Politik

Neue Festnahme im Epstein-Skandal: Für Prinz Andrew wird die Lage zunehmend brenzlig

Die Festnahme der ehemaligen Freundin des Sexualverbrechers Jeffrey Epstein könnte für Prinz Andrew gefährlich werden. Die Dame kennt Andrew seit Jahrzehnten und dürfte über interessante Informationen verfügen. Jetzt werden aus den USA schwere Vorwürfe gegen den Prinzen erhoben.
03.07.2020 09:42
Aktualisiert: 03.07.2020 09:42
Lesezeit: 3 min
Neue Festnahme im Epstein-Skandal: Für Prinz Andrew wird die Lage zunehmend brenzlig
Prinz Andrew (links). (Foto: dpa) Foto: Ben Stansall

Im Skandal um den wegen Sexualverbrechen verurteilten und inzwischen verstorbenen US-Unternehmer Jeffrey Epstein ist dessen frühere Partnerin wegen mutmaßlicher Beihilfe festgenommen worden. Ghislaine Maxwell werde vorgeworfen, Epstein beim Missbrauch teils minderjähriger Mädchen geholfen und manchmal sogar selbst daran teilgenommen zu haben, teilte die New Yorker Staatsanwaltschaft am Donnerstag (Ortszeit) mit.

Die 58-Jährige habe zu Epsteins «engsten Verbündeten» gehört und eine «entscheidende Rolle» bei seinen Machenschaften gespielt, sagte Staatsanwältin Audrey Strauss. Rund ein Jahr nach der Anklage Epsteins könne nun auch seine Ex-Partnerin endlich angeklagt werden. «Wir haben hart an dieser Untersuchung gearbeitet. Es ist nicht einfach, eine Anklage in einem Fall zusammenzustellen, der soweit zurück geht.» Die Behörden hätten aber in den vergangenen Monaten immer ein Auge auf Maxwell gehabt und Informationen gesammelt.

Maxwell war nach Angaben des FBI in der Stadt Bradford im nordöstlichen US-Bundesstaat New Hampshire festgenommen worden, wo sie in einem «wunderschönen Anwesen» gelebt habe, wie der stellvertretende New Yorker FBI-Chef William Sweeney sagte. Die 58-Jährige erschien am Donnerstag - wegen der Coronavirus-Pandemie per Videokonferenz - vor Richterin Andrea Johnstone in New Hampshire, die festlegte, dass Maxwell nach New York gebracht werden und dort angeklagt werden solle. Einen Termin dafür gab es zunächst noch nicht.

Maxwell hatte jedes Wissen über Epsteins Machenschaften und jede Beteiligung daran zuvor zurückgewiesen. Epstein war im vergangenen Sommer angeklagt worden, Dutzende Minderjährige missbraucht und zur Prostitution gezwungen zu haben. Kurz darauf wurde er in seiner New Yorker Gefängniszelle tot aufgefunden – er soll sich das Leben genommen haben. 2008 war er in dieser Sache schon einmal einem Bundesverfahren entgangen, indem er eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft einging. Epstein bekannte sich damals teilweise schuldig und bekam eine milde Haftstrafe. Viele Frauen, die Epstein Sexualverbrechen vorwerfen, halten Maxwell für eine Mittäterin.

Die nun vorgelegten Anklagepunkte gegen Maxwell bezögen sich auf die Jahre 1994 bis 1997, sagte die New Yorker Staatsanwältin Strauss. Der Missbrauch von Frauen und Mädchen, von denen eine nur 14 Jahre alt gewesen sein sollen, habe hauptsächlich in Epsteins Anwesen in New York, Palm Beach und Santa Fe sowie in Maxwells Wohnsitz in London stattgefunden. Maxwell, Tochter des britischen Verlegers Robert Maxwell (1923-1991), soll Geschäftspartnerin und eine Zeit lang auch Freundin von Epstein gewesen sein, welcher im Übrigen auch mit dem ehemaligen Präsidenten Bill Clinton gut befreundet war.

In der Anklageschrift heißt es, Maxwell habe versucht, sich mit jungen Mädchen und Frauen anzufreunden, und sie dann zu sexuellen Aktivitäten mit Epstein zu drängen. Bei einigen Missbrauchshandlungen sei sie selbst dabei gewesen und habe aktiv teilgenommen. «Die Anwesenheit von Maxwell als erwachsene Frau hat dazu beigetragen, die Frauen zu beruhigen», sagte Staatsanwältin Strauss. «Sie hat vorgegeben, eine Frau zu sein, der sie vertrauen können, während sie sie gleichzeitig dazu gebracht hat, von Epstein und manchmal auch von ihr selbst sexuell missbraucht zu werden.»

