Politik

Bundesregierung verdiente Milliarden an Griechenland-Krise

Lesezeit: 1 min
10.03.2019 18:50
Die Bundesregierung hat am Kreditprogramm für Griechenland 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen verdient. Ein Teil der Gewinne sollte abgetreten werden. Doch dies ist niemals geschehen.
Bundesregierung verdiente Milliarden an Griechenland-Krise

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Deutschland ist einer der größten Profiteure der Milliardenkredite zur Stabilisierung Griechenlands und hat seit dem Jahr 2010 insgesamt mindestens 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen verdient. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor.

Der Regierungsantwort zu Folge gab es seit 2010 vor allem Gewinne aus Ankäufen griechischer Staatsanleihen im Rahmen des Securities Market Programme (SMP) der Europäischen Zentralbank (EZB), die von der Bundesbank gehalten wurden und dem Bundeshaushalt überwiesen wurden, so die dpa.

Die Gewinne ergeben sich vor allem aus den Zinszahlungen für das Halten der Anleihen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz erwägt, einen Teil der hohen Zinsgewinne an Athen abzutreten. Dies ist jedoch bisher (Stand: 25. Februar 2019) nicht geschehen.

Seit 2014 gab es keine Abführung von SMP-Gewinnen mehr an Athen. Bei der Bundesbank wurden bis 2017 der Antwort des Finanzministeriums zufolge rund 3,4 Milliarden Euro an Zinsgewinnen aus den SMP-Käufen erzielt. Nur 2013 und 2014 wurden Gewinne von rund 900 Millionen Euro abgeführt an den Eurorettungsschirm ESM und an Griechenland, was unter Strich einen verbleibenden Gewinn von 2,5 Milliarden Euro bedeutet. Hinzu kommen Zinsgewinne von 400 Millionen Euro aus einem Darlehen der Förderbank KfW: das ergibt die Summe von 2,9 Milliarden, berichtet Euractiv.

Die Ankäufe über den Sekundärmarkt waren wichtig, damit Griechenland sich weiter finanzieren konnte, zusätzlich wurden Kreditschirme aufgespannt, erst der vorläufige EFSF, dann der permanente Rettungsschirm ESM. Knapp 274 Milliarden Euro an Hilfskrediten hat Griechenland von den Geldgebern erhalten - und natürlich massiv von Zinsrabatten und anderen Erleichterungen profitiert.

Der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler forderte wegen der deutschen Gewinne umfassende Schuldennachlässe für Athen. „Entgegen allen rechten Mythen hat Deutschland massiv von der Krise in Griechenland profitiert”, sagte Kindler. „Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung mit Milliarden an griechischen Zinsgewinnen den deutschen Haushalt saniert”, kritisierte er. Griechenland habe hart gespart und seine Verpflichtungen eingehalten: „Jetzt muss die Eurogruppe ihr Versprechen auch einhalten.”

Frühere Vereinbarungen sahen vor, dass Griechenland bei Erfüllung aller Spar- und Reformauflagen die SMP-Gewinne aus den Anleihekäufen anderer Staaten ausbezahlt werden sollen. Der Antwort zufolge wurde aber nur 2013 ein Gesamtbetrag aus allen SMP-Gewinnen von zwei Milliarden Euro an Athen transferiert. 2014 gingen rund 1,8 Milliarden Euro auf ein Sperrkonto des Euro-Rettungsschirms ESM. Davon flossen aus Deutschland die genannten 900 Millionen Euro.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...