US-Präsident Donald Trump hat ein verstärktes Engagement der amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan angekündigt. Seine Berater hätten ihn überzeugt, verstärkt gegen die radikalislamischen Taliban vorzugehen, sagte der Republikaner am Montagabend bei einer Ansprache in Fort Myer im Bundesstaat Virginia. Damit solle ein Sturz der Regierung in Kabul verhindert werden.
Die USA wollen Fox News zufolge die Zahl der amerikanischen Soldaten in Afghanistan um 4000 aufstocken. Das berichtete der Sender am Montagabend unter Berufung auf einen Insider im Regierungsapparat.
US official: President has signed off on 4,000 more US troops to Afghanistan; not clear he will talk numbers t'night. No talk of withdrawal.
— Jennifer Griffin (@JenGriffinFNC) August 21, 2017
Trump strategy to include negotiating w/ Taliban. In past Qatar negotiations failed b/c Pres Obama announced troop withdrawals: US official
— Jennifer Griffin (@JenGriffinFNC) August 21, 2017
In Afghanistan sind im Moment 8.400 US-Soldaten stationiert. Auch eineinhalb Jahrzehnte nach dem Sturz der Taliban gelingt es der Regierung in Kabul nicht, die radikalen Islamisten zu besiegen. Laut Fox will Trump Indien und Pakistan bewegen, sich für einen Frieden in de Region einzusetzen.
Trump würde damit einen Strategie-Wechsel vollziehen: Wie Frank Herrmann im Wiener Standard analysiert, soll das Konzept, den Krieg in Afghanistan durch Söldner führen zu lassen, nicht weiter verfolgt werden. Herrmann schreibt, die US-Regierung wolle "den Druck auf Pakistan erhöhen – in der Hoffnung, dass der östliche Nachbar Afghanistans den Taliban sowie Extremistengruppen wie dem Haqqani-Netzwerk auf eigenem Boden den Kampf ansagt". Herrmann: "Es ist ein Szenario, das amerikanische Strategen immer wieder aufs Neue entwerfen, seit die GIs in Kabul einmarschierten. Bisher ist die Rechnung nie aufgegangen, zumal die Hochgebirgsregion an der afghanisch-pakistanischen Grenze als notorisch unkontrollierbar gilt. Übrigens auch nicht, als Barack Obama vor acht Jahren eine kurzzeitige Offensive anordnete und das US-Kontingent auf 100.000 Soldaten anwuchs."
Die Strategie Trumps entspricht seinem Vorgehen in Syrien: Auch dort hatte der Präsident das Kommando seinen Generälen übergeben. Die Militärhilfe für Söldner wurde eingestellt. Schon US-Präsident Barack Obama hatte den Einsatz von Söldnern in Syrien als gescheitert bezeichnet, konnte sich jedoch innenpolitisch nicht durchsetzen.
Die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS zitiert einen russischen Analysten, der hinter der neuen Strategie vor allem eine gegen China gerichtete Politik sieht. Die TASS zitiert Adzhar Kurtov vom Russischen Institut für Strategische Studien: "Neue Szenarien der US-Strategie in Afghanistan beeinflussen die Interessen Chinas. In der jüngsten Zeit war die Verwaltung von Trump viel zu aktiv bei dem Aufbau von Konfliktherden in der Nähe der chinesischen Grenzen: in Nordkorea und jetzt in Afghanistan." Kurtov glaubt, dass radikale Islamisten nach ihrer sich abzeichnenden Niederlage in Syrien verstärkt nach Afghanistan reisen würden, um dort zu kämpfen. Der Analyst glaubt auch, dass die verstärkte Präsenz von US-Soldaten in Afghanistan dem Zweck diene, das chinesische Seidenstraßen-Projekt zu behindern.
Russland und China hatten in den vergangenen Monaten versucht, die Lage in Afghanistan zu entschärfen. Die US-Regierung war bei einer Regionalkonferenz nur mit einer kleinen Delegation vertreten. Vertreter aus Indien und Pakistan nahmen an der Konferenz teil. Zum Zeitpunkt der Konferenz war noch unklar, welchen Kurs die neue US-Regierung einschlagen würde. Nach den zuletzt harschen Tönen zwischen Moskau und Washington und den neuen Sanktionen gegen Russland hatte die russische Regierung signalisiert, dass sie auf absehbare Zeit nicht mit einer Entspannung rechne. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Russen die Truppenerhöhung offenbar schon länger antizipiert hatten. Kurtov nennt die selben Zahlen wie Fox.
Wenige Stunden vor der Erklärung von US-Präsident Donald Trump über die künftige Afghanistan-Strategie ist am Montag in Kabuls streng gesichertem Diplomatenviertel eine Rakete eingeschlagen. Ein Polizeisprecher sagte, die Rakete sei auf einem Fußballfeld gelandet. Angaben über Opfer lagen zunächst nicht vor. Die islamistischen Taliban-Rebellen hatten Trump in der vergangenen Woche davor gewarnt, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken.
In Kabul wurden in den vergangenen Wochen mehrere tödliche Anschläge verübt. Ende Mai hatte es bei einem Sprengstoffanschlag nahe der deutschen Botschaft mehr als 150 Tote und etwa 400 Verletzte gegeben. Im Diplomatenviertel befinden sich die meisten Botschaften und auch das Hauptquartier der NATO für die Einsätze der Militärallianz in Afghanistan.
Der US-Oberkommandierende in Afghanistan, General John Nicholson, fordert für den Kampf gegen die Taliban eine Aufstockung der US-Truppen um mehrere tausend Soldaten. Derzeit sind die USA nach eigenen Angaben mit 8.400 Soldaten in Afghanistan – ihre NATO-Verbündeten mit etwa 5.000 Soldaten, darunter rund 950 Bundeswehrsoldaten.
Der US-Militäreinsatz in Afghanistan setzte unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington ein. Die NATO beendete ihren Kampfeinsatz im Dezember 2014 und setzte danach die Mission "Resolute Support" in Gang. Deren Schwerpunkt besteht in der Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte.