Finanzen

Börsen setzten weltweit zur Erholung an

Am Dienstag setzten die Aktienmärkte weltweit zu einer Erholungsbewegung an. Die durch den Austritt Großbritanniens aus der EU ausgelöste Unsicherheit bleibe jedoch bestehen, so Beobachter. Das britische Pfund konnte nach massiven Verlusten erstmals seit Freitag wieder zulegen.
28.06.2016 09:25
Lesezeit: 2 min

Europas Aktienbörsen sind am Dienstag nach den kräftigen Verlusten der Vortage auf Erholungskurs gegangen. Der Dax gewann bis zum Nachmittag 2,6 Prozent auf 9510 Punkte, der EuroStoxx50 legte 3,1 Prozent zu. Für die Wall Street signalisierten die US-Futures für die Handelseröffnung Kursgewinne von etwas mehr als einem Prozent. Auch das Pfund Sterling machte Boden gut. Börsianer zweifelten allerdings, dass es sich um eine nachhaltige Erholung handelte. „Das ist eine technische Reaktion auf die Verluste“, sagte einer.

„Die Augen richten sich heute auf den Brüsseler EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs, von dem Hinweise erhofft werden, wie nach dem Brexit-Votum wieder Richtung und Struktur in den entgleisten europäischen Prozess gebracht werden kann“, sagte LBBW-Analyst Thomas Hollenbach. Ein schneller Start der Austrittsverhandlungen scheint aber unwahrscheinlich. „Damit gewinnt das Szenario einer anhaltenden Unsicherheit mehr Raum“, sagte Hollenbach.

Der Dax könnte unter die 9000er Marke fallen und so das im Februar im Sog der Turbulenzen am Ölmarkt aufgestellte Jahrestief von 8699,29 Zählern ins Visier nehmen, warnte ein Händler. Auch das Pfund habe seine Talsohle noch nicht erreicht, sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. „Investoren brauchen Klarheit darüber, wo das Vereinigte Königreich in zwei und mehr Jahren steht. Solange die fehlt, wird das Pfund weiter abgestraft.“

In den vergangenen beiden Handelstagen seit dem Brexit-Votum haben Dax und EuroStoxx50 je rund zehn Prozent verloren. Ähnlich stark hat auch das Pfund abgewertet. Am Dienstag notierte es bei 1,3400 Dollar, nachdem es am Montag auf ein 31-Jahres-Tief von 1,3118 Dollar gefallen war.

Die Herabstufung der Bonität Großbritanniens verteuerte am Anleihemarkt die Refinanzierung des britischen Staates nur wenig. Die Rendite der zehnjährigen britischen Bonds stieg zwar auf rund ein Prozent, blieb aber in Reichweite ihres im Zuge der Brexit-Turbulenzen erreichten Rekordtiefs von 0,933 Prozent. „Angesichts der Flucht in die sicheren Häfen, die auch die Renditen für Gilts sinken lässt, kostet der Verlust des AAA-Status den britischen Staat vorläufig gar nichts“, fasste Holger Schmieding, Chefvolkswirt von Berenberg zusammen.

Bei den Einzelwerten holten die Finanzwerte auf. Nach teils zweistelligen prozentualen Verlusten legten sie im Schnitt zwei bis vier Prozent zu. Deutsche Bank und Commerzbank stiegen um je etwa zwei Prozent. Die britische Barclays und Royal Bank of Scotland gewannen je knapp drei Prozent, nachdem sie am Vortag 17 und 15 Prozent verloren hatten.

Auch die Aktien der Fluggesellschaften machten Boden gut: Ihre Geschäfte dürften mittelbar vom Brexit betroffen werden, weshalb die British-Airways-Mutter IAG und Easyjet schon ihre Prognosen kassiert haben. Ihre Aktien legten um zwei und 3,6 Prozent zu, nachdem sie am Montag um 16 und 22 Prozent abgestürzt waren. Gefragt waren auch die Papiere von Volkswagen, obwohl das Unternehmen zur Beilegung des US-Abgasskandals mit mehr als 15 Milliarden Dollar deutlich tiefer in die Tasche greifen muss als gedacht.

