Finanzen

Teure Investments bringen oft keine Innovation

Lesezeit: 2 min
07.10.2017 23:17
Deutsche Unternehmen geben zu viel Geld für Innovationen aus, die kleine sind.
Teure Investments bringen oft keine Innovation

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die deutsche Wirtschaft lebt von Innovationen – und gibt immer mehr Geld dafür aus. Laut des neuen Deloitte Innovation Survey 2017, einer Befragung unter mehr als 150 führenden Angestellten und dem Top-Management aus allen Sektoren im Bereich Innovationen, steigen die entsprechenden Ausgaben in den nächsten Jahren um jeweils 2,7 Prozent – was ein Anwachsen der Budgets von heute 166 Milliarden auf 175 Milliarden Euro bis 2019 bedeutet.

Dass Geld aber nicht alles ist, zeigt sich am unzureichenden Vorbereitungsgrad vieler Unternehmen: Die Hälfte fühlt sich höchstens „ausreichend“ für die Zukunft gerüstet. Dabei setzen die Firmen vor allem auf digitale Technologien und Prozesse wie Big-Data-Analysen, Cloud-Computing- und Internet-of-Things-Lösungen: Jeweils um die 50 Prozent der Befragten beschäftigen sich vorrangig mit diesen Themen. Die Studie überprüft insgesamt zehn Innovationsarten. Es zeigt sich, dass viele Innovationspotenziale ungenutzt bleiben, denn fast zwei Drittel der Befragten nutzen nur maximal drei Arten. Die größten Hindernisse sind für viele vor allem ein Mangel an Zeit und fehlendes Fachwissen zu digitalen Technologien und Prozessen.

„Deutschland ist von einer Innovationstradition der Ingenieure geprägt. Es lohnt sich aber, dieses Denken zu hinterfragen. Die Digitalisierung stellt viele bisherige Innovationsstrategien auf den Kopf. In puncto Innovationsfähigkeit und -kultur sind deshalb neue Ansätze gefragt. Wie die Studie zeigt, kämpfen aber viele Unternehmen hierzulande noch mit der Anwendung in der Praxis“, erklärt Nicolai Andersen, Leiter Innovation in EMEA bei Deloitte.

Selten war ein Umbruch so umfassend wie im Zuge der Digitalisierung. Die Unternehmen in Deutschland haben das erkannt und ihre Mittel erheblich erhöht. Das gilt für 86 Prozent der Umfrageteilnehmer, die ihre Innovationsbudgets weiter aufstocken wollen: gegenüber den beiden vorangegangenen Jahren immerhin eine Steigerung von zwei Prozentpunkten. Entsprechend hochgerechnet werden die Mittel bis 2019 jährlich um 2,7 Prozent steigen – was das gesamtvolkswirtschaftliche Investitionsvolumen in Deutschland bis 2019 auf 175 Milliarden Euro anwachsen lässt.

Drei Viertel der Unternehmen rechnen mit starken Veränderungen im Markt. Während sich insgesamt nur ein Drittel gut vorbereitet wähnt, zeigen sich bei Unternehmen verschiedener Größenordnung und Branchen durchaus Differenzierungen: So glaubt sich der Mittelstand optimaler aufgestellt als Konzerne, Finanzdienstleister und Technologiefirmen stehen besser da als die meisten anderen Industrien.

Insgesamt zehn Innovationsarten identifiziert die Studie. Sie setzen bei dem Geschäftsmodell, der Struktur und den Prozessen, aber auch den Produkten, dem Service, der Markenpflege, den Vertriebswegen und der Kundenbindung an. Dabei zeigt sich, dass 40 Prozent der Unternehmen mehr als vier der zehn Innovationsarten anwenden. Alle anderen nutzen höchstens drei. Das bedeutet: Viele Unternehmen verschenken hier wertvolles Innovationspotenzial. Beim Innovationsmanagement, das neben klassischer F&E unter anderem auch Trend Sensing, Design Thinking, Szenarioanalysen sowie Technology Roadmapping umschließt, stehen Inkubation und Ideation an erster Stelle.

Wichtiger Treiber von digitalen Innovationen sind neue Technologien. Wie die Erhebung zeigt, sind es vor allem Big-Data-Analysen, Cloud Computing und das Internet of Things, die von den Unternehmen verstärkt ins Visier genommen werden. Eine deutlich geringere Rolle spielen Automatisierung, Crowdsourcing und Blockchain-Anwendungen. Gerade beim IoT und – damit zusammenhängend – dem Themenkomplex Machine Learning besteht das höchste Implementierungspotenzial. Das bedeutet: Unternehmen betrachten die Technologien als hochrelevant, haben aber noch keine konkreten Pläne zu deren Implementierung entwickelt. Das trifft auf immerhin bis zu 20 Prozent der Firmen zu.

„Nur jedem vierten Unternehmen gelingt der Übersetzungserfolg von Trends in Innovationen. Um das zu ändern, müssen die Betroffenen mehr tun als ihre Budgets zu erhöhen. So kann eine breite Anwendung unterschiedlicher Innovationsarten ebenso hilfreich sein wie die generelle Förderung der Innovationskultur. Das bedeutet auch, genügend Zeit einzuräumen und das eigene Ökosystem für Impulse zu nutzen. Wichtig ist immer, genau zwischen Hype und Substanz unterscheiden zu können. Dort, wo es sich wirklich lohnt, muss das Engagement unbedingt höher ausfallen, besonders beim Mittelstand. Großkonzerne können von den schlanken Organisationsstrukturen der Start-up-Welt lernen und müssen gleichzeitig die Innovationskultur aktiv fördern“, ergänzt Andersen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

 

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
07.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionsschreck Deutschland: Internationale Investoren meiden deutsche Projekte
07.05.2024

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr immer weniger in Deutschland investiert. Die Anzahl der Projekte ausländischer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nachlassende Nachfrage: Deutsche Industrie verzeichnet erneut weniger Aufträge
07.05.2024

Trotz einer vielversprechenden Entwicklung im März kämpfen Deutschlands Exporteure nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten.

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...