Finanzen

Hertz will trotz Pleite noch Aktien an Kleinanleger verkaufen

Obwohl das Unternehmen Hertz bankrott ist, will es noch einmal Aktien im Umfang von einer Milliarde Dollar ausgeben. Die starke Nachfrage nach Hertz-Aktien kommt vor allem von Kleinanlegern, die sich möglicherweise des Risikos nicht bewusst sind.
13.06.2020 13:50
Lesezeit: 2 min
Hertz will trotz Pleite noch Aktien an Kleinanleger verkaufen
Trotz der Insolvenz des bekannten Autovermieters setzen Kleinanleger massiv auf Hertz-Aktien. (Foto: dpa) Foto: Paul Hennessy

Der bankrotte Autovermieter Hertz will bis zu 1 Milliarde Dollar an Aktien verkaufen, um vom rasanten Handel mit seinen Aktien bei Kleinanlegern zu profitieren. Dies ist ein beispielloser Schritt für ein Unternehmen, das sich Insolvenzverfahren befindet, weil seine Zahlungsfähigkeit in Frage steht.

Die vorgeschlagene Sprite mit neuem Kapital, die Hertz am Donnerstag eingereicht hat, würde das Unternehmen einsetzen, um seine Umstrukturierung zu finanzieren. Auf diese Weise würden die Inhaber vorrangiger Darlehen verschont, die üblicherweise dafür in Anspruch genommen werden.

Hertz hatte am 25. Mai Insolvenzschutz beantragt, nachdem die Reisebeschränkungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie den Flugverkehr auf der ganzen Welt zum Erliegen gebracht und seine Vermietungen an Flughäfen stark beeinträchtigt hatten. In der Folge verlor die Aktie von Hertz 80 Prozent ihres Wertes.

Doch dann erholte sich der Kurs wieder, da es eine massive Nachfrage von Kleinanlegern gab. Die Kaufwut führte dazu, dass die Aktie bis Montag um mehr als 800 Prozent gegenüber dem Tiefststand vom 26. Mai zulegte - das war der erste Handelstag nach Einreichung der Insolvenz. Die Aktie von Hertz erreichte am Montag einen Kurs von 5,53 Dollar, was einen Marktwert von über 700 Millionen Dollar impliziert.

Am Donnerstag schloss die Aktie dann nur noch bei 2,06 Dollar, was allerdings immer noch weit über dem Tiefststand von 0,56 Dollar von Ende Mai liegt. Und auch dies scheint noch immer eine hohe Bewertung zu sein, da zugleich die Anleihen von Hertz für weniger als 40 Prozent des Nennwerts gehandelt werden. Bei solchen Niveaus verzeichnen die Aktionäre in der Regel einen Totalverlust.

Der verstärkte Handel und der Anstieg des Aktienkurses "bieten den Schuldnern eine einzigartige Gelegenheit, Kapital zu Bedingungen zu beschaffen, die weitaus besser sind als jede Finanzierung durch Massedarlehen", zitiert die Financial Times aus einer Mitteilung des Unternehmens. Das eingesammelte Eigenkapital wäre frei von Auflagen, die Unternehmen im Insolvenzverfahren typischerweise auferlegt sind.

Das Unternehmen hat Schulden in Höhe von 18 Milliarden Dollar, die größtenteils in Anleihen bestehen, die mit seinen Hunderttausenden von Fahrzeugen abgesichert sind. Ein starker Rückgang der Gebrauchtwagenpreise hat Hertz aber dazu gezwungen, zusätzliche Zahlungen an die Anleihegläubiger zu leisten, und zwar gerade zu dem Zeitpunkt, als seine Einnahmen versiegten.

Hertz geht davon aus, dass es über rund 250 Millionen nicht emittierte Aktien verfügt, die es über seine Investmentbank Jefferies vermarkten möchte. Ein Antrag auf Ausgabe neuer Aktien würde eine Offenlegung beinhalten, wonach "eine Investition in die Stammaktien von Hertz erhebliche Risiken mit sich bringt, einschließlich des Risikos, dass die Stammaktien letztendlich wertlos sein könnten", so das Unternehmen.

Auch andere in Schwierigkeiten geratene Unternehmen wie JC Penney, Whiting Petroleum und Chesapeake Energy haben zuletzt eine ähnlich starke Volatilität wie Hertz verzeichnet. Das Phänomen hat die Portfoliomanager an der Wall Street überrascht und die Spekulationen der Kleinanleger ins Rampenlicht gerückt, die seit Ende März die Markterholung vorantreiben.

Hertz gehört inzwischen zu den Aktien, die von den Nutzern der kostenlosen Börsen-App Robinhood am meisten gehalten werden. Die Zahl der Nutzer, die die Aktien auf der Plattform besitzen, hat sich seit der Insolvenz von Hertz verdreifacht.

Die Spekulation mit Aktien von Hertz und anderen Unternehmen, die kurz vor dem Bankrott stehen, habe eine "sehr ähnliche Dynamik" wie zuvor Bitcoin und die Dotcom-Blase, sagte Max Gokhman, Leiter der Vermögensallokation bei Pacific Life Fund Advisors. Die Aktivität spiegle "das Gefühl wider, alles zu kaufen, was während Corona am Boden liegt - in der Erwartung, dass diese Aktien nicht bankrott gehen werden".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Buffett kauft Google, Bitcoin stürzt ab - beginnt jetzt der große Marktumbruch?
17.11.2025

Die Märkte taumeln und die Nvidia-Aktie wird in wenigen Tagen zum Brennpunkt der globalen Finanzwelt. Kleinanleger überraschen die Wall...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Absturz unter 93.500 Dollar verunsichert Anleger – geht der Krypto-Crash weiter?
17.11.2025

Der Bitcoin erlebt turbulente Tage: Kursabstürze, Liquiditätsstress und widersprüchliche Analystenstimmen prägen die Lage. Während...

DWN
Panorama
Panorama Globale Anti-Tabak-Strategien unter Druck: WHO-Konferenz warnt vor Rückschritten
17.11.2025

Eine weltweite Initiative zur Eindämmung von Tabak- und Nikotinprodukten steht vor Herausforderungen: Trotz internationaler Abkommen setzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Wachstum unter EU-Durchschnitt: Deutsche Wirtschaft 2026 mit vorsichtiger Erholung
17.11.2025

Die deutsche Wirtschaft startet 2026 voraussichtlich wieder durch, bleibt aber hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Laut der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche besucht Golfstaaten: Investitionen, Erdgas und Partnerschaften im Fokus
17.11.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche reist mit einer Wirtschaftsdelegation in die Golfregion, um die bilaterale Zusammenarbeit zu...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Vize warnt: KI-Hype könnte Börsenkorrektur auslösen
17.11.2025

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos schlägt Alarm: Der aktuelle Boom rund um Künstliche Intelligenz und hoch bewertete US-Tech-Aktien...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kinderarmut in Deutschland steigt – jedes siebte Kind ist armutsgefährdet
17.11.2025

Im vergangenen Jahr waren in Deutschland 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet – das entspricht rund 15...

DWN
Politik
Politik Ein diplomatischer Sturm zwischen Japan und China. Grund: Taiwan
17.11.2025

Japans neue Premierministerin Sanae Takaichi stellt klar: Ein chinesischer Angriff auf Taiwan wäre ein direkter Angriff auf Japans...