Finanzen

Wall Street Journal: Fall Khashoggi könnte PR-Stunt sein

Lesezeit: 2 min
16.10.2018 20:16
Der saudische Rial hat sich am Dienstag zum Dollar stabilisiert. Das Wall Street Journal teilt Anlegern mit, dass es sich bei dem Khoshaggi-Fall um eine „PR-Aktivität“ handeln könnte.
Wall Street Journal: Fall Khashoggi könnte PR-Stunt sein

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Eine mögliche Wende im Fall des verschwundenen suadischen Staatsbürgers Jamal Khashoggi gibt der saudi-arabischen Währung Auftrieb. Der Dollar verbilligte sich auf 3,7511 Rial, nachdem er am Montag ein Zwei-Jahres-Hoch von 3,7526 Rial markiert hatte, meldet Reuters. Auslöser dieser Entwicklung ist Medienberichten zufolge die Tatsache, dass Saudi-Arabien eingestehen möchte, dass Khashoggi bei einem außer Kontrolle geratenen Verhör ums Leben gekommen sei. Auch die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich und kostete am Dienstag nur noch 80,09 Dollar je Barrel. Zuvor hatte der Preis aus Furcht vor Ausfällen saudi-arabischer Lieferungen kräftig zugelegt. Doch der Leitindex der Börse Riad fiel am Dienstag um bis zu vier Prozent, da sich Anleger aus dem Aktienmarkt Saudi-Arabiens zurückziehen.

US-Präsident Donald Trump hat baldige Antworten zum Verschwinden von Khashoggi in Aussicht gestellt. Nach einem Telefonat mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MBS) erklärte Trump auf Twitter, dieser habe ihm versichert, bereits Untersuchungen zum Schicksal Khashoggis eingeleitet zu haben und diese rasch auszuweiten. "Es wird bald Antworten geben", schrieb Trump am Dienstag. MBS habe in dem Gespräch jedes Wissen darüber bestritten, was im saudiarabischen Konsulat in Istanbul geschehen sei.

Das Wall Street Journal liefert eine interessante Analyse:

„Die Anleger sollten sich nicht wundern, wenn sich herausstellt, dass dies (der Kashoggi-Fall, Anm. d. Red.) mehr eine Public-Relations-Aktivität als ein Wendepunkt in der Geschäftseinstellung ist (...) Dieser eine angebliche Tod zieht mehr Schlagzeilen an als die 16.000 Todesopfer im Jemen, (...) die direkt oder indirekt durch die Bombardierungskampagne von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten gegen vom Iran unterstützte Rebellen verursacht wurden (...) Was auch immer einzelne Vorstände über Khashoggis Fall denken, die Geschäfte werden zweifellos wieder aufgenommen werden, sobald der Fall entweder vor Gericht gebracht wird oder die Medien und die öffentliche Aufmerksamkeit abflauen (...) Der öffentliche Investitionsfonds Saudi Arabiens und das Bedürfnis des Landes, seine Wirtschaft zu modernisieren, versprechen eine Flut von Investitionen und Geschäftsabschlüssen, die zu groß sind, um ignoriert zu werden (...) James Dimon und JPMorgan hoffen, weiterhin die Rolle des Investmentbankers bei saudischen Transaktionen zu gewinnen. HSBC ist durch seine 40-prozentige Beteiligung an der Saudi British Bank an das Land gebunden.“

Forbes führt aus:

„Der saudische Aktienmarkt ist in Aufruhr. Investoren verlieren ihr Vertrauen und ziehen Kapital aus dem Land ab. Das Verschwinden des Journalisten Jamal Khashoggi, der Saudi-Arabien ins Rampenlicht gerückt hat, erwies sich als ein wichtiges Marktereignis (...) Nach der jüngsten Entwicklung wird erwartet, dass Saudi-Arabien einen Bericht über Khashoggi herausgibt und den Tod des Journalisten aufgrund eines falsch durchgeführten Verhörs anerkennt. Der Zweck war nur, ihn zu entführen, aber die Operation wurde nicht von den Behörden geklärt und Einzelpersonen werden nun zur Rechenschaft gezogen. Es ist ungewiss, wie viele eine solche Aussage glauben, aber die Frage ist, wie Donald Trump danach vorgehen wird. Der Grund, warum er involviert ist, liegt an seinen engen Beziehungen zu Saudi-Arabien (...) All dies ist seinem Schwiegersohn Jared Kushner zu verdanken, dem Berater des Weißen Hauses, der die gesamte neue Beziehung zu Saudi-Arabien vorbereitete, nachdem die Obama-Regierung klar Abstand genommen hatte (...) Ob Trump wirklich eine harte Haltung gegenüber Saudi-Arabien einnimmt, bleibt abzuwarten. In der Zwischenzeit fiel der saudische Aktienindex während der Sitzung am Sonntag nach Trumps ersten Kommentaren um fast sieben Prozent und stieg gestern nach seinem schwächeren Ton wieder auf. Der Index ist seit Jahresbeginn um fast 1,53 Prozent gestiegen, aber diese Gewinne sind wieder in Gefahr, da der Ausverkauf an Fahrt gewinnt (...) Wenn sich die Situation zwischen Saudi-Arabien und den USA verschlechtert, wird eine Bedrohung durch die Verbindung zwischen dem Saudi-Rial und dem Dollar bestehen.“

Die Wirtschaftsstrategie des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MBS) zielt darauf ab, Investitionen zum Hauptmotor des Wirtschaftswachstums zu machen und die Staatsquote zu senken. Doch das Verschwinden des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi könnte diese Ambitionen zunichtemachen. Ausländische Direktinvestitionen, ein wichtiger Teil des Plans, die saudi-arabische Wirtschaft neu zu erfinden, sind im Jahr 2017 stark zurückgegangen und werden wahrscheinlich nicht mehr auf ihr vorheriges Niveau zurückkehren. Das Ziel der Regierung für 2020 wird nach Angaben von Bloomberg nicht erreicht werden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...