Politik

Frankreichs Behörden hatten Terroristen durch Schlamperei aus den Augen verloren

Lesezeit: 2 min
17.11.2015 11:18
Frankreichs Behörden haben sich im Fall der Pariser Terroristen offenkundig schwere Fehler zuschulden kommen lassen. Obwohl per internationalem Haftbefehl gesucht, konnte ein Killer ungehindert nach Syrien und zurück reisen. Nun will Frankreich das Problem mit Militärschlägen lösen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die französischen Sicherheitsbehörden haben offenbar vor den Anschlägen von Paris mehrfach versagt. So konnte einer der Männer trotz internationalen Haftbefehls zwischen Belgien und Frankreich hin- und herreisen. Ein weiterer Mann wurde kurz nach den Anschlägen kontrolliert, doch die Ermittler hatten zu diesem Zeitpunkt noch nichts gegen ihn in der Hand und ließen ihn passieren.

Die ORF-Korrespondentin in Paris, Ewa Twaroch, berichtet am Montag in der ZiB2 über die Pannen der französischen Behörden:

Einer der Männer, nach dem momentan in ganz Europa gefahndet wird, war offenbar schneller als die Ermittler. Er wurde am Samstagnachmittag nach den Attentaten bei einer ganz normalen Straßenkontrolle – nicht mal an der Grenze, sondern mitten im Land – erfasst, konnte weiterfahren. Die Ermittler haben erst wenig später den Zusammenhang festgestellt – einerseits zu einem Tat-Auto, dass der Mann angemietet haben soll, andererseits, dass der Mann der Bruder eines identifizierten Selbstmord-Attentäters ist. Im Gegensatz zu den anderen Terroristen, die an den Anschlägen beteiligt waren, lag zu diesem Zeitpunkt nichts gegen ihn vor.

Es gab aber offenbar mehr Pannen. Mindestens über einen der Männer wurde eine sogenannte S-Akte angelegt. Doch das bedeutet lediglich, dass der Mann festgehalten werden kann, wenn er kontrolliert wird, aber er kann nicht automatisch festgenommen werden. Der Mann war zwar als radikaler Muslim aufgefallen, aber das bedeutet nicht automatisch, dass er bei der nächsten Kontrolle oder beim nächsten Grenzübergang festgenommen werden kann. In erster Linie wollen die Behörden den Parcour aufzeichnen, um dann im Ernstfall feststellen zu können, wo sich wer zu dem Zeitpunkt aufgehalten hat. Seit Charlie Hebdo hat sich der Umgang verschärft. Vor allem die Syrien-Rückkehrer werden rigide behandelt. In diesem Fall besonders interessant: Die Türkei hat nach eigenen Angaben Frankreich zwei Mal im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass dieser Mann gefährlich sei. Frankreich habe aber nicht auf die Warnungen reagiert.

Auch der Fall eines dritten mutmaßlichen Terroristen ist etwas eigenartig: Der Mann stand bereit unter Anklage, weil er die Absicht hatte, Terrorakte zu verüben. In Frankreich gibt es in diesen Fällen zwei Möglichkeiten: Der Angeklagte bleibt bis Prozess in U-Haft oder er muss sich regelmäßig bei den Behörden melden. Bei dem Mann galt die zweite Variante. Doch er hatte die Vereinbarungen nicht eingehalten, unter anderem deswegen, weil er nach Syrien ausgereist ist. In der Folge wurde ein internationaler Haftbefehl gegen den Mann erlassen. Trotzdem konnte der Mann völlig ungehindert nach Belgien einreisen und in weiterer Folge nach Frankreich. Vor über einem Jahr hat sich die Spur dann verloren.

Ob die Anschläge bei einigermaßen professioneller Arbeit zu verhindern gewesen wären, ist schwer zu sagen. Fest steht jedoch, dass die französischen Behörden schwere Fehler gemacht haben. Auch die Zusammenarbeit der Geheimdienste muss als äußerst mangelhaft bezeichnet werden. US-Spione sagten unmittelbar nach den Anschlägen, man habe den IS bei der Überwachung im Internet aus den Augen verloren.

Nun will Frankreich die Scharte militärisch ausmerzen: Die Luftwaffe fliegt Einsätze gegen Syrien, Deutschland soll Frankreich in Mali unterstützen. Die EU hat sich einstimmig bereit erklärt, Frankreich militärisch zur Seite zu stehen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Sorgen über steigende Anleiherenditen und Kritik an den Magnificent Seven
15.01.2025

Die Welt der Finanzmärkte ist besorgt über die steigenden Anleiherenditen, die eine Bedrohung für Aktien darstellen könnten. Ebenso...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflationsdaten USA: Verbraucherpreise im Dezember gestiegen - Dax springt auf Rekordhoch
15.01.2025

Im Dezember 2025 stiegen die US-Verbraucherpreise um 2,9 Prozent. Die Kerninflation fiel dagegen leicht, wie das US-Arbeitsministerium...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Diesel-Spritkosten schnellen nach oben - und könnten wegen Ölpreis weiter steigen
15.01.2025

In Deutschland steigen die Spritkosten. Vor allem der Liter Diesel hat sich in den letzten fünf Wochen stark verteuert. Als Ursachen macht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steigende Kaufkraft in Deutschland 2025: Studie sieht große regionale Unterschiede
15.01.2025

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage soll die Kaufkraft der Deutsche laut einer Studie 2025 leicht steigen. Vor allem höhere Löhne...

DWN
Politik
Politik Kalifornien untersagt Immobilienspekulation in Brandgebieten
15.01.2025

Kalifornien verbietet Immobilienspekulation in Brandgebieten. Gouverneur Newsom will Angebote unter Marktwert für drei Monate untersagen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unmotivierte Arbeitnehmer: Nur 48 Prozent der Deutschen geben am Arbeitsplatz ihr Bestes
15.01.2025

Nicht nur die Wirtschaft schwächelt in Deutschland, auch die Arbeitsmoral der Arbeitnehmer. Ein weltweiter Vergleich zeigt: Nicht einmal...

DWN
Politik
Politik EPA: Elektronische Patientenakte kommt - Lauterbach betont Sicherheit der E-Patientenakte
15.01.2025

Die EPA (Elektronische Patientenakte) wird in Arztpraxen eingeführt - zunächst nur in Testregionen, später bundesweit....

DWN
Finanzen
Finanzen Aktionäre in Deutschland: Weniger Deutsche investieren ihr Geld an der Börse
15.01.2025

Die Zahl der Aktionäre in Deutschland ist erneut rückläufig: Zum zweiten Mal in Folge sank die Anzahl, liegt aber weiterhin über der...