Gemischtes

Kartell-Vorwürfe aus Brüssel: Deutschen Autobauern drohen Milliarden-Strafen

Die deutschen Auto-Hersteller kommen einfach nicht zur Ruhe. Jetzt droht neues Ungemach - aus Brüssel, wo die EU-Kommission Kartell-Vorwürfe gegen BMW, Mercedes und VW erhebt.
05.04.2019 17:49
Lesezeit: 2 min

Die EU-Kommission vermutet illegale Absprachen in der deutschen Auto-Industrie bei der Abgasreinigungstechnik. Die konkreten Beschwerdepunkte seien an die Hersteller BMW, Daimler und Volkswagen geschickt worden, hat die Kommission heute in Brüssel mitgeteilt. Die drei größten deutschen Autobauer sollen von 2006 bis 2014 gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben, indem sie sich bei der Entwicklung von Technologien zur Reinigung der Emissionen von Diesel- und Benzin-Pkw absprachen. Dabei hätten sie nicht zur Verbesserung von Produkten zusammengearbeitet, wie es rechtlich in Ordnung sei. Ganz im Gegenteil, sie hätten Konkurrenz um bessere Qualität vermieden, so die Kommission. „Dadurch könnte Verbrauchern in Europa die Möglichkeit verwehrt worden sein, Fahrzeuge mit der besten verfügbaren Technologie zu kaufen", erklärte EU-Kommissarin Margrethe Vestager.

Der Kartellverdacht der EU war im Sommer 2017 bekannt geworden. Im Oktober 2017 rückten die Beamten bei den Autobauern zu Razzien an. Es ging darum, zu klären, ob Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen seit den 90er Jahren in mehr als 60 Arbeitskreisen über viele verschiedene technische Themen sich nur technisch austauschten oder aber den Wettbewerb ausschalteten. Das Kartell-Verfahren wurde im September 2018 dann nur in Hinblick auf die Abgasreinigung eröffnet.

Nun haben die Autobauer zehn Wochen Zeit, auf die vorläufige Einschätzung der Behörde zu reagieren. Welche Strafe auf die Konzerne zukommen könnte, ließ die EU offen. Anfang März hatte der „Spiegel" berichtet, die EU-Kommission plane wegen der Absprache Bußgelder von jeweils bis zu einer Milliarde Euro gegen jeden der drei Unternehmen zu verhängen. Daimler erklärte, der Konzern habe frühzeitig und umfassend mit der Europäischen Kommission als Kronzeuge kooperiert und erwarte in dieser Sache deshalb kein Bußgeld.

ZULÄSSIGE ABSTIMMUNG ODER KARTELLVERSTOSS?

BMW wollte sich zum Inhalt der Beschwerde nicht äußern, hielt aber grundsätzlich fest: „Die BMW Group sieht in diesem Verfahren den Versuch, die zulässige Abstimmung von Industriepositionen zu regulatorischen Rahmenbedingungen mit unerlaubten Kartellabsprachen gleichzusetzen." Die Gespräche der beteiligten Ingenieure seien nicht geheim gewesen und hätten nicht auf die Schädigung von Kunden oder Lieferanten abgezielt.

Volkswagen wollte ebenfalls zunächst die konkreten Beschwerdepunkte prüfen und sich später gegenüber der Behörde dazu äußern. Der Konzern hob jedoch hervor, es gehe bei dem Verfahren nicht um verbotene Preisabsprachen oder Marktaufteilungen. Es gebe auch keine Verbindung zu unzulässigen Abschalteinrichtungen im Dieselskandal. Der VW-Konzern steckt dazu nämlich in einer Lawine von Verbraucher- und Anlegerklagen, für die es im Kartellverfahren neue Argumente geben könnte.

BMW, Daimler und VW haben sich der EU zufolge vor allem bei der Einspritzung von Harnstoff ("AdBlue") zur Verringerung der Stickoxid-Emission abgesprochen, etwa über die Größe der AdBlue-Tanks oder die Dosierstrategien, „und zwar mit dem gemeinsamen Verständnis, dass sie dadurch den AdBlue-Verbrauch und die Wirksamkeit der Abgasreinigung begrenzten“. Dazu erklärte BMW, die Hersteller hätten kleinere Harnstofftanks nur einbauen wollen, wenn es eine ausreichende Tank-Infrastruktur zum Nachfüllen gegeben hätte. Als dies nicht schnell genug ging, habe BMW größere Tanks verbaut. Es sei dem Unternehmen nie darum gegangen, eine geringere Abgasreinigung durch kleine Tanks zu erreichen.

Die EU wirft den Autobauern auch vor, in Sachen Benzinmotoren vereinbart zu haben, keine Partikelfilter in Otto-Motoren einzubauen, mit denen der Ausstoß von gesundheitsgefährdendem Feinstaub hätte reduziert werden können. Dazu führte BMW aus, die Autobauer hätten sich über eine gemeinsame Position während der damals noch laufenden Gesetzgebung zu Grenzwerten für Feinstaubpartikel verständigen wollen. Der Partikelfilter sei noch nicht ausgereift gewesen, weshalb sich die Unternehmen dafür einsetzen wollten, stattdessen innermotorische Technik nutzen zu dürfen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik 100 Tage schwarz-rote Koalition: SPD kritisiert Union
13.08.2025

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch fordert 100 Tage nach dem Start der schwarz-roten Koalition, Probleme in der Zusammenarbeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Perplexity AI will Chrome übernehmen: KI-Suchmaschine bietet Milliarden
13.08.2025

Ein KI-Start-up wagt den Angriff auf Google: Perplexity AI will mit seiner KI-Suchmaschine den Chrome-Browser für Milliarden übernehmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse: Attraktive Benefits als Alternative zur Gehaltserhöhung
13.08.2025

Smartphone, Kita-Gebühr, Rad oder Deutschlandticket: Mit diesen zehn Gehaltsextras können Beschäftigte Steuern und Abgaben sparen. Wie...

DWN
Politik
Politik Ukraine vor strategischem Kipp-Punkt: Russlands Vorstoß könnte Verhandlungsmasse für Putin werden
13.08.2025

Während die Front im Donbass unter schwerem Druck steht, dringt Russland kurz vor dem Trump-Putin-Gipfel tief in ukrainisches Gebiet vor...

DWN
Finanzen
Finanzen Renk-Aktie legt kräftig zu: Starke Auftragslage beflügelt Anleger
13.08.2025

Die Renk-Aktie überrascht Anleger mit starken Quartalszahlen und einem klaren Aufwärtstrend. Doch wie nachhaltig ist der Erfolg des...

DWN
Finanzen
Finanzen Eckert-Ziegler-Aktie stürzt ab – oder doch nicht? Was hinter dem vermeintlichen Kursverlust steckt
13.08.2025

Die Eckert Ziegler-Aktie zeigt zur Wochenmitte einen drastischen Kursrückgang – doch der Grund ist überraschend harmlos. Tatsächlich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen TUI-Aktie: Tui profitiert von der Reiselust – Kreuzfahrten boomen
13.08.2025

Tui hat von April bis Juni gut verdient. Vor allem Hotels und Kreuzfahrten liefen stark. Die Gewinnprognose für das Gesamtjahr steigt.

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland: Verbraucherpreise steigen auch im Juli um 2,0 Prozent
13.08.2025

Teure Energiepreise, steigende Lebensmittelpreise: Im Schnitt haben die Verbraucherpreise in Deutschland im Juli mit 2,0 Prozent zum...