Politik

Debatte über Schuldenschnitt für Griechenland beginnt

Die USA zeigen aus geopolitischen Gründen Interesse an einer Stabilisierung Griechenlands.
17.04.2018 10:46
Lesezeit: 2 min

Bundesfinanzminister Olaf Scholz wird Reuters zufolge am Rande der IWF-Frühjahreskonferenz in dieser Woche auch über mögliche Schuldenerleichterungen für Griechenland sprechen. Dort ist ein Treffen der sogenannter "Washingtoner Gruppe" geplant, der neben EU-Vertretern Repräsentanten des Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und des Euro-Rettungsfonds ESM angehören. Der Runde sollen demnach in der US-Hauptstadt mehrere Optionen für Schuldenerleichterungen für Griechenland vorgelegt werden.

Der IWF fordert seit vielen Jahren einen Schuldenschnitt, weil die griechischen Staatsschulden nicht nachhaltig sind und sich die Wirtschaft nicht ansatzweise so entwickelt hat, dass der griechische Haushalt den aktuellen Schuldendienst leisten könnte.

Die Bundesregierung hat bisher einen Schuldenschnitt ausgeschlossen.

Auch die Bundesbank hat sich gegen einen Schuldenerlass für Griechenland ausgesprochen. Dies halte er für falsch, sagte Notenbank-Vorstand Andreas Dombret am Rande des Jahresempfangs des Bankenverbandes dem Sender n-tv. "Weil das Problem entsteht dann wieder neu." Es gebe viele Anstrengungen in Griechenland, das Land müsse nachhaltig aus der Krise herauskommen.

Diskutiert werde derzeit beispielsweise über einen milliardenschweren Anleihen-Rückkauf, berichtet die Zeitung. Dabei könnten griechische Staatsanleihen im Besitz von EZB und Notenbanken von Griechenland mit Hilfe des Euro-Rettungsfonds ESM abgelöst werden. Allerdings sehe die EZB diese Option kritisch. Ein Alternativmodell sieht der Zeitung zufolge vor, dass man Zinsgewinne, die die Gläubiger mit den griechischen Anleihen erzielt hätten, dem Land nach und nach in den kommenden Jahren rückerstatte. Darüber hinaus werde an einem Wachstumsmechanismus gearbeitet, bei dem Griechenland einen geringeren Schuldendienst leisten müsste, wenn die Wirtschaft sich schlechter als gedacht entwickle.

Die Euro-Finanzminister könnten laut Reuters bereits bei ihrem Treffen am 27. April in Sofia eine Erklärung zu den avisierten Schuldenerleichterungen abgeben. Reuters spekuliert, dass der IWF Ende April die Entscheidung treffen könnte, sich an dem laufenden Griechenland-Hilfsprogramm mit einer Summe von 1,6 Milliarden Euro zu beteiligen. Die grundsätzliche Bereitschaft dazu hatte der Fonds schon erklärt. Die Zeit drängt aber, denn das geltende Kreditprogramm der Euro-Partner mit dem ESM für das Sorgenkind unter den Euro-Ländern läuft schon im August dieses Jahres aus. Es ist bereits das dritte Kredit-Paket für Griechenland. An den beiden ersten Programmen hatte sich der IWF beteiligt.

Es ist anzunehmen, dass die USA wegen der geopolitischen Zuspitzung in Nahost ein stabiles Griechenland wünschen: Das Land ist sowohl militärisch als auch energiepolitisch ein zentraler Brückenkopf für die US-Interessen im Nahen Osten. In den vergangenen Jahren wurde das griechische Finanzsystem daher von den europäischen Steuerzahlern über Wasser gehalten, nachdem zunächst die deutschen und französischen Banken gerettet worden waren.

Griechenland hat erst vor kurzem beschlossen, französische Fregatten zu kaufen. Die Aufrüstung wird unter anderem damit erklärt, dass der NATO-Partner Türkei Griechenland bedroht.

Besondere Sorge bereiten den Amerikanern allerdings die Privatisierungserfolge der Chinesen, die sich unter anderem wichtige Häfen in Griechenland gesichert haben. Deutschland kam dagegen bei den regionalen Flughäfen zum Zuge.

Die griechische Bevölkerung hat von den Milliarden-Transfers der vergangenen Jahre dagegen kaum profitiert.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Urlaub wird teurer: Flugkosten steigen auch bei Billig-Airlines
08.07.2025

Fliegen vom deutschen Flughafen ist deutlich kostspieliger geworden – und das nicht nur bei klassischen Airlines. Auch...

DWN
Politik
Politik Haushaltsstreit 2025: Klingbeils Pläne, Kritik und offene Milliardenlücken
08.07.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Haushaltsentwurf für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 in den Bundestag eingebracht....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern behauptet Spitzenposition im deutschen E-Auto-Markt
08.07.2025

Der VW-Konzern setzt im deutschen E-Auto-Markt neue Maßstäbe. Die aktuellen Zahlen zeigen eine eindrucksvolle Entwicklung – doch der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Europas Industrie und niemand wehrt sich
08.07.2025

Chinas Staatskonzerne zerlegen Europas Industrie Stück für Stück – doch Berlin, Brüssel und Paris liefern nur leere Worte. Während...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dow schließt Chemieanlagen: Was das für Deutschland bedeutet
07.07.2025

Der US-Konzern Dow zieht sich teilweise aus Mitteldeutschland zurück – und das hat Folgen. Standorte in Sachsen und Sachsen-Anhalt...

DWN
Politik
Politik Folgekosten in Millionenhöhe: Corona-Krise und die Schattenseite staatlicher Beschaffung
07.07.2025

Milliardenkosten, ungenutzte Schutzmasken und politische Spannungen: Die Folgen der Maskenkäufe in der Corona-Krise wirken bis heute nach....

DWN
Politik
Politik Kontrollen an der Grenze zu Polen: Grenzkontrollen jetzt beidseitig aktiv
07.07.2025

Mitten in der Urlaubszeit zieht Polen die Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland an. Reisende spüren die Auswirkungen sofort –...

DWN
Politik
Politik Trump droht BRICS-Staaten mit neuen Strafzöllen
07.07.2025

Trump verschärft den Handelsstreit mit den BRICS-Staaten drastisch. Seine angekündigten Strafzölle könnten globale Lieferketten...