Politik

Deutsche Unternehmen bauen Geschäfte mit Russland aus

Das Handelsgeschäft zwischen deutschen Unternehmen und Russland zieht seit einigen Monaten merklich an. Der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft plädiert für Sanktionen gegen die USA, falls sich der Druck aus Washington zuspitzt.
27.07.2017 12:04
Lesezeit: 2 min

Das deutsche Exportgeschäft nach Russland zieht nach den Einbrüchen in den vergangenen Jahren im Zuge der westlichen Sanktionen wieder deutlich an, berichtet Reuters. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (OA) teilte am Donnerstag mit, dieses Jahr mit einem Wachstum bei den Ausfuhren von 20 Prozent zu rechnen. Damit wurde die bisherige Schätzung für das Russland-Geschäft verdoppelt. In den ersten fünf Monaten lag das Plus bei 28 Prozent. „Die Sanktionen sind weiter eine Bremse“, sagte OA-Geschäftsführer Michael Harms. Dennoch werde es in Russland 2017 ein Wirtschaftswachstum von ein bis zwei Prozent geben.

Auch in andere Länder Osteuropas und Zentralasiens lieferten deutsche Unternehmen zuletzt deutlich mehr Waren. „Osteuropa meldet sich als Wachstumsregion für die deutsche Wirtschaft zurück“, so Harms. „Die deutschen Exporte nach Osteuropa wachsen derzeit fast dreimal so stark wie der gesamte deutsche Export“. In den ersten fünf Monaten stieg das Handelsvolumen in die Region um mehr als ein Fünftel auf 52 Milliarden Euro. Die Exporte nahmen dabei um 18 Prozent zu, die Importe aus der Region um 22 Prozent.

Der Ost-Ausschuss hält notfalls Sanktionen gegen die USA für erforderlich, um Auswirkungen von neuen amerikanischen Strafmaßnahmen gegen Russland auf hiesige Firmen zu beantworten. „Ich muss sagen, das ist natürlich das allerletzte, was wir uns wünschen“, sagte Harms. „Aber wir müssen uns diese Möglichkeit offenhalten“, ergänzte er.

Auch die Bundesregierung hat vor den von den USA geplanten neuen Sanktionen gegen Russland gewarnt, berichtet AFP. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin, sie seien „ein weiterer Punkt in dem ohnehin gerade nicht einfachen Verhältnis, der uns Kummer macht“. Deutsche Unternehmen mit Investitionen in Russland drohten durch die neuen Strafmaßnahmen in Mitleidenschaft gezogen zu werden.

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Dienstag neue Sanktionen gegen Russland beschlossen. Das Gesetz muss noch den Senat passieren. Die Bundesregierung befürchtet, es könne den Weg zu Sanktionen auch gegen deutsche und andere europäische Firmen ebnen, die mit Russland im Energiesektor kooperieren. Unter anderem geht es um die Pipeline Nord Stream II, durch die ab 2019 Erdgas aus Russland nach Deutschland geliefert werden soll.

Zypries sage dazu: „Gut ist die Situation nicht.“ Deutsche Unternehmen bemühten sich mit Recht um Investitionen in Russland, und sie bräuchten auch die Pipeline. Zugleich warb die SPD-Politikerin um ein gemeinsames Vorgehen mit Washington. „Das wäre auf alle Fälle richtiger, als wenn die Amerikaner jetzt einen isolierten Weg gehen.“

Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), sagte, in dem US-Gesetzestext werde nur die Pipeline Nord Stream II genannt, „aber tatsächlich könnte jede europäisch-russische Kooperation in der Energieversorgung (...) sanktioniert werden“. Auch „Reparaturarbeiten an Pipelines, von denen die EU-Energieversorgung abhängt“, könnten betroffen sein, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Erler brachte die geplante Ausweitung der Russland-Sanktionen mit der „America First“-Politik von US-Präsident Donald Trump in Verbindung. Die US-Regierung sehe den Export eigener Energieressourcen als Priorität an, um in den USA Arbeitsplätze zu schaffen und die US-Außenpolitik zu stärken.

Die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, nannte die geplanten US-Sanktionen einen „Wirtschaftskrieg der USA gegen Russland und Europa“. Der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff sagte, wenn die USA Russland bestrafen wollten, dürften sie nicht Europa treffen. Allerdings sei das Problem „überschaubar“.

Der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer stellte dagegen die Bedeutung von Nord Stream II in Frage. „Das Projekt ist volkswirtschaftlich nicht sinnvoll“, sagte er der Bild-Zeitung. „Es widerspricht den Kernzielen der europäischen Energiepolitik“. Bütikofer zufolge erhöht die Pipeline „die Gas-Abhängigkeit von Russland und verletzt Interessen unserer östlichen Nachbarn, vor allem Polens“. Polen will selbst mit Hilfe der Amerikaner zu einem Energie-Hub in Europa werden. Für die Versorgungssicherheit Deutschlands sei das Projekt nicht notwendig.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Berge, Natur und ganz viel ROBINSON Flair – die perfekte Auszeit in den Alpen.

Manchmal ist das Gute so nah. Keine lange Anreise, kein Jetlag – und trotzdem diese einzigartige Mischung aus Freiheit, Erholung und...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Nato-Generalsekretär warnt Russland: "Unsere Antwort wird zerstörerisch sein"
26.03.2025

Nato-Generalsekretär Mark Rutte hat in Warschau die Entschlossenheit des Bündnisses zur Verteidigung seiner östlichen Flanke...

DWN
Finanzen
Finanzen Bayer-Aktie: Glyphosat-Urteil verunsichert Anleger - Kurs extrem volatil
26.03.2025

Ein US-Gericht hat Bayer in einem Glyphosat-Prozess zu einer Milliarden-Schadenersatzzahlung verurteilt. Anleger zeigten sich am Montag...

DWN
Politik
Politik Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD: Bei diesen Streitthemen knirscht es noch
26.03.2025

Union und SPD haben sich auf ein großes Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur verständigt. Doch in zentralen Streitpunkten wie...

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie stürzt nach März-Kursrallye ab
26.03.2025

SAP hat Novo Nordisk als wertvollstes Unternehmen Europas abgelöst. Die Marktkapitalisierung übertrifft den ehemaligen Spitzenreiter um 4...

DWN
Politik
Politik Russlands Außenminister Lawrow: Nordstream-Pipelines im Fokus der USA
26.03.2025

Drei von vier Strängen der Nordstream-Pipelines liegen zerstört in der Ostsee. Dennoch bleiben sie ein Thema für Russland und die USA....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Dienstreisen als Steuerfalle: Wie Unternehmen hohe Nachzahlungen verhindern
26.03.2025

Was viele Unternehmer nicht wissen: Bereits regelmäßige Geschäftsreisen in ein bestimmtes Land oder die Nutzung temporärer Büroräume...

DWN
Politik
Politik US-Chatskandal: Trump weist Verantwortung von sich
26.03.2025

Nach der Enthüllung des US-Chatskandals mit sensiblen Militärinformationen spielt Präsident Donald Trump die Tragweite der...

DWN
Politik
Politik Sicherheitslage im Schwarzen Meer: Russland fordert Aufhebung von Sanktionen
26.03.2025

Die Bemühungen um eine Deeskalation des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zeigen weiterhin kaum Wirkung. Während die USA als...