Politik

Paris: Tausende „Rotschals“ demonstrieren gegen „Gelbwesten“

Lesezeit: 2 min
28.01.2019 11:30
In Paris kam es am Sonntag zu einem Unterstützungsmarsch für Präsident Macron.
Paris: Tausende „Rotschals“ demonstrieren gegen „Gelbwesten“

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

In Paris haben am Sonntag rund zehntausend Menschen mit roten Schals gegen die Bewegung der sogenannten "Gelbwesten" protestiert. Die Kundgebung der sogenannten "Rotschals" setzte sich am Nachmittag bei Regenwetter am Place de la Nation in Bewegung. Die Teilnehmer demonstrierten nach eigenen Angaben auch für "die Verteidigung der Demokratie und der Institutionen". Am Samstag hatten die "Gelbwesten" landesweit 69.000 Menschen mobilisiert, es kam erneut zu Ausschreitungen.

Nach Angaben der Polizei gingen rund 10.500 sogenannte "Rotschals" auf die Straße. Mindestens 10.000 Menschen hatten zuvor über das Online-Netzwerk Facebook ihre Teilnahme an dem "Republikanischen Marsch der Freiheiten" genannten Unterstützungsmarsch in der französischen Hauptstadt zugesagt.

An der Spitze des Demonstrationszugs skandierten die Aktivisten "Ja zur Demokratie, nein zur Revolution". Zu sehen waren mehrere Frankreich-Fahnen und eine Handvoll Europa-Fahnen. Einige Teilnehmer trugen T-Shirts mit Aufschriften wie "Ich liebe meine Republik" oder "Stoppt die Gewalt".

Der Initiator der "Rotschals", Laurent Soulié, steht der Partei Die Republik in Bewegung (La République en Marche) von Präsident Emmanuel Macron nahe. Der Ingenieur aus Toulouse hatte die Idee zu der Demonstration Mitte Dezember bei Facebook lanciert. Das Kennzeichen der roten Schals geht auf eine Protestgruppe zurück, die seit Ende November gegen die Straßenblockaden der "Gelbwesten" demonstrierte.

Diese hatten am elften Protest-Samstag in Folge 69.000 Franzosen auf die Straße gebracht, wie das Innenministerium mitteilte. In Paris demonstrierten demnach rund 4000 "Gelbwesten" gegen den Reformkurs von Präsident Macron.

Im Vergleich zum vorherigen Samstag gingen die Teilnehmerzahlen leicht zurück. Am vergangenen Wochenende hatten sich landesweit 84.000 Menschen beteiligt, in Paris waren es 7000 gewesen.

In der Hauptstadt kam es am Place de la Bastille zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, um Demonstranten zurückzudrängen, die Wurfgeschosse auf Polizisten warfen. Nach Angaben der Präfektur wurden dabei 22 Menschen festgenommen.

Jérôme Rodrigues, eines der Sprachrohre der "Gelbwesten", wurde schwer am Auge verletzt. Er sei von einem Gummigeschoss der Polizei getroffen worden, sagte sein Anwalt Philippe de Veulle am Sonntag dem Fernsehsender BFM. "Er wird sein Leben lang behindert sein." Das Projektil sei von anderen Demonstranten als Beweisstück eingesammelt worden.

Der Einsatz von Gummigeschossen ist umstritten. Innenminister Christophe Castaner hatte angekündigt, die Sicherheitskräfte mit Körperkameras auszustatten, um die Einsätze besser zu dokumentieren. Der linke Oppositionspolitiker Jean-Luc Mélenchon forderte nach der Verletzung von Rodrigues den Rücktritt Castaners.

Innenstaatssekretär Laurent Nunez sagte am Sonntagabend, es gebe nichts, was darauf hinweise, dass Rodrigues von einem Gummigeschoss getroffen worden sei. Unter Berufung auf einen Polizeibericht bestätigte er allerdings den Einsatz einer Granate, die von der Polizei zum Auseinandertreiben der Demonstranten eingesetzt worden sei. Diese These hatte der Anwalt des verletzten Demonstranten zuvor zurückgewiesen.

Zusammenstöße gab es auch in den "Gelbwesten"-Hochburgen Toulouse und Bordeaux im Südwesten Frankreichs sowie im Süden in Montpellier und Avignon, außerdem in mehreren westfranzösischen Städten.

Erstmals hatten Aktivisten am Bastille-Platz zudem zu einer "gelben Nacht" aufgerufen. Vorbild war die Sozialbewegung "Nuit debout", die 2016 gegen die Arbeitsrechtsreform der sozialistischen Vorgängerregierung protestierte. Die Versammlung wurde nach Angaben von AFP-Journalisten jedoch schnell beendet.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik Deutsch-australische Rüstungskooperation: Mehr als Boote und Panzer?
05.05.2024

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock befürwortet eine engere Rüstungskooperation zwischen Deutschland und Australien, da sie betont,...

DWN
Immobilien
Immobilien Die Grunderwerbssteuer: Was Sie unbedingt wissen sollten!
05.05.2024

Jeder, der in Deutschland ein Grundstück erwerben will, zahlt darauf Steuern. Vorne mit dabei: Die Grund- und Grunderwerbssteuer. Doch was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eli Lilly, Merck und Biontech: Deutschland behauptet sich als Pharma-Standort
05.05.2024

Mehr als 250.000 Beschäftigte sind in Deutschland allein in der Pharma-Industrie beschäftigt. Dass die Branche auch in naher Zukunft...

DWN
Finanzen
Finanzen Dispozinsen: Wie sie funktionieren und wie man sie vermeidet
05.05.2024

Dispozinsen können eine teure Überraschung für Bankkunden sein, die ihr Konto überziehen. Dieser Artikel erklärt, wie Dispozinsen...

DWN
Technologie
Technologie EU-China-Beziehung: Droht ein Handelskrieg um Elektroautos?
05.05.2024

Vor Xi Jinpings Besuch in Paris bekräftigt Deutschland seine Haltung im EU-China-Streit um E-Autos. Doch wie wird die EU reagieren?

DWN
Unternehmen
Unternehmen Europameisterschaft 2024 am Arbeitsplatz streamen: Wie weit geht Arbeitgeber-Toleranz?
05.05.2024

Die Spiele der Europameisterschaft 2024 finden zu Zeiten statt, die nicht ideal für Arbeitnehmer sind. Einige Spiele starten bereits um 15...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handwerksbetriebe in Not: Geschäftslage trübt sich ein
05.05.2024

Die aktuelle Lage im Handwerk bleibt düster, mit einer spürbaren Verschlechterung der Geschäftslage im ersten Quartal 2024 aufgrund...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...