Gemischtes

Leonard Cohen ist tot: Die Stimme der Melancholie

Leonard Cohen ist tot: Der Sänger starb im Alter von 82 Jahren.
11.11.2016 15:30
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Leonard Cohen ist tot: «You Want It Darker» hieß Leonard Cohens letztes Album, voller dunkler Anspielungen. Mehr und mehr hatte sich der kanadische Musiker in den vergangenen Jahren aus der Öffentlichkeit in seine bescheidene Wohnung in Los Angeles zurückgezogen. Jetzt ist Cohen im Alter von 82 gestorben, wie sein Label Sony Music Canada in der Nacht zum Freitag mitteilte.

Mit seiner rauchigen Stimme, dem tief in die Stirn gezogenen schwarzen Hut und der ihn stets umgebenden Aura tiefster Melancholie galt Cohen als Phänomen, Legende und einer der herausragenden Songschreiber aller Zeiten. Kollegen und Millionen Fans auf der ganzen Welt trauern um den kanadischen Meister der Melancholie.

Im Alter war der Liedermacher noch einmal so richtig zurückgekehrt, nachdem er zwischenzeitlich gegen Depressionen gekämpft hatte und jahrelang in einem Zen-Kloster verschwunden war. «Wenn ich von Depressionen spreche, spreche ich von klinischen Depressionen, die der Hintergrund meines ganzen Lebens sind, ein Hintergrund voller Angst und Beklemmung, einem Gefühl, dass nichts richtig läuft, dass Zufriedenheit nicht möglich ist und alle Strategien in sich zusammenfallen», sagte er einmal dem britischen «Guardian». «Ich bin froh, sagen zu können, dass diese Depression sich langsam aufgelöst hat und nie wieder mit derselben Kraft in mein Leben zurückgekommen ist.»

Auch aus finanzieller Notwendigkeit, nachdem ihn seine frühere Managerin um millionenschwere Rentenrücklagen betrogen hatte, war Cohen auf die Bühnen der Welt zurückgekehrt. 2012 hatte er mit «Old Ideas» sogar das erfolgreichste Album seiner jahrzehntelangen Karriere herausgebracht.

Heute sei Cohen so relevant wie vor 50 Jahren, teilte Kanadas Premierminister Justin Trudeau nach dem Tod des Künstlers mit. «Seine Fähigkeit, das weite Spektrum menschlicher Emotionen zu beschwören, machte ihn zu einem der einflussreichsten und beständigsten Musiker aller Zeiten.» Sänger Justin Timberlake sprach auf Twitter von dem «unvergleichlichen Geist und Seele» des Musikers.

Geboren wurde Leonard Norman Cohen 1934 in Montreal. Schon als Kind lernte er Gitarre spielen und hatte bald Auftritte in Cafés und Clubs, aber die Musik sollte für ihn lange Zeit Nebensache bleiben. Cohen wollte schreiben, Gedichte und später auch Romane. In den frühen 60er Jahren zog er sich dafür zeitweise völlig auf die griechische Insel Hydra zurück. Viele seiner Veröffentlichungen wurden von Kritikern gefeiert. 2011 bekam er sogar den spanischen Prinz-von-Asturien-Preis für Literatur.

Aber die Einnahmen aus dem Schreiben reichten nicht zum Leben. «Ich wollte nicht schreiben, um bezahlt zu werden. Ich wollte für das bezahlt werden, was ich schreibe.» Also zog Cohen Ende der 60er Jahre nach New York und nahm die Musik wieder auf - bald mit großem Erfolg. Alben wie «Songs of Leonard Cohen» (1967), «Songs of Love and Hate» (1971) und «Death of a Ladies' Man» (1977) beeinflussten ganze Generationen von Musikern, Songs wie «Suzanne», «So Long, Marianne», «First We Take Manhattan (Then we take Berlin)», «Hallelujah» und «Chelsea Hotel #2» gelten längst als Klassiker. Cohens spirituell-melancholische Songs handeln von verlorener Liebe und Leid, von Todessehnsucht und Gottessuche, sprachlich erinnern sie an polierte Kleinode. «Leute, die ihre Songs im Café oder im Taxi schreiben, kann ich nur bewundern - ich habe das nie geschafft.»

Sein Privatleben hat Cohen immer möglichst unter Verschluss gehalten. Bekannt ist lediglich, dass er mit der schwedischen Malerin Suzanne Elrod zwei Kinder hat und vorübergehend mit der Schauspielerin Rebecca De Mornay liiert war. In Los Angeles lebte er mit Tochter und Enkelin zusammen. «Mein Ruf als Frauenheld ist ein Witz», sagte er einmal in einem Interview. «Er hat mich dazu gebracht, mich bitter durch die zehntausend Nächte zu lachen, in denen ich alleine war.»

Mit dem Alter sei er gnädiger mit sich selbst umgegangen, sagte Cohen in einem seiner letzten Interviews dem Magazin «New Yorker». «Man hört diese Parallelwelt die ganze Zeit zu sich singen und meistens kann man es nicht entziffern. Auch als ich noch gesund war ist mir das schon aufgefallen. Jetzt höre ich sie sagen: "Leonard, mach einfach weiter mit dem, was du machst." Sie ist sehr einfühlsam inzwischen, viel mehr als früher. Früher hat mir die Stimme gesagt: "Du bekommst nichts hin." Das ist wirklich ein Segen.»

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Umzug: Wer zieht wann um und warum?
24.03.2025

Wann ziehen junge Leute im Durchschnitt aus dem Elternhaus aus und wieviel Prozent kehren vorübergehend zurück ins gemachte Nest? Eine...

DWN
Panorama
Panorama Privatpatienten: Ist die Bevorzugung bei der Terminvergabe nur ein Mythos?
24.03.2025

Die Terminvergabe beim Arzt stellt für viele gesetzlich Versicherte eine Herausforderung dar. Lange Wartezeiten sorgen für Frust. Der...

DWN
Panorama
Panorama Seltene Erden: Weltwirtschaft bleibt abhängig von China
23.03.2025

US-Präsident Donald Trump möchte seltene Erden gern in der Ukraine oder Grönland abbauen und so die Dominanz Chinas brechen. Doch einer...

DWN
Panorama
Panorama Parsberg: Messerattacke auf einer Feier in der Oberpfalz endet tödlich
23.03.2025

Auf einer Veranstaltung unter freiem Himmel mit mehreren Hundert Teilnehmern in Parsberg kommt ein Mann ums Leben. Die Hintergründe der...

DWN
Politik
Politik Grenzkontrollen: Mehr Beschwerden wegen „Racial Profiling“ durch Bundespolizisten?
23.03.2025

Seit an deutschen Grenzen stationär kontrolliert wird, gehen beim Polizeibeauftragten des Bundes vermehrt Beschwerden ein. Unter anderem...

DWN
Finanzen
Finanzen Tolles Investment für dich … – so wehren Sie sich charmant gegen Geldjäger
23.03.2025

Fast jeder kennt es: Ein alter Bekannter taucht plötzlich auf – mit einem „exklusiven“ Investment-Angebot nur für Freunde. Sei es...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG): Diese neuen Pflichten kommen auf Händler zu
23.03.2025

Ab Juni 2025 müssen Online-Shops barrierefrei sein – sonst drohen Abmahnungen und hohe Bußgelder. Doch was genau bedeutet das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zollexperte: „Kurzschlussreaktionen wären jetzt fatal“
23.03.2025

Donald Trump setzt auf Strafzölle gegen europäische Importe. Besonders Mittelständler stehen unter Druck. Ewald Plum, Zollrechtsexperte...