Die Aktienmärkte in Fernost haben sich am Dienstag trotz der anhaltenden Verunsicherung ebenfalls fester gezeigt. In Tokio schwankte der Nikkei-Index allerdings noch recht deutlich. Verluste von bis zu zwei Prozent machte er im Handelsverlauf aber wieder wett und ging mit einem leichten Plus von 0,1 Prozent bei 15.323 Punkten aus dem Handel. Auch in Schanghai legte die Börse leicht zu. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans notierte rund 0,3 Prozent höher.

Als belastend werteten Markteilnehmer die Aussicht auf eine lange Periode der Unsicherheit. Denn nun müsse ausgehandelt werden, wann und unter welchen Bedingungen Großbritannien die Europäische Union verlässt. Politiker in mehreren asiatischen Ländern zeigten sich aber entschlossen, ihre Märkte vor einer möglichen Destabilisierung schützen zu wollen. Es sei zwar schwierig, kurzfristige Schwankungen an Chinas Märkten zu vermeiden, sagte Ministerpräsident Li Keqiang beim Weltwirtschaftsforum in Tianjin. „Aber wir werden keine Achterbahnfahrten und drastischen Änderungen auf den Kapitalmärkten zulassen.“

Auch der Absturz des Pfund Sterling ist vorerst gestoppt. Am Tag fünf nach dem Brexit-Referendum verteuerte es sich am Dienstag um 0,7 Prozent auf 1,3305 Dollar. Am Freitag und Montag war es allerdings um insgesamt mehr als zehn Prozent abgestürzt und war mit 1,3118 Dollar zeitweise so billig wie zuletzt 1985. Der Euro zeigte sich im fernöstlichen Handel etwas fester und wurde mit 1,1065 Dollar bewertet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mogelpackung des Jahres: Granini Trinkgenuss Orange enttäuscht Verbraucher - wie Sie Mogelpackungen erkennen
22.01.2025

Verbraucher fühlen sich getäuscht: Der "Granini Trinkgenuss Orange" wurde von der Verbraucherzentrale Hamburg zur "Mogelpackung des...

DWN
Politik
Politik Scholz in Paris bei Macron: „Europa wird sich nicht ducken“
22.01.2025

Zwei Tage nach der Vereidigung Trumps stimmen Scholz und Macron sich ab, wie sie mit dem Kurswechsel in der US-Politik umgehen wollen. Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verpackungssteuer Tübingen: Bundesverfassungsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit
22.01.2025

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verpackungssteuer Tübingen als verfassungsgemäß bestätigt. Die Abgabe, die seit Januar 2022 auf...

DWN
Politik
Politik Messerattacke: Aschaffenburg betrauert nach Gewalttat zwei Tote - was wir wissen
22.01.2025

Am Mittwochmittag wurde die Stadt Aschaffenburg von einer schrecklichen Gewalttat erschüttert. Ein 28-jähriger Mann attackierte nach...

DWN
Politik
Politik Wann greift Russland an? Geheimdienste rechnen mit 2028
22.01.2025

Russischer Angriff ab 2028? Geheimdienste warnen davor, dass Russland die EU in den kommenden Jahren an der Ostgrenze angreift. Laut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank - Schwäche der deutschen Wirtschaft hält an, aber es gibt Hoffnungsschimmer
22.01.2025

Der Bundesbank zufolge ist ein Aufschwung in der deutschen Wirtshaft ist vorerst nicht in Sicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Doch etwas...

DWN
Politik
Politik YouGov-Wahlumfrage: AfD und SPD gleichauf - CDU rutscht ab
22.01.2025

In der neuesten Wahlumfrage von YouGov kann die SPD deutlich zulegen. Die AfD verliert dagegen. Beide Parteien liegen nun gleichauf. Auch...

DWN
Technologie
Technologie Projekt "Stargate" - OpenAI und Trump setzen auf KI-Rechenzentren für die Zukunft
22.01.2025

OpenAI und bedeutende Technologie-Partner investieren 500 Milliarden Dollar in neue Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI). Das...

[DWN] Alles wird teurer! Wir halten dagegen! Sparen Sie satte 80 Prozent und bestellen Sie noch heute Ihr Premium-Monatsabo für 2,50 Euro plus 3 Print-Magazine >> HIER abschließen >>