies die Klage am Mittwoch ab. EnBW hatte vor dem Gericht 261 Millionen Euro Schadenersatz vom Bund und vom Land Baden-Württemberg für die Abschaltung von zwei Atomkraftwerken nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima im Jahr 2011 durchsetzen wollen. Das scheiterte aber: Der Versorger habe damals nicht sofort gegen die Abschaltung geklagt, erklärte das Gericht zur Begründung seines Urteils. Die Karlsruher können innerhalb eines Monats Berufung gegen die Entscheidung einlegen.

Richter Stefan Bellin hatte für die 1. Zivilkammer des Gerichts bereits in einer Verhandlung Anfang Februar Zweifel an den Erfolgsaussichten der Klage erkennen lassen. So habe EnBW ein vom Bund und Land Baden-Württemberg nach Fukushima verhängtes dreimonatiges Betriebsverbot nicht sofort angefochten, hatte er bereits damals ausgeführt. Er habe daher erhebliche Bedenken, dass den Schadenersatzforderungen von EnBW stattgegeben werden könne.

Mit Blick auf den Bund wies das Gericht die Klage nun ab, weil die Einstellungsanordnungen gegen die beiden Meiler nicht durch die Bundesrepublik Deutschland erlassen wurden. Dies sei vielmehr durch das Land geschehen. Aber auch gegen Baden-Württemberg könne EnBW keine Ansprüche geltend machen, weil der Versorger es „schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch die Einlegung eines Rechtsmittels abzuwenden“. EnBW hatte in einer Pressemitteilung im April 2011 erklärt, dass das Unternehmen zwar an der Rechtmäßigkeit der Anordnungen zweifle, dagegen aber nicht vorgehen wolle.

Auch die deutschen AKW-Betreiber E.ON und RWE klagen gegen Bund und Länder wegen des nach Fukushima verhängten dreimonatigen Betriebsverbots für die sieben ältesten deutschen AKW und des damals geschlossenen Meilers in Krümmel. Bei EnBW traf es die Meiler Philippsburg 1 und Neckarwestheim 1. Das Moratorium lief von März bis Juni 2011 und mündete schließlich im endgültigen Ausstiegsbeschluss. Ursprünglich hatte lediglich RWE geklagt. Nachdem der Energieriese vor dem Verwaltungsgericht in Hessen und dem Bundesverwaltungsgericht Recht bekam, zogen E.ON und EnBW nach.

Sollte die Einschätzung des Bonner Gerichts Schule machen, könnte es auch für die Schadenersatzforderung von E.ON eng werden, über die Ende April vor dem Landgericht Hannover verhandelt wird. E.ON-Chef Johannes Teyssen hatte im Gegensatz zu dem damaligen RWE-Chef Jürgen Großmann zunächst nicht gegen das Atommoratorium geklagt. Inzwischen fordert der Energieriese 380 Millionen Euro für die Zwangspause, RWE fordert 235 Millionen Euro. Bei einer ersten Anhörung im Dezember vor dem Landgericht Essen hatte der Richter allerdings deutlich gemacht, dass der Betrag deutlich geringer ausfallen könnte. Er hatte für den Fall eines möglichen Vergleichs mit RWE die Summe von 50 Millionen Euro ins Spiel gebracht.

Möglich ist allerdings, dass sich diese und weitere Atomklagen in Luft auflösen. Branchenexperten gehen davon aus, dass die Streitigkeiten um den Atomausstieg beigelegt werden könnten, wenn sich die Betreiber mit der Bundesregierung auf eine Atomstiftung einigen würden. In den kommenden Monaten dürfte es Gespräche dazu geben, wie der Abriss der Meiler und die Müllentsorgung geregelt und finanziert werden könnten. Zu den Atomklagen gehören auch milliardenschwere Schadenersatzforderungen von E.ON, RWE und Vattenfall wegen des 2011 beschlossenen endgültigen Atomausstiegs. Das Bundesverfassungsgericht hatte Mitte März darüber verhandelt. Ein Urteil wird hier in einigen Monaten erwartet.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OWZE-Prognose 2024: Minimales Wirtschaftswachstum für Deutschland erwartet
02.05.2024

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OWZE) geht von einem minimalen Wirtschaftswachstum für Deutschland...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf die...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Technologie
Technologie Infineon vor herausforderndem Quartal: Augenmerk auf Zukunftsaussichten
02.05.2024

Der Chiphersteller Infineon sieht schwieriges Quartal voraus, mit moderaten Rückgängen und angespanntem Automobilmarkt. Wie geht es...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...