Politik

Polnischer Außenminister: Deutsche Investoren ein Grund für Polens gewaltigen Aufschwung

Lesezeit: 2 min
10.11.2019 14:00
Die polnische Regierung hat in der Vergangenheit die deutschen Investoren nicht immer unterstützt. Beispielsweise liegt ein Gesetzesentwurf in der Schublade, der die Marktmacht der deutschen Medienkonzerne begrenzen soll. Jetzt hat Außenminister Jacek Czaputowicz allerdings klargestellt, dass die deutschen Unternehmen für sein Land nicht unwichtig sind.
Polnischer Außenminister: Deutsche Investoren ein Grund für Polens gewaltigen Aufschwung
Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz, der seit Januar 2018 im Amt ist (Foto: dpa).
Foto: Monika Skolimowska

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

„Ich bewerte die Rolle der deutschen Investoren für die Entwicklung der Wirtschaft Polens positiv": Das hat der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz den Deutschen Wirtschaftsnachrichten gestern gesagt. Die Deutschen seien ein Grund, "warum sich Polen so intensiv entwickelt", erklärte das Regierungsmitglied anlässlich der Feiern zum 30. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin. Sein deutscher Amtskollege Heiko Maas hatte ihn in die deutsche Hauptstadt eingeladen.

Hintergrund: Das Bruttoinlandsprodukt Polens (BIP) hat sich seit der Einführung der Marktwirtschaft 1990 verneunfacht. Die Entwicklung des ehemaligen kommunistischen Ostblock-Staates gilt weltweit unter Ökonomen und Experten als Erfolgsgeschichte. Der Markt gehört zu den wenigen weltweit, die in den rund 30 Jahren seit der historischen politischen Wende keine einzige Rezession haben hinnehmen müssen.

Einen gewichtigen Teil zur rasanten wirtschaftliche Entwicklung haben ausländische Unternehmen beigetragen – insbesondere die deutschen. Sie zählen zur größten ausländischen Investorengruppe: Nicht nur Medienkonzerne wie Axel Springer, sondern auch Einzelhandelskonzerne wie Metro oder Industrieunternehmen wie die Bosch-Tochter BSH haben in den vergangenen Jahrzehnten Milliarden an Euro in das Nachbarland gepumpt.

Mediengesetz in der politischen Diskussion

Trotzdem ist die nationalkonservative Regierung, die vor kurzem wiedergewählt wurde, ihnen gegenüber aus historischen Gründen nicht immer positiv eingestellt. Beispielsweise existiert ein Gesetzesprojekt, das die Aktivität von ausländischen Investoren auf dem polnischen Medienmarkt begrenzen soll. Die polnische Führungsriege will damit insbesondere die deutschen Medienkonzerne aus Polen vertreiben, die aus ihrer Sicht einen zu großen Anteil am polnischen Markt kontrollieren.

Es geht unter anderem um das Internetportal Onet, das zu den größten Polens zählt. Es befindet sich im Eigentum von "Ringier Axel Springer" (RAS), einem Joint-Venture, das der deutsche Konzern gemeinsam mit dem international tätigen Schweizer Medienunternehmen "Ringier" aus der Taufe gehoben hat.

Dieses Gesetzes-Vorhaben kommt immer wieder in der politischen Diskussion hoch. Nun gibt die polnische Politik kaum einmal zu, dass sie die Investoren der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt nicht gerade in ihr Herz geschlossen hat. So behauptet sie im Fall des geplanten Medien-Gesetzes, dass es ganz allgemein diejenigen Akteure einschränken soll, deren Marktmacht zu groß geworden sei. Tatsächlich richtet sich die Initiative aber gegen die deutschen Konzerne.

„Ich denke, dass in der neuen Legislatur-Periode erneut über die Dekonzentration der Medien gesprochen werden wird“, sagte Anfang November der Vorsitzende des Nationalen Medienrates (RMN), Krzystof Czabański, im Polnischen Privat-TV „Polsat News“. Er wisse allerdings nicht, "wie die Dekonzentration umgesetzt wird, weil dies eine politische Entscheidung ist". Czabanski steht der Regierungspartei PiS nahe. Sein Gremium kontrolliert die Vorstände und die Aufsichtsräte der staatlichen Medien wie dem Regierungsfernsehen TVP.

Viele deutsche Investoren in Lodz

Wie ungünstig es ist, die Aktivitäten der deutschen Unternehmen zu beschneiden, wird am Beispiel der zentralpolnischen Stadt Lodz deutlich. Denn hier spielen die Investoren aus dem westlichen Nachbarland eine gewichtige Rolle. Hier gibt es ein Cluster der Haushaltsbranche – insbesondere die Bosch-Tochter BSH fällt mit großen Aktivitäten auf. Ein Vertreter der Stadt, Mateusz Sipa, hat gerade im Interview mit den DWN betont, wie gut gerade die mittelständischen Unternehmen aus Deutschland zu Polen passen.

Die wirtschaftliche Entwicklung in Polen verläuft weiterhin solide: Zwar hat die EU-Kommission gerade die BIP-Prognosen fürs laufende Jahr um 0,3 Prozent auf 4,1 Prozent verringert. Doch ändert das nichts an der Tatsache, dass der gesamte Wachstumstrend der polnischen Wirtschaft intakt ist. Das haben die Polen zu einem großen Teil selbst erreicht. Wobei sie dabei auf deutsches Kapital zurückgreifen konnten.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...