Für Prinz Andrew könnt es brenzlig werden

Auch der britische Prinz Andrew, der jahrelang mit Maxwell und Epstein bekannt war, soll in den Fall verwickelt sein. Die US-Amerikanerin Virginia Giuffre wirft dem Herzog von York vor, sie als Minderjährige missbraucht zu haben. Auch dabei soll Maxwell eine Rolle gespielt haben. Sie hatte die beiden Männer erst miteinander bekannt gemacht. Giuffre wirft Andrew vor, sie im Haus Maxwells im Jahr 2001 missbraucht zu haben. Ein Foto, auf dem die drei in dem Haus zu sehen sind, will der Royal nicht wiedererkennen.

Andrew kennt Maxwell seit ihrer gemeinsamen Universitätszeit in Oxford. Sie war es, die ihn mit Jeffrey Epstein bekannt gemacht hat. Zuletzt soll der Prinz die Britin im Frühjahr oder Sommer letzten Jahres getroffen haben, wie er in einem BBC-Fernsehinterview verriet, das zu einem PR-Desaster ausartete. Die beiden verband eine enge Freundschaft, auch gemeinsame Urlaube in Florida und Thailand sollen die beiden laut Medienberichten verbracht haben, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Andrew hat die Vorwürfe bislang strikt zurückgewiesen, vor der New Yorker Staatsanwaltschaft aber auch noch nicht als Zeuge ausgesagt. Das US-Justizministerium hatte Anfang Juni ein Rechtshilfeersuchen an Großbritannien gestellt, um Andrew vorgeladen und befragen zu können. Dieser ist aber offenbar nicht bereit, auszusagen. «Wir würden es weiter sehr gerne sehen, wenn er zu uns käme und mit uns sprechen würde», sagte Staatsanwältin Strauss. «Unsere Türen bleiben offen.» Andrew zeigte sich von dieser Aussage überrascht. Das Team des Herzogs von York sei «verblüfft, angesichts dessen, dass wir zwei Mal mit der US-Justiz im vergangenen Monat kommuniziert haben», hieß es aus dem Umfeld Andrews am Donnerstagabend. Bisher habe man keine Antwort erhalten.

Schwere Vorwürfe

Inzwischen steigt der Druck: US-Anwältin Gloria Allred warf dem Prinzen vor, die Opfer einem «Foltertest zu unterziehen». Er weiche der US-Justiz immer wieder aus, sagte die Opferanwältin. Sie forderte Andrew auf, endlich zu sagen, was er wisse. «Er muss das machen - ohne Verzögerung», sagte Allred am Freitag dem britischen Sender ITV.

Andrew ist der zweitälteste Sohn von Königin Elizabeth II. (94) und gab im Zuge des Skandals seine royalen Pflichten vorerst auf. Auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan forderte ihn jetzt in einem Interview des Senders LBC dazu auf, mit den US-Behörden zu kooperieren. Premier Boris Johnson wollte sich öffentlich nicht konkret dazu äußern. Es sei eine Sache des Königshauses, hieß es.

Prinz Andrew war mehrfach Übernachtungsgast bei Epstein in dessen Anwesen in den USA und der Karibik. Von den Machenschaften seines Freundes will er nichts mitbekommen haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Recruiting Trends: Zeugnisse verlieren bei der Jobsuche an Bedeutung
05.11.2025

Immer mehr Firmen rücken bei der Personalsuche von klassischen Lebensläufen und Abschlüssen ab: Laut einer Stepstone-Befragung wollen 77...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht auf tiefsten Stand seit Juni: Anleger leiden unter Risikoaversion
04.11.2025

Der Bitcoin-Kurs steht unter massivem Druck. Milliardenverluste, Panikverkäufe und makroökonomische Unsicherheiten erschüttern den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Studie: Betriebsrat wirkt sich positiv auf die Produktivität aus
04.11.2025

Wie stark kann ein Betriebsrat die Produktivität von Unternehmen wirklich beeinflussen? Eine aktuelle Ifo-Studie liefert überraschende...

DWN
Panorama
Panorama Triage-Regel gekippt: Was die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet
04.11.2025

Das Bundesverfassungsgericht hat die umstrittene Triage-Regel gekippt – ein Urteil mit weitreichenden Folgen für Medizin und Politik....

DWN
Politik
Politik Reformen in Europa: Wie der schleppende Fortschritt den Wettbewerb gefährdet
04.11.2025

Europa steht vor wachsenden wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen. Kann die Union unter diesen Bedingungen den Rückstand...

DWN
Finanzen
Finanzen BYD-Aktie unter Druck: Chinas Autobauer mit größtem Umsatzrückgang seit Jahren
04.11.2025

BYD steht unter Druck: Der einstige Überflieger der E-Auto-Branche erlebt den größten Gewinnrückgang seit Jahren. Anleger sind...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stahlproduktion: Studie der Hans-Böckler-Stiftung warnt vor Milliardenverlusten durch Stahlauslagerung
04.11.2025

Die mögliche Stahlauslagerung deutscher Produktionskapazitäten sorgt für Aufsehen. Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung warnt...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: So schützen sich Anleger vor einem möglichen KI-Crash an den Finanzmärkten
04.11.2025

Die US-Finanzmärkte sind in Bewegung. Technologiewerte und Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz sorgen für Begeisterung und...