Der Berliner Senat will die Mieten für gut 1,5 Millionen Wohnungen in der Hauptstadt für fünf Jahre einfrieren. Der rot-rot-grüne Senat beschloss am Dienstag für einen Mietendeckel Eckpunkte, die bis Mitte Oktober in ein Gesetz gegossen werden sollen. "Mieten dürfen demnach für fünf Jahre nicht erhöht werden", sagte die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), am Dienstag nach der Senatssitzung. Die Wohnungswirtschaft kritisierte das Vorhaben scharf.
Die Landesregierung aus SPD, Grünen und Linken will mit dem umstrittenen Gesetzesvorhaben dem rasanten Anstieg der Mieten Einhalt gebieten und Zeit gewinnen für entlastenden Wohnungsneubau. Sie reagiert damit auch auf die Bestrebungen einer Bürgerinitiative, die eine Enteignung von großen Immobilienkonzernen fordert. "Wir brauchen einen Stopp dieses Mietenwahnsinns", forderte Susanna Raab von der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" auf der Hauptversammlung der börsennotierten Deutschen Wohnen in Frankfurt.
Der Mietendeckel soll bis Januar 2020 in Kraft treten. Um zwischenzeitliche Mieterhöhungen zu verhindern, soll es rückwirkend ab dem Senatsbeschluss vom 18. Juni gültig sein. Bei Verstößen sollen Geldbußen von bis zu 500.000 Euro möglich sein. Ausgenommen vom sogenannten Mietenmoratorium sind Neubauten bei der Erstvermietung und der soziale Wohnungsbau. Außerdem soll eine Mietobergrenze eingeführt werden. Ihre Höhe ist noch unklar. Mieten, die darüber liegen, sollen auf Antrag gesenkt werden müssen. Modernisierungen von Mietwohnungen müssen den Behörden mitgeteilt und ab einer bestimmten Höhe genehmigt werden. Lompscher räumte mit Blick auf die landesrechtliche Regelung ein: "Wir haben hier rechtliches Neuland."
Scharfe Kritik kam aus der Wohnungswirtschaft. "Der Mietendeckel wird dazu führen, dass weniger gebaut wird und weniger saniert wird", sagte Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn in Frankfurt. Er äußerte zugleich Zweifel daran, dass das Land Berlin überhaupt das Recht zu einem solchen Beschluss habe. Mit mehr als 110.000 Wohnungen in Berlin ist Deutsche Wohnen der größte private Vermieter in der Hauptstadt.
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, warnte vor negativen Folgen. "Man wird sich in Zukunft zweimal überlegen, ob man in Berlin oder besser woanders investieren will", sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner. "Die Hauptstadt mauert sich ein, die politische Landschaft verunsichert Investoren, auf die Berlin dringend angewiesen ist."
Ähnlich äußerte sich auch der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). "Mietpreisregulierungen lösen das Problem der Wohnungsknappheit nicht", sagte BVR-Vorstand Andreas Martin. "Stattdessen sollten verstärkt Maßnahmen zur Verbesserung der Angebotssituation unternommen werden."
Die Aktien börsennotierter Immobilienkonzerne gerieten nach dem Senatsbeschluss unter Druck. Schon seit den ersten Überlegungen haben sie stark an Wert verloren. "Man muss jetzt schauen, ob das Berliner Beispiel Schule macht", sagte ein Händler.