Deutschland

Berlin: Neun Ausbrüche in fünf Tagen aus Gefängnis Plötzensee

Lesezeit: 2 min
03.01.2018 14:40
Aus der Justizvollzugsanstalt Plötzensee sind in den vergangenen 9 Tagen 5 Insassen ausgebrochen. Versäumnisse erkennt der Justizsenator nicht.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Trotz der Flucht von neun Häftlingen binnen fünf Tagen aus der Berliner Justizvollzugsanstalt Plötzensee hat Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) einen zu laxe Beaufsichtigung der Häftlinge bestritten. „Der Eindruck, hier könne jeder rein- und rausgehen wie er lustig ist, ist falsch“, sagte Behrendt am Mittwoch bei einem Besuch der Anstalt, berichtet AFP. Persönliche Konsequenzen lehnte er ab und kündigte stattdessen mehr Wachpersonal an.

Aus der Justizvollzugsanstalt Plötzensee waren seit Donnerstag vergangener Woche neun Häftlinge entwichen. Vier von ihnen flohen aus dem geschlossenen und fünf weitere aus dem offenen Vollzug. Nach sechs Flüchtigen wurde am Mittwoch weiter gefahndet. Eine Untersuchungskommission unter Leitung des Präsidenten vom Amtsgericht Tiergarten, Hans-Michael Borgas, solle die Fälle untersuchen, kündigte Behrendt an. „Jetzt geht es um Aufklärung.“

Rücktrittsforderungen aus der Opposition wies Behrendt zurück. Diese Frage „bewegt mich derzeit nicht zentral“, sagte Behrendt. Für die Berliner Justiz sei es „kein schöner Jahresbeginn“ gewesen.

Die „angespannte Personalsituation“ solle sich nun binnen zwei Jahren verbessern. Mit der Ausbildung von 200 Justizvollzugsbeamten werde bis Ende 2019 das Stellensoll erfüllt. Behrendt machte seinen Amtsvorgänger Thomas Heilmann (CDU) für die Personalprobleme im Strafvollzug mit verantwortlich. Die über zwei Jahre ruhende Ausbildung habe „eine Lücke gerissen“.

Ferner kündigte Behrendt an, dass ein privates Sicherheitsbüro aus Dresden die Anstalt in Plötzensee überprüfen werde. Zudem werde der Anstaltsbereich für den offenen Vollzug nun stärker bewacht. Einige Insassen seien nach neuerlicher Überprüfung in den geschlossenen Vollzug verlegt worden.

Behrendt führte Journalisten durch den offenen Vollzug der Anstalt, wo Häftlinge Freiheitsstrafen anstelle von Geldstrafen absitzen, weil sie die Summen nicht aufbringen können oder wollen. Von dort waren fünf Insassen verschwunden, von denen zwei wieder auftauchten. In dem Gebäude saßen im Dezember 78 Männer ein, darunter 25 ausschließlich wegen Schwarzfahrens.

Der Leiter der JVA Plötzensee, Uwe Meyer-Odewald, verteidigte den geringen Sicherheitsstandard im offenen Vollzug. Das knappe Wachpersonal werde bewusst auf den geschlossenen Strafvollzug konzentriert, um die Berliner vor den wirklich gefährlichen Häftlingen zu beschützen.

42 Insassen waren demnach im vergangenen Jahr aus dem offenen Vollzug entkommen. Wie viele von ihnen genau zurück seien, konnte Meyer-Odewald nicht sagen, „aber die meisten“. „Auch wir nehmen keine Entweichung auf die leichte Schulter“, sagte der JVA-Leiter.

Indes blieb unklar, wie die Flucht von vier Häftlingen aus dem geschlossenen Vollzug passieren konnte. Ein freiwillig zurückgekehrter Täter habe sich bei der Polizei zur Entstehung des Fluchtplans eingelassen, sagte Behrendt. Details wollte er wegen der laufenden Fahndung nicht nennen.

Eine Schwachstelle des Sicherheitssystems sei die Außenüberwachung per Kamera. Die Kameras hätten zwar den Ausbruch aus der Autowerkstatt der Anstalt aufgezeichnet, sagte Behrendt, aber keinen Alarm ausgelöst. Berlins CDU-Fraktionschef Florian Graf forderte Behrendts Entlassung. Der Senator habe „seinen Laden nicht im Griff“, erklärte er.